- Toleranz von lügenden Politikern
- Lügen und Täuschungen können perfektioniert werden
- Die Augen verraten nicht, ob man lügt
Toleranz gegenüber lügenden Politikern
Warum kommen Politiker mit leichten und manchmal sogar mit unverschämten Lügen davon?
03.08.2017 Eine neue psychologische Studie von Forschern der Universität Illinois (Chicago) legt nahe, dass Menschen eine größere Nachsicht gegenüber Lügen von Politikern zeigen, wenn diese einem gemeinsamen Ziel dienen – eine bestimmte politische bzw. ihre eigene moralische Haltung stützen.
Erklärung für korruptes Handeln der Politiker
Diese Lügen scheinen von den Anhängern als akzeptable und vielleicht notwendige Mittel wahrgenommen zu werden, um ein höheres moralisches Ziel zu erreichen, sagte Studienautorin Allison Mueller vom Fachbereich Psychologie.
Bild: OpenClipart-Vectors (pixabay)
Eine beunruhigende und aktuelle Konsequenz dieser Erkenntnisse ist, dass politische Persönlichkeiten korrupt handeln können, ohne ihr Image zu beschädigen, zumindest in den Augen ihrer Anhänger, sagte sie.
Mueller und Linda Skitka, UIC Professorin für Psychologie, untersuchten die Antworten auf eine Umfrage von 2014, in der die Teilnehmer einen politischen Monolog über die Bundesfinanzierung für Planned Parenthood (amerikanische Non-Profit-Organisation, die medizinische Dienste, vor allem in den Bereichen Sexualmedizin, Gynäkologie und Familienplanung anbietet) lasen, von der sie glaubten, dass sie zuvor über den öffentlichen Rundfunk ausgestrahlt wurde.
Die Befragten wurden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Feedback-Bedingungen zugewiesen, in denen sie nach dem Lesen des Monologs darüber informiert wurden, dass die Abhandlung entweder wahr oder falsch war.
Sie sollten dann sagen, inwieweit sie glaubten, dass die Rede des Politikers gerechtfertigt war. Dann gaben sie Auskunft über ihre Haltung zur Bundesfinanzierung solcher Dienste zur Reproduktion und ihre moralische Ansicht zu diesem Thema.
Gemeinsames moralisches Ziel
Obwohl Ehrlichkeit von allen Befragten positiv bewertet wurde, stellten die Forscher fest, dass Lügen, die einem gemeinsamen moralischen Ziel dienten, eher akzeptiert wurden.
Die Befürwortung zur Unterstützung der gegensätzlichen Ansicht oder nicht gewünschte Ziele wurden eher verurteilt, unabhängig davon, ob die Aussage wahr oder falsch war.
Skitka sagte im Fachblatt Social Psychological and Personality Science, dass die Erkenntnisse das Wissen über das moralische Mandat auf zwei Arten erweitern.
Die moralische Überzeugung für eine Sache – nicht die Fairness – kann die Wahrnehmung der Menschen von Personen beeinflussen, deren Verhalten moralische Normen verletzt, sagte sie.
Die Befunde deuten auch darauf hin, dass, obwohl es den Menschen nicht grade angenehm ist, verabscheuungswürdige Verbrechen anderer zu entschuldigen, die einem gemeinsamen moralischen Ziel dienen, sind sie vergleichsweise tolerant gegenüber Normverletzungen wie den Lügen ‚ihrer‘ Politiker, wenn sie dem (eigenen) moralischen Mandat dienen.
Mit anderen Worten: Es ist OK, wenn der Politiker lügt, der meine Interessen vertritt, aber nicht, wenn der Politiker der Gegenpartei lügt, oder wenn die Lüge nicht in meinem Interesse ist.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Illinois (Chicago); Social Psychological and Personality Science – DOI: https://doi.org/10.1177/1948550617720272; Aug. 2017
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