Arbeitspsychologe untersuchte Weihnachtsfeiern in Unternehmen
09.11.2023 Schlecht gelaunte oder lobhudelnde Vorgesetzte, Mitarbeiter:innen, die zu viel Alkohol trinken und sich daneben benehmen, eine steife Atmosphäre, erzwungene Besinnlichkeit oder eine Feier in einem „Wirtshaus im Nirgendwo“ – es gibt viele Faktoren, die die alljährliche Weihnachtsfeier im Betrieb zum Desaster werden lassen. Dabei gibt es einige grundlegende Regeln, durch die der Jahresausklang mit Kolleg:innen zum unvergesslichen Freu-Event wird. Welche das sind und welche Bedeutung die Weihnachtsfeier mit dem Team hat, dazu hat Arbeitspsychologe Prof. Dr. Hannes Zacher von der Universität Leipzig geforscht und seine Erkenntnisse im Journal „Scientific Reports“ veröffentlicht.
„Die Weihnachtsfeier als Ritual ist der Spiegel der Organisationskultur und soll etwas Wertschätzendes für das vergangene Jahr sein“, sagt er. Genau diese Rituale seien bislang von der Fachwelt kaum wissenschaftlich untersucht worden. Deshalb hat Zacher bereits im Januar 2019 deutschlandweit insgesamt 359 Mitarbeitende verschiedener Alters- und Gehaltsgruppen aus ganz unterschiedlichen Branchen danach gefragt, was zu einer gelungenen betrieblichen Weihnachtsfeier beiträgt und was der Stimmung abträglich ist. Die Ergebnisse, so sagt er, seien „aktueller denn je“. Zacher hat in der Befragung einige „Zufriedenheitsmacher“ identifiziert, die zum Gelingen der Betriebsweihnachtsfeier beitragen: So sollte die Feier eine positive, auf menschliche Beziehungen ausgerichtete Unternehmenskultur widerspiegeln, an einem externen Ort und nicht im Büro sowie in informeller und keiner steifen Atmosphäre stattfinden, lustige Aktivitäten wie Spiele oder Karaoke und eine Symbolik vorsehen, die die Feier mit den Werten des Unternehmens verbindet. Nichtalkoholische Getränke sollte es ebenso geben wie alkoholische. Letztere dürften allerdings nur in Maßen genossen werden, denn ein zu starker Alkoholkonsum ist ebenso wie Sex mit Kolleg:innen bei der Jahresendfeier im Team ein absolutes No-Go.
„Die Feier sollte ein Lichtblick zum Jahresende sein, eine schöne Tradition“, betont er. Dabei komme es nicht darauf an, übermäßig viel Geld dafür in die Hand zu nehmen. Es sei aber immer gut, wenn die Mitarbeitenden ihre Feier nicht selbst finanzieren müssen, sondern diese von ihrer Organisation spendiert bekommen. Vielmehr seien Kreativität und Authentizität gefragt. Wie das im konkreten Fall aussieht, kommt ganz aufs Team an, das bei der Organisation der Feier unbedingt mit einbezogen werden sollte. Das können neben einem Besuch im Escape-Room auch das Aufstellen einer Fotobox sein, die oft die Stimmung auflockert, oder eine Überraschung für die Kolleg:innen wie das Wichteln von kleinen Geschenken sein. Die Präsente sollten idealerweise einen Bezug zum Arbeitsalltag haben. Einige von Zachers Kolleg:innen waren auf der Weihnachtsfeier seines Instituts im vergangenen Jahr beim Powerpoint-Karaoke dran, bei der sie spontan Powerpoint-Vorträge zu ihnen völlig unbekannten Themen gehalten haben.
Vielen der Befragten war es wichtig, sich im Kolleg:innenkreis ungezwungen zu unterhalten – über die Arbeit und Privates, gut zu essen und zu trinken und die Hierarchien zumindest an dem Abend mal außen vor zu lassen. Dabei spielten Alter und Geschlecht ebenso wenig eine Rolle wie die Stellung innerhalb der Organisation. Auch die Größe der Feier fiel nicht ins Gewicht, so Zacher. Für die Vorgesetzten hat der Arbeitspsychologe nach Auswertung seiner Befragung den Tipp, ihre Rede kurz und kurzweilig zu gestalten, sich über das gesamte Team wertschätzend zu äußern und niemanden explizit hervorzuheben. Die Organisator:innen der Feier sollten vor dem Jahresend-Event alle ihre Kolleg:innen nach ihren Vorstellungen und Wünschen befragen und danach auch ein Feedback von ihnen einholen, damit die Weihnachtsfeier im kommenden Jahr noch besser werden kann.
Wie fast überall, gibt es auch beim Weihnachtsfeiern mit Kolleg:innen Trends, die meist aus den USA zu uns herüber schwappen. So entscheiden sich viele Unternehmen auch hierzulande öfter, ihre Weihnachtsfeier vom terminlich überfrachteten Dezember in den Januar zu verlegen und als Neujahrsempfang zu zelebrieren. „Das weihnachtliche Ambiente ist nicht unbedingt notwendig. Es kommt darauf an, dass man in einem informellen Rahmen zusammenkommt und nicht nur über die Arbeit spricht. Das erhält den sozialen Kitt“, sagt Prof. Zacher. Wichtig sei es, zum Feiern aus der dienstlichen Umgebung heraus zu kommen und vielleicht mal etwas Neues mit Eventcharakter auszuprobieren, etwa gemeinsam Schokolade herzustellen.
In einer seiner nächsten Studien möchte sich der Forscher mit weiteren bislang wenig untersuchten Aspekten des Arbeitslebens beschäftigen und unter anderem Betriebsausflüge sowie den Umgang mit Geburtstagen oder Hochzeiten von Teammitgliedern genauer ansehen. „Sie sind Ausdruck des Miteinanders im Team“, betont Zacher.
Originaltitel der Veröffentlichung in „Scientific Reports“: „The company Christmas party and employee happiness“, doi.org/10.1038/s41598-023-27473-y
Quellenangabe: Pressemitteilung Universität Leipzig