Gestik, Gestikulieren (Psychologie)
Allgemeine Psychologie
Psychologische Gestikforschung; Gesten sind Körperbewegungen, die der interpersonellen Kommunikation dienen. Sie begleiten oder ersetzen Mitteilungen der verbalen Kommunikation.
Gestikulieren fördert das kreative Denken bei Kindern
16.12.2016 Werden Kinder ermutigt zu gestikulieren, hilft ihnen das beim Denken und sie haben mehr kreative Ideen laut einer in Psychological Science veröffentlichten Studie.
Hilfe bei Problemlösung
Frühere Forschungsarbeiten haben bereits zeigen können, dass Gestikulieren beim Problemlösen helfen kann. In der aktuellen Studie stellten Elizabeth Kirk vom Fachbereich für Psychologie an der University of York und Kollegin Carine Lewis von der Universität Hertfordshire die Hypothese auf, dass uns das Gestikulieren auch bei der Entwicklung kreativer Gedanken bzw. Ideen helfen kann.
Zwei Experimente
Bild: George Hodan
Im ersten Experiment verglichen die Psychologinnen die Kreativität von Kindern, die spontan gestikulierten mit der von Kindern, die entweder nicht gestikulierten oder daran gehindert wurden.
Insgesamt 78 Kinder im Alter zwischen 9 und 11 Jahren sollten erzählen, was sie aus einer Reihe von abgebildeten Haushaltsgegenständen alles machen könnten. Eine Teilgruppe machte das Experiment ein zweites Mal – diesmal mit Boxhandschuhen, die sie beim Gestikulieren behinderten.
Die Forscherinnen beobachteten, dass die Kinder spontan gestikulierten, und dass diejenigen, die mehr Gesten zeigten auch mehr kreative Ideen hatten.
Die Fausthandschuhe beeinträchtigten aber nicht die Kreativität. Mit oder ohne Handschuhe wurden gleichviele Ideen produziert. Die Psychologinnen vermuten den Grund darin, dass die Kinder viele andere Ideen-generierende Strategien besäßen, die sie einsetzten, wenn ihre Hände eingeschränkt waren.
Die Rede begleitende Gebärde fördert Kreativität
In einem zweiten Experiment sollten 54 Kinder im Alter zwischen 8 und 11 Jahren dieselbe Aufgabe machen, wobei sie einmal unbeeinflusst (ohne Aufforderung) gestikulieren durften und ein anderes Mal wurden sie aufgefordert ihre Hände zu benutzen, um zu zeigen, auf welche verschiedenen Weisen das Kind das Objekt benutzen kann.
Die Ermutigung zum Gestikulieren funktionierte: Die Kinder zeigten normalerweise 13 Gesten durchschnittlich bei einer Aufgabe, während die speziell dazu aufgeforderten Kinder im Schnitt etwa 53 Gesten zeigten.
Und die Aufforderung zum Gestikulieren erhöhte die Kreativität: Kinder, die zur Gestenbildung ermuntert wurden, erdachten eine größere Anzahl neuartiger Nutzungsmöglichkeiten für die Alltagsgegenstände als Kinder, die nicht dazu aufgefordert wurden.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of York, Psychological Science – journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/0956797616679183; Dez. 2016
Die Gestik steht steht im Zusammenhang mit dem Stil des Geschichtenerzählens, nicht mit der Nationalität
27.03.2019 Es gibt viele psychologische Stereotypen über Gesten zwischen den Kulturen – die Vorstellung, dass Italiener zum Beispiel eher mit den Händen reden.
Aber eine in Language and Cognition publizierte Studie legt nahe, dass die Häufigkeit des Gestikulierens beim Erzählen einer Geschichte eher damit zu tun hat, was man sagt, als mit dem, aus welchem Land man kommt.
Frühere Untersuchungen zeigten, dass etwa englischsprachige Personen es vorziehen, Geschichten in chronologischer Reihenfolge zu erzählen. In anderen Kulturen, wie beispielsweise China, ist es üblicher, sich auf die Moral oder den Sinn einer Geschichte zu konzentrieren.
Häufigkeit des Gestikulierens
Die Studie von Elena Nicoladis vom Fachbereich Psychologie der Universität Alberta umfasste Muttersprachler von Französisch, Spanisch, Mandarin und Hindi, die Englisch als Zweitsprache sprachen. Die Teilnehmer sollten sich einen Cartoon ansehen und die Geschichte dann den Forschern erzählen.
Diese erfassten zunächst, wie oft jede Person gestikulierte. Die Ergebnisse zeigten, dass französisch- und spanischsprachige Personen viel gestikulierten, wenn sie die Geschichte erzählten, während die hindi- und mandarinsprachigen Personen dies nicht taten.
Stil des Geschichtenerzählens
Als nächstes betrachteten sie den Stil des Geschichtenerzählens, den jeder Teilnehmer anwandte.
Tatsächlich erzählten die französisch- und spanischsprachigen die Geschichte in chronologischer Reihenfolge – anschauliche Ereignisse, die mit Gesten illustriert wurden, erklärte Nicoladis. Die Hindi- und Mandarin-Sprecher konzentrierten sich viel mehr darauf, warum die Ereignisse in der Geschichte passierten.
Vielleicht, schreiben die Psychologen, ist es nicht so sehr so, dass es interkulturelle Unterschiede bei der Häufigkeit der Gesten gibt. Stattdessen hängt die Sprechweise davon ab, wie oft sie gestikulieren.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Language and Cognition – DOI: 10.1017/langcog.2018.25
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