Luftverschmutzung beeinträchtigt psychische Gesundheit

Schlechte Luftqualität wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die psychische Gesundheit aus

Luftverschmutzung beeinträchtigt psychische Gesundheit

07.07.2023 Schlechte Luftqualität bzw. die Luftverschmutzung wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die psychische Gesundheit aus, so das Ergebnis einer neuen im British Journal of Psychiatry veröffentlichten Untersuchung.

Unter der Leitung von Prof. Kam Bhui vom Fachbereich Psychiatrie der Universität Oxford analysierten die Forscher des BioAirNet-Programms vorhandene Studien, die sich mit den Auswirkungen der Luftverschmutzung in Innenräumen und im Freien über den gesamten Lebensverlauf hinweg befassten, von Schwangerschaft und Geburt bis zum Jugend- und Erwachsenenalter.

Sie fanden Hinweise darauf, dass die Belastung durch Luftschadstoffe zu Depressionen, Angstzuständen, Psychosen und möglicherweise sogar zu neurokognitiven Störungen wie Demenz führen kann. Es gab auch Hinweise darauf, dass Kinder und Jugendliche in kritischen Phasen ihrer geistigen Entwicklung der Luftverschmutzung ausgesetzt sein könnten, so dass für sie das Risiko schwerster Auswirkungen und erheblicher künftiger psychischer Probleme besteht.

Zu den weiteren Risikofaktoren gehörten schlechte Wohnverhältnisse, Überbevölkerung, Armut, ein Mangel an Grünflächen sowie individuelle soziale und psychologische Anfälligkeiten, wie z. B. fehlender Zugang zu Unterstützung, Betreuungspersonen oder sicheren Räumen.

Mehr Forschung zu den Zusammenhängen und Mechanismen

Bhui sagte: Luftverschmutzung und psychische Gesundheit sind beides große Herausforderungen, mit denen die Welt jetzt und in den kommenden Jahren zu kämpfen hat. Das mache diesen Forschungsbereich zu einer wichtigen Priorität für die öffentliche Gesundheit.

„Unsere Untersuchung zeigt, dass es immer mehr Belege für Zusammenhänge zwischen schlechter Luftqualität und schlechter psychischer Gesundheit sowie für Zusammenhänge mit bestimmten psychischen Störungen gibt.

„Insbesondere wurden verschmutzende Luftpartikel, einschließlich Bioaerosole, damit in Verbindung gebracht. Feinstaub ist Teil eines komplexen Bündels von Umweltrisikofaktoren, zu denen Geografie, Benachteiligung, Biologie und individuelle Anfälligkeiten gehören.

„Wir brauchen mehr Forschung, um diese Vernetzungen von Ursachen zu verstehen und eine Reihe anderer kritischer Wissenslücken zu untersuchen, etwa die Mechanismen, durch die Partikel und Bioaerosole Gesundheitsstörungen verursachen und verschlimmern können. Die Luftqualität in Innenräumen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch wenig erforscht, ebenso wenig wie Bioaerosole im Einzelnen.“

„Wir brauchen bessere Methoden, um die Belastung durch Luftverschmutzung zu messen und zu klären, wie der Klimawandel die Luftverschmutzung beeinflusst. Wir fordern auch mehr Längsschnittstudien, um die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung zu untersuchen.

Schlechte Luftqualität wird bereits mit einer schlechteren körperlichen Gesundheit und der Entstehung von Krankheiten, einschließlich einiger Krebsarten, in Verbindung gebracht, aber bisher wurde der Frage, wie sich Luftschadstoffe auch auf die psychische Gesundheit auswirken können, wenig Aufmerksamkeit geschenkt, schließen die Wissenschaftler.

© Psylex.de – Quellenangabe: BJPsych Open, 9(4), E120. doi:10.1192/bjo.2023.507

News aus der Forschung zu den psychologischen Auswirkungen der Luftverschmutzung

Zusammenhang zwischen Feinstaub- und psychischer Belastung

03.11.2017 Über den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Störungen des menschlichen Atmungssystems dürfte kaum gestritten werden: Untersuchungen zeigen, dass verschmutzte Luft die Atmung beeinträchtigen und verschiedene Lungenkrankheiten verschlimmern kann.

Auch andere potenzielle Auswirkungen werden untersucht, da Wissenschaftler Verbindungen zwischen toxischer Luft und Fettleibigkeit, Diabetes und Demenz feststellen konnten.

Nun zeigt eine neue in Health & Place veröffentlichte Studie eine Verbindung zwischen der Verschmutzung der Luft mit Feinstaub und Distress (psychologische Belastung):

Je höher der Partikelgehalt in der Luft, so die Studie der Universität Washington, desto größer sind die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit.

Die Studie suchte nach einem direkten Zusammenhang zwischen toxischer Luftverschmutzung und der psychischen Gesundheit und stützte sich dabei auf rund 6.000 Befragte aus einer größeren nationalen Längsschnittstudie. Die Forscherinnen und Forscher führten die Daten aus Datenbanken zur Luftverschmutzung und Aufzeichnungen der in ähnlichen Umgebungen wohnenden Befragten zusammen.

Feinstaubpartikel

Das Team konzentrierte sich dabei auf Messungen von Feinstaubpartikeln – Substanzen, die von Automotoren, Kaminen und Holzöfen produziert werden, sowie von Kraftwerken, die mit Kohle oder Erdgas betrieben werden.

Feinstaub (Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern) wird leicht eingeatmet, kann in den Blutkreislauf aufgenommen werden und gilt als risikoreicher als größere Partikel. Um sich vor Augen zu führen, wie klein Feinstaub ist: Das durchschnittliche menschliche Haar hat einen Durchmesser von 70 Mikrometern.

Der aktuelle Sicherheitsstandard für Feinstaub liegt nach Angaben der U. S. Environmental Protection Agency bei 12 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Zwischen 1999 und 2011, dem in der UW-Studie untersuchten Zeitrahmen, lebten die Befragten in Nachbarschaften, in denen Feinstaub von 2,16 bis 24,23 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen wurde, mit einem Durchschnittswert von 11,34.

Psychologischer Distress u. Feinstaubbelastung

Die für die UW-Studie relevanten Fragen untersuchten Traurigkeit, Nervosität, Hoffnungslosigkeit und ähnliche Gefühle bzw. Emotionen und bewerteten diese auf einer Skala, um den psychologischen Distress zu bewerten.

Die Studie ergab, dass das Risiko psychologischer Belastung zusammen mit dem Feinstaubgehalt der Luft zunahm.

So waren beispielsweise in Gebieten mit hoher Umweltbelastung (21 Mikrogramm pro Kubikmeter) die psychologischen Belastungswerte um 17 Prozent höher als in Gebieten mit geringer Umweltbelastung (5 Mikrogramm pro Kubikmeter).

Die Forscher kontrollierten andere physische, verhaltensbedingte und sozioökonomische Faktoren, die die psychische Gesundheit beeinflussen können, wie chronische Krankheiten, Arbeitslosigkeit und übermäßigen Alkoholkonsum – trotzdem blieben die Befunde signifikant.

Rasse und Geschlecht

Wurden die Daten nach Rasse und Geschlecht aufgeschlüsselt, zeigten dunkelhäutige Männer und weiße Frauen den deutlichsten Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und psychischen Belastungen: So war die psychologische Belastung bei dunkelhäutigen Männern um 34 Prozent höher als bei weißen Männern und um 55 Prozent höher als bei Latino-Männern.

Ein auffälliger Trend (Anstieg der psychischen Belastung um 39%) konnte ebenfalls bei weißen Frauen festgestellt werden.

Warum Luftverschmutzung die psychische Gesundheit, insbesondere bei bestimmten Bevölkerungsgruppen, beeinflusst, übersteigt den Rahmen der Studie, sagte Studienautorin Victoria Sass. Dies sollte in weiteren Studien untersucht werden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Washington; Health & Place – DOI: 10.1016/j.healthplace.2017.09.006; Nov. 2017

Studien verbinden Luftverschmutzung mit der Gesundheit der Psyche von Kindern

25.09.2019 Drei neue Studien von Wissenschaftlern des Cincinnati Children’s Hospital Medical Center in Zusammenarbeit mit Forschern der University of Cincinnati zeigen den Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und der Gesundheit der Psyche von Kindern.

Angst und Suizidalität

Eine in Environmental Health Perspectives veröffentlichte Forschungsarbeit von Cole Brokamp und Kollegen ergab, dass eine kurzfristige Belastung durch Luftverschmutzung mit einer Verschlimmerung psychiatrischer Erkrankungen bei Kindern ein bis zwei Tage später verbunden war. Dies konnte durch eine verstärkte Inanspruchnahme der Notfallstation für psychiatrische Probleme der Kinderklinik gezeigt werden.

Auch zeigten sich in benachteiligten Stadtteilen lebende Kinder anfälliger für die Auswirkungen der Luftverschmutzung als andere Heranwachsende, insbesondere für Störungen der psychischen Gesundheit im Zusammenhang mit Angst und Suizidalität.

Zwei weitere in Environmental Research veröffentlichte Cincinnati Children’s Studien bringen Luftverschmutzung mit der psychischen Gesundheit von Kindern in Verbindung:

Generalisierte Angststörung

Eine Studie fand einen Zusammenhang zwischen der jüngsten TRAP-Exposition (High Traffic Related Air Pollution) und einer größeren Wahrscheinlichkeit für generalisierte Angststörung. Die Forschungsarbeit zeigt höhere Myoinositol-Konzentrationen im Gehirn – ein Marker für die neuroinflammatorische Reaktion des Gehirns auf TRAP.

Depressivität und Angstsymptome

Eine weitere Studie ergab, dass die Exposition gegenüber TRAP im frühen Leben und während der Kindheit signifikant mit selbstberichteter Depressivität und Angstsymptomen bei Zwölfjährigen verbunden war.

Ähnliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit wurden von Erwachsenen berichtet, aber psychologische Forschung, die klare Zusammenhänge zwischen TRAP-Exposition und der psychischen Gesundheit bei Kindern zeigt, war bislang begrenzt.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Environmental Health Perspectives – https://doi.org/10.1289/EHP4815

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