Wenn Kinder lügen (Psychologie)

Lügen belogene Kinder eher?

Die meisten Menschen lügen hin und wieder. Und Eltern belügen ihre Kinder. Aber welche Konsequenzen hat das? Lügen Kinder, die zuvor belogen wurden, eher?

Das Experiment

Die Frage wurde überraschenderweise noch nicht experimentell überprüft. Chelsea Hays vom Fachbereich Psychologie der University of California experimentierte mit 186 Kindern im Alter von 3 bis 7.

Die Hälfte der Kinder wurden vom Experimentator belogen. Er erzählte ihnen, dass sich im Nebenraum eine riesige Schüssel mit Bonbons befände, beichtete dann aber schnell, dies wäre nur eine List gewesen, um die Kinder zum Spielen in den Raum zu locken. Die andere Hälfte wurde einfach zum Spielen in den Nebenraum eingeladen.

In diesem Spiel ging es darum, Spielsachen zu identifizieren, die die Kinder nicht sehen, aber hören konnten. Ein Spielzeug war besonders schwer anhand seines Geräuschs zu identifizieren. Während das Geräusch erklang, wurde der Experimentator aus dem Zimmer gerufen. Der Testleiter verließ für 90 Sekunden den Raum, sagte vorher dem Kind aber noch, dass es nicht nachgucken darf, was sich hinter dem Geräusch verbirgt. Die Szene wurde mit einer Kamera aufgenommen.

Die Befunde

Und tatsächlich: Die fünf-, sechs- und siebenjährigen Kinder, die belogen worden waren, logen den Experimentator nach dessen Rückkehr eher an, als er sie fragte, ob sie nachgesehen hätten. Und sie ’schummelten‘ auch mit größerer Wahrscheinlichkeit.

Etwa 60 Prozent der Kinder, die nicht belogen worden waren, schauten sich an, was sich hinter dem Geräusch verbarg und etwa 60 Prozent dieser ‚Schummler‘ logen später dann auch. Aber von den belogenen Kindern ‚betrogen‘ etwa 80 Prozent, und von diesen logen dann später fast 90%.

Erzählen von Lügen

Eine frühere Forschungsstudie hat dokumentiert, dass die Mehrheit der Eltern zugibt, ihre Kinder zu belügen, selbst wenn sie sagen, dass Aufrichtigkeit ein wichtiger Wert sei.

Dieses Verhalten legt nahe, schreiben die Forscher, dass die Eltern nicht glauben, die den Kindern erzählten Lügen könnten eine Auswirkung auf die Aufrichtigkeit der Kinder haben. Die aktuelle Studie dürfte Zweifel an der Annahme der Eltern wecken.

Die Studie hat Auswirkungen nicht nur auf Eltern, sondern auf alle Erziehungsszenarien und auf forensische Situationen, sagte Carver:

„Alle Erwachsenen sollten überlegen/ überprüfen, was sie Kindern sagen. Selbst eine ‚kleine Notlüge‘ kann Konsequenzen haben.“

© PSYLEX.de – Quelle: University of California, März 2014

Kinder fürs Lügen zu bestrafen, funktioniert einfach nicht

09.12.2014 Kinder sagen eher die Wahrheit, wenn sie einem Erwachsenen gefallen wollen, oder weil sie glauben, es sei das richtige Handeln; und sie lügen eher, wenn sie Strafen befürchten müssen.

Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind die Wahrheit sagt, sollten Sie ihm nicht drohen oder es bestrafen, wenn es lügt. Das haben Forscher in einem Experiment mit 372 Kindern im Alter zwischen vier und acht herausgefunden.

Das Experiment

Lüge oder Wahrheit
Bild: Gerd Altmann (pixabay)

Die Forscher von der McGill Universität in den USA ließen jedes Kind für eine Minute in einem Zimmer allein. Auf einem Tisch hinter ihnen stand ein Spielzeug. Den Kindern wurde gesagt, sie sollten sich nicht umdrehen, um zu gucken.

Eine verborgene Videokamera filmte den Raum, nachdem die Versuchsleiter das Zimmer verlassen hatten.

Die Befragung

Als die Forscher zurückkehrten, stellten sie dem Kind eine einfache Frage: „Als ich weg war, hast Du Dich umgedreht und das Spielzeug angeguckt?“

Es wurde dann ein externer Appell, die Wahrheit zu sagen, an das Kind gerichtet; also dass der Experimentator froh wäre, wenn das Kind die Wahrheit sagt; oder ein interner: dem Kind wurde gesagt, dass es mit sich selbst zufrieden sein würde, wenn es die Wahrheit sagt.

Was die Forscher entdeckten war:

  • 67,5% (251 von 372) der Kinder drehten sich nach dem Spielzeug um. Je älter die Kinder waren, desto wahrscheinlicher drehten sie sich nicht um.
  • 66,5% der Kinder logen (167 von den 251) und je älter die Kinder waren, desto wahrscheinlicher logen sie und blieben bei ihren Lügen (bei Nachfragen).

Doch interessanter war:

  • Insgesamt logen die Kinder unter den Externen-Appell-Bedingungen weniger, als wenn kein Appell an sie gerichtet wurde.
  • Kinder sagten mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht die Wahrheit, wenn sie befürchteten, bestraft zu werden. Sie sagten eher die Wahrheit, wenn sie dem Erwachsenen einen Gefallen tun wollten, oder weil sie es für das Richtige hielten und es ihnen ein gutes Gefühl gab.
  • Die Forscher stellten fest, dass, während kleinere Kinder eher die Wahrheit sagten, um den Erwachsenen einen Gefallen zu tun, die älteren Kinder besser die Verhaltensstandards verinnerlicht hatten. Diese ließen sie die Wahrheit sagen, weil es das Richtige sei.

Bestrafung fördert nicht die Aufrichtigkeit, sagte die leitende Forscherin Victoria Talwar.

„Tatsächlich kann die Androhung von Strafe die gegensätzliche Wirkung erzielen. Dies ist eine wichtige Information für alle Eltern von kleinen Kindern und für Berufstätige wie Lehrer, die mit ihnen arbeiten und kleine Kinder ermutigen wollen, ehrlich zu sein.“

© PSYLEX.de – Quellen: Journal of Experimental Child Psychology, McGill Universität; Dezember 2014

Von ihren Eltern belogene Kinder lügen häufiger im Erwachsenenleben

02.10.2019 „Wenn du dich nicht benimmst, werde ich die Polizei rufen“, ist eine Lüge, mit der Eltern ihre kleinen Kinder dazu bringen könnten, sich zu benehmen.

Die Lügen der Eltern führen kurzfristig zu einem ‚braveren‘ Verhalten bei den Kindern, aber eine neue psychologische Studie unter der Leitung von Peipei Setoh von der Nanyang Technological University, Singapur (NTU Singapore) deutet darauf hin, dass dies mit negativen Auswirkungen beim Nachwuchs im Erwachsenenalter verbunden ist.

Die Wissenschaftler befragten 379 junge Erwachsene, ob ihre Eltern sie als Kinder belogen hatten, wie sehr sie ihre Eltern jetzt belügen und wie gut sie mit den Herausforderungen im Erwachsenenalter klarkommen.

Befragte, die angaben, als Kind belogen worden zu sein, berichteten eher darüber, dass sie ihre Eltern im Erwachsenenalter belogen hatten. Sie sagten auch, dass sie bei der Bewältigung psychologischer und sozialer Herausforderungen größere Probleme hatten. Anpassungsschwierigkeiten umfassten disruptives Verhalten, Verhaltensprobleme, Schuld- und Schamgefühle sowie ein egoistischer und manipulativer Charakter.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Experimental Child Psychology (2019). DOI: 10.1016/j.jecp.2019.104680

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