Definition: Konstruktives Denken nach dem CTI
Das Konstruktive Denken ist ein hypothetisches Konstrukt, das entwickelt wurde aus der Annahme, es gibt zwei verschiedene Arten von Intelligenz.
Zum einen gibt es eine Intelligenz, gemessen von (herkömmlichen) Intelligenztests, die nützlich ist abstrakte Probleme, wie bspw. mathematische, zu lösen. Diese Intelligenz allein hilft einem aber nicht, praktische Probleme des täglichen Lebens zu meistern. Dazu bedarf es zusätzlich eine andere Form von Intelligenz. Eine, die dafür sorgt, dass aus den unmittelbaren Erfahrungen gelernt wird (so etwas wie den „gesunden Menschenverstand“). Dies geschieht meist automatisch ohne große Anstrengungen und ist Grundlage praktischer, sozialer und emotionaler Intelligenz.
Was misst der CTI?
Der CTI (Constructive Thinking Inventory) misst, in welchem Ausmaß eine Person tendenziell in Wegen denkt, die wichtig sind, ihre praktischen Lebensprobleme mit einem Minimum an Stress zu lösen.
Während herkömmliche Intelligenztests eher mit akademischen Leistungen verbunden sind, zeigt Konstruktives Denken – gemessen mit dem CTI – eher Verbindungen zu Erfolgen im praktischen Leben und mit geistigem und körperlichem Wohlbefinden.
Kurz: Jemand, der ein hohes Ausmaß an konstruktiven Denken aufweist, wird tendenziell erfolgreicher sein im alltäglichen Leben (also z.B. im Beruf, in Liebes- und Freundschaftsbeziehungen), als jemand, der vielleicht eine höhere akademische Intelligenz besitzt, dafür aber ein schwach ausgeprägtes konstruktives Denken besitzt.
Constructive Thinking Inventory (CTI)
Zum Stand der Forschung
Ergebnisse zum Constructive Thinking Inventory
Der CTI (meist in der Langversion) wurde bereits mit einigen vorwiegend US-amerikanischen Tests verglichen.
Zusammenhänge mit Persönlichkeitsmerkmalen
·Zwischen PETS (Primary Emotions and Traits Scales) (Epstein,1993), Skalen von Epstein zur Erfassung von Affekten, und CTI gab es die stärksten Zusammenhänge zwischen Behavioralen Coping und positivem Affekt, und zwischen Emotionalem Coping und negativem Affekt.
·Mit dem BDI (Beck Depression Inventory) zeigte das Globale Konstruktive Denken – die Hauptskala des CTI – eine Korrelation von -.57. Am höchsten korrelierte die Einzelskala Emotionales Coping mit dem BDI (-.58).
·Im Vergleich mit dem NEO (Neuroticism, Extraversion, Openness to Experience Five-Factor Inventory) zeigten sich starke Zusammenhänge von Globales Konstruktives Denken (-.80) und Emotionales Coping (-.82) mit Neuroticism. Epstein schlägt vor, das Emotionale Coping eher als kognitive Komponente von Neurotizismus zu sehen, als lediglich eine neue Methode diesen zu erfassen.
Behaviorales Coping wies die höchsten Zusammenhänge mit Extraversion (.49) und Gewissenhaftigkeit (.66) auf. Kategoriales Denken des CTI korrelierte zu -.64 mit Kompromissbereitschaft des NEO.
Zusammenhänge mit IQ und akademischer Leistung
Epstein und Meyer (1989) führten eine Untersuchung verschiedener Selbstberichts-Skalen mit dem CTI durch. Darunter befanden sich: I-E (Internal-External Locus of Control Scale von Rotter, 1966), ASQ (Attribution Style Questionaire, Peterson et al. 1982) und die Shipley-Hartley vocabulary and abstract thinking scales (Intelligenztest). Es ergaben sich keine bedeutsamen Korrelationen zwischen Intelligenz und Emotionales Coping bzw. Behaviorales Coping. Dafür leicht negative zwischen Intelligenz und Kategoriales Denken / Esoterisches Denken. Epstein schließt, dass konstruktives Denken nicht unbedingt mit Intelligenz einhergeht, bzw. umgekehrt.
Epstein fand bei Vergleichen des CTI’s mit dem Abschneiden von Testpersonen an Hochschulen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Behaviorales Coping und größeren Erfolg.
Zusammenhänge mit demographischen Variablen
·Alter: Epstein beobachtete einen Anstieg von Globales Konstruktives Denken (.18), Emotionales Coping (.14) und Behaviorales Coping (.19), und ein Abfallen des Kategorialen Denkens (-.18), des Naiven Optimismus (-.20) und des Esoterischen Denkens (-.16) mit Ansteigen des Alters.
·Bildung: Obwohl Epstein einen Anstieg der Intelligenz feststellte (.24), fand er keinen Zusammenhang der CTI-Skalen mit dem Anstieg der Bildung, außer einen negativen mit Esoterischen Denken (-.18),.
·Mit dem sozioökonomischen Status korrelierte nur das Kategoriale Denken (-.19). Je niedriger der Status, desto kategorialer das Denken.
·Geschlecht: Männer und Frauen erzielten ähnliche Ergebnisse im CTI. Es gab aber leichte Tendenzen, dass Männer höhere Wertungen in Emotionales Coping und im Kategorialen Denken erzielten, und Frauen im Behavioralen Coping und im Esoterischen Denken.
Zusammenhänge mit dem Erfolg im Beruf
In Untersuchungen von Epstein und Meyer (1989), Epstein & Katz (1992, zitiert nach Epstein, 1993), Geschwandtner (1990, zitiert nach Epstein, 1993) und Atwater & Yammarino (1989, zitiert nach Epstein, 1993) gab es Zusammenhänge zwischen jeweils Globales Konstruktives Denken, Emotionales Coping und Behaviorales Coping und dem Erfolg bei der Arbeit. Es zeigte sich auch, dass der CTI bessere prädiktive Werte hatte als alle mit ihm an den Versuchspersonen getesteten Fragebögen.
Zusammenhänge mit seelischem, geistigem und körperlichem Wohlbefinden
·In verschiedenen Studien fand Epstein, dass Globales Konstruktives Denken, Emotionales Coping und Behaviorales Coping schwach mit größerem Erfolg in der Liebe und etwas stärker mit Erfolg bei der Knüpfung und Erhaltung sozialer Beziehung korrelierte.
·Auch gab es Zusammenhänge zwischen dem CTI und Maßen körperlichen (schwächer) und geistigen (stärker) Wohlbefindens. (Epstein bietet zwei Erklärungen hierfür: Konstruktives Denken veranlasst jemanden bei Beschwerden etwas gegen sie zu tun und lässt Stress bzw. die auslösenden Ursachen nicht als so bedrohlich erscheinen. So gibt es dann auch den stärksten Zusammenhang zwischen den untersuchten Maßen Psychophysiologische Symptome (-.44), Negative Gefühlslage (-.49) also auch Psychologische Symptome wie Dysphorie (-.46) und Emotionales Coping.
·In einer weiteren Studie von Geberth (1994, zitiert nach Hoyer, 1995) mit dem CTI, dem Gießener Beschwerdebogen (GBB von Brähler & Scheer, 1983), der Kieler änderungssensitiven Symptomliste (KASSL von Zielke, 1979) und dem ein ähnliches Konstrukt wie der CTI messende Fragebogen zum Kohärenzgefühl (sense of coherence / SOC von Noack et al., 1991) gab es Zusammenhänge in gleicher Höhe zwischen SOC (SOC/KASSL=.68), bzw. dem CTI (CTI/KASSL=.69) und der psychopathologischen Symptombelastung, bzw. der somatischen Beschwerden (SOC/GBB=.35, CTI/GBB=.33). SOC und CTI korrelieren mit .82 sehr hoch miteinander und laut Geberth (1994, zitiert nach Hoyer, 1995) sind einige Items der beiden Fragebögen sich sehr ähnlich.
Zusammenhänge mit Krankheiten
·Bei einer Untersuchung an Typ-I Diabetikern (zitiert nach Hoyer, 1995) gab es negative Zusammenhänge zwischen Emotionales Coping und einem Maß für intrapsychische Konflikte innerhalb der diabetischen Lebenssituation (CgDIA von Hoyer & Szibor, 1994) und positive mit der Lebenszufriedenheit (LZD, zitiert nach Hoyer,1995). Hoyer schließt, dass höheres Emotionales Coping, als ein gesundheitsbestimmender Faktor, eine bessere psychische Auseinandersetzung mit bzw. Bewältigung einer Krankheit erlaubt.
·Bei einer Untersuchung von 167 Neurodermitikern und Psoriatikern (Barnhofer, in Vorb.; Schwarzkopf, in Vorb.; Stangier, Barnhofer, Schwarzkopf & Hoyer, 1995) mit dem Selbst- und Fremdeinschätzungsfragebogen MNF (Marburger-Neurodermitis-Fragebogen von Stangier, Gieler & Ehlers, 1995, zitiert nach Hoyer, 1995), der psychische Belastungen aufgrund von Krankheiten misst, wurden die Probanden in eine psychisch hoch und in eine niedrig belastete Gruppe zugeordnet.
Mit der Emotionales Coping-Skala konnten 69,9 % zutreffend klassifiziert werden (mäßige Vorhersagekraft). Die anderen CTI-Skalen hatten keine Vorhersagekraft. Hoyer (1995) schließt, dass Emotionales Coping definitionsgemäß günstig ist, die Besonderheiten chronischer Krankheiten zu bewältigen, die Einschränkung negativer Folgen.
Zusammenhänge mit Alkoholmissbrauch
Es gab schwache signifikante Korrelationen zwischen den drei Hauptskalen des CTI’s Globales Konstruktives Denken, Emotionales Coping und Behaviorales Coping und allen Skalen eines Alkoholismusfragebogens. Epstein (1993) schließt, dass Alkoholmissbrauch mit destruktiven Denken einhergeht und mit Hilfe des Alkohols dysphorische Stimmungen entgegengewirkt werden soll.
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