Schulunterricht im Freien

Schulunterricht im Freien, in der Natur, draußen

Entwicklungspsychologie – Schulpsychologie

Schüler engagierter und aufmerksamer nach dem Unterricht draußen

15.01.2018 Neun bis zehnjährige Kinder sind deutlich aufmerksamer und engagierter nach einer Freiluftstunde in der Natur laut einer aktuellen psychologischen Studie in der Zeitschrift Frontiers in Psychology.

Natureffekt

Auffallend ist, dass dieser „Natureffekt“ es den Lehrern ermöglichte, während eines anschließenden Indoor-Unterrichts fast doppelt so lange ununterbrochen zu unterrichten.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unterricht im Freien eine kostengünstige und einfache Möglichkeit ist, das Engagement der Schüler zu verbessern – ein wichtiger Faktor für die Schulleistung schreiben die Wissenschaftler der Universität Illinois at Urbana-Champaign.

Positive Auswirkungen der Natur

Die natürliche Umgebung im Freien kann eine Reihe von positiven Auswirkungen auf den Menschen haben. Menschen, die sich in Parks oder Wäldern aufhalten und Bäume oder Wildtiere sehen, erfahren wichtige Vorzüge wie körperliche Aktivität, Stressabbau, verbesserte Aufmerksamkeit und gesteigerte Motivation.

Bei Kindern haben Studien gezeigt, dass selbst ein Blick auf grüne Umgebungen durch ein Klassenzimmerfenster positive Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit der Schüler haben kann.

Überreizung durch Outdoor-Unterricht?

Viele Lehrerinnen und Lehrer zögern jedoch, eine Unterrichtsstunde im Freien abzuhalten, da sie befürchten, dass sie die Kinder überreizen könnten, was es ihnen schwer machen würde, sich wieder auf ihre Schulaufgaben im Klassenzimmer zu konzentrieren.

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Bild: Gerd Altmann

Studienautorin Ming Kuo und ihre Kollegen machten sich daran, dies zu untersuchen, und stellten die Hypothese auf, dass eine Schulstunde in der Natur zu einem verstärkten Engagement im Klassenzimmer führen würde, wenn die Unterrichtsstunden im Klassenraum unmittelbar danach stattfinden würden.

Die Forscher testeten ihre Annahme bei Drittklässlern (9-10 Jahre alt) in einer Schule im Mittleren Westen der USA. Über einen Zeitraum von 10 Wochen hielt eine erfahrene Lehrerin eine Unterrichtsstunde pro Woche im Freien und eine ähnliche Unterrichtsstunde in ihrem regulären Klassenzimmer ab, und eine andere, skeptischere Lehrerin tat dasselbe.

Ihr „Klassenzimmer“ im Freien war ein grasbewachsener Platz direkt vor der Schule, mit Blick auf eine bewaldete Fläche.

Nach jeder Outdoor- oder Indoor-Stunde maßen die Forscher, wie engagiert die Schülerinnen und Schüler waren. Sie zählten wie oft der Lehrer während der Beobachtungsphase benötigte, um die Aufmerksamkeit der abgelenkten Schüler wieder auf ihre Schularbeiten zu lenken, indem er Phrasen wie „Hinsetzen“ und „Du sollst arbeiten“ verwendete.

Das Forschungsteam beauftragte auch einen externen Beobachter, sich Fotos anzusehen, die während des Beobachtungszeitraums von der Klasse aufgenommen wurden, und um das Niveau des Klassenengagements zu bewerten, ohne zu wissen, ob die Fotos nach einer Lehrstunde im Freien oder drinnen aufgenommen wurden. Die Lehrerinnen und Lehrer bewerteten ebenfalls das Klassenengagement.

Verstärkte Beteiligung am Unterricht

Die Ergebnisse des Teams zeigen, dass sich die Kinder nach dem Freiluft-Unterricht in der Natur stärker am Unterricht beteiligten. Weit davon entfernt unmittelbar nach dem Unterricht im Freien überreizt und unaufmerksam zu sein, waren die Schülerinnen und Schüler deutlich aufmerksamer und beschäftigten sich mit ihren Schulaufgaben.

Die Anzahl der Fälle, in denen der Lehrer die Aufmerksamkeit eines Schülers auf seine Arbeit lenken musste, wurde unmittelbar nach dem Unterricht im Freien ungefähr halbiert.

Die Lehrer konnten nach dem Unterricht im Freien fast doppelt so lange ununterbrochen unterrichten, sagt Kuo, und der Natureffekt wurde auch bei den skeptischen Lehrer beobachtet.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Illinois at Urbana-Champaign; Frontiers in Psychology – DOI: 10.3389/fpsyg.2017.02253; Jan. 2018

‚Draußen‘ lernen Schüler besser

06.02.2018 Eine in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie zeigt, dass „Draußen-Unterricht“ offenbar die Lernmotivation von Schülern erhöht.

Dr. Ulrich Dettweiler von der Technischen Universität München und Kollegen untersuchten die Auswirkungen eines Schulunterrichts im Freien (zwischen 2014 und 2016) in einem naturwissenschaftlichen Schulprogramm an 281 Schülern aus der Sekundarstufe I. Der einwöchige Unterricht im Freien – der im davorliegenden Unterricht vorbereitet wurde – gipfelte in einer „zweitägigen Forschungsexpedition mit Experimenten“.

Zufriedenheit und Motivation

Vor und nach dem Outdoor-Unterricht wurden Zufriedenheit und allgemeine Autonomie-assoziierte Motivation der Schüler erfasst.

Die Ergebnisse zeigten, dass die psychologischen Grundbedürfnisse das Motivationsverhalten im pädagogischen und im Outdoor-Kontext gleichermaßen beeinflussen, allerdings auf unterschiedlichem Niveau.

Die Grundbedürfnisbefriedigung ‚draußen‘ ist entscheidend höher als im Innenbereich gewesen.

Darüber hinaus scheint die Zunahme der Kompetenz-Erfahrung vom Schulkontext bis zum praktischen Outdoor-Programm die größte Auswirkung auf die erhöhte intrinsische (von ‚innen‘ kommende) Motivation der Schüler während der Intervention zu haben.

Verstärkte Unterstützung der Autonomie, Schüler-Lehrer-Beziehungen und Schüler-Schüler-Beziehungen hatten viel weniger oder gar keinen Einfluss auf die Gesamtdifferenz des Motivationsverhaltens. Das Geschlecht hatte ebenfalls keinen Einfluss auf die Ergebnisse.

Die Kontextualisierung unterstützt diese Ergebnisse zum Teil und liefert eine weitere Erklärung für die zunehmende Selbstregulation der Schülerinnen und Schüler im Freien. Die Forscher schreiben, dass der Outdoor-Unterricht, sei es während einer Präsenzwoche oder während gelegentlicher, aber regelmäßiger Sitzungen als integraler Bestandteil des „normalen“ Unterrichts, das intrinsische Motivationsverhalten in der Wissenschaft bei Schülern der Sekundarstufe I fördert.

Auswirkungen auf körperliche und psychische Gesundheit

„Möglicherweise eignen sich solche Modelle sogar, um auf Dauer die bestehende Kluft zwischen Wissenschaftsunterricht und Umweltbildung zu überbrücken“, schreibt Dettweiler.

Interessant sind auch die potentiellen positiven Auswirkungen auf körperliche und psychische Gesundheit der Schüler, weswegen die Forscher untersuchen wollen, ob und wie Unterricht im Freien einen Effekt auf die Stressresilienz hat.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Technische Universität München; DOI: https://doi.org/10.3389/fpsyg.2017.02235; Feb. 2018

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