Gehirn und Immunsystem
Direkte Verbindung zwischen Gehirn und Immunsystem entdeckt
05.06.2015 Forscher der Universität von Virginia haben entdeckt, dass das Gehirn direkt mit dem Immunsystem über Gefäße verbunden ist, von denen man bisher annahm, dass sie nicht existieren.
Dass diese Gefäße bislang nicht entdeckt worden waren, ist erstaunlich genug, aber die wahre Bedeutung dieser Nachricht liegt in den Möglichkeiten, die nun bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie z.B. Autismus, Alzheimer und Multiple Sklerose offenstehen.
Direkte Untersuchung der neuroimmunen Verbindung möglich
Lymphatisches System: alt (links)
die Entdeckung der UVA (rechts)
Bild: University of Virginia Health System
Statt zu fragen:
- Wie untersuchen wir die Immunreaktion des Gehirns?
- Warum gibt es bei Patienten mit MS diese Attacken des Immunsystems?
können wir nun ganz unmittelbar ansetzen, sagte Studienautor Dr. Jonathan Kipnis. Denn das Gehirn ist wie jedes andere Gewebe mit dem peripheren Immunsystem durch meningeale lymphatische Gefäße verbunden.
„Dies verändert völlig, wie wir die Neuroimmunsystem-Interaktionen sehen. Wir haben sie vorher immer als etwas Esoterisches angesehen, das wir nicht erforschen können. Aber jetzt können wir es direkt untersuchen.“
Die Forscher nehmen an, dass bei jeder neurologischen Krankheit mit einer Immunsystem-Verbindung, diese Gefäße eine bedeutende Rolle spielen. Dies wird die Anschauung auf die Beziehung zwischen zentralem Nervensystem und Immunsystem fundamental ändern.
‚Sehr gut verborgen‘
Die Entdeckung wurde durch die Arbeit von Dr. Antoine Louveau bei der Untersuchung der Hirnhaut einer Maus gemacht. Dabei kam eine neue Methode zum Einsatz, bei der die Hirnhaut der Maus auf einen einzelnen Schlitten montiert wurde, so dass sie als Ganzes untersucht werden konnte. Das Gewebe konnte also in einem physiologisch intakten Zustand gesichert und dann analysiert werden. „Andersrum hätte es nicht funktioniert.“
Louveau entdeckte dann Gefäß-ähnliche Muster und testete auf lymphatische Gefäße – diese wurden bestätigt. Er erklärt: „Die Gefäße sind so nah an den Blutgefäßen, dass man sie einfach übersehen muss, wenn man nicht danach sucht“.
Alzheimer, Autismus, MS und weitere Krankheiten
Das unerwartete Vorhandensein dieser lymphatischen Gefäße wirft nun viele Fragen zur Funktionsweise des Gehirns und seinen Krankheiten auf. Es gibt viele neurologische Krankheiten: Alzheimer, Autismus, Multiple Sklerose und andere Erkrankungen des Gehirns müssen nun angesichts dieser Entdeckung neu untersucht werden, sagten die Forscher in der Zeitschrift Nature.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Virginia, Nature; Juni 2015
Zustand des Immunsystems in Schwangerschaft beeinflusst Gehirnentwicklung des Kindes
27.02.2018 Der Zustand des Immunsystems einer Frau während der Schwangerschaft kann die Konnektivität des Gehirns ihres Kindes beeinflussen, legt eine Studie mit jugendlichen Müttern nahe.
Die in JNeurosci veröffentlichte Studie untersuchte den Einfluss der immunologischen Gesundheit von Müttern auf die Anfälligkeit eines Kindes für psychiatrische Störungen im späteren Leben.
Bild: Gerd Altmann
Marisa Spann, Bradley Peterson und Kollegen untersuchten werdende Mütter im Alter zwischen 14 und 19 Jahren, die mit ihrem ersten Kind schwanger gingen.
Viele Auslöser können Immunreaktionen hervorrufen, wie z.B. Infektionen, Stress, Krankheiten oder Allergien. Wenn das körpereigene Immunsystem einen dieser Auslöser erkennt, werden Proteine als Teil einer Entzündungsreaktion freigesetzt.
IL-6 und CRP
Sie konzentrierten sich auf die Beziehung zwischen zwei Proteinen (IL-6 und CRP), die vom Immunsystem der Mutter während des dritten Trimesters der Schwangerschaft freigesetzt werden, und bei der Entwicklung eines Gehirnnetzwerks eine Rolle spielt, das an Erkrankungen wie Autismus, Schizophrenie und Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung beteiligt ist.
Konnektivität und kognitive Fähigkeiten
Die Forscher fanden heraus, dass höhere mütterliche Konzentrationen dieser Proteine mit einer größeren Konnektivität der Hirnregionen der Säuglinge in diesem Netzwerk und mit einer höheren kognitiven Fähigkeit im Alter von 14 Monaten verknüpft waren.
Die Aktivierung des mütterlichen Immunsystems war auch mit einer niedrigeren fetalen Herzfrequenz am Ende der Schwangerschaft verbunden, was auf eine verzögerte Entwicklung des autonomen Nervensystems hinweisen kann.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die letzten Wochen der Schwangerschaft einen wichtigen Einfluss auf die Gehirnentwicklung eines Kindes haben, schreiben die Wissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: JNeurosci (2018). DOI: 10.1523/JNEUROSCI.2272-17.2018
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