Empathie, Einfühlungsvermögen und Musik
Empathische Menschen verarbeiten Musik im Gehirn anders
12.06.2018 Menschen mit größerem Einfühlungsvermögen (Empathie) unterscheiden sich von anderen darin, wie ihr Gehirn Musik verarbeitet laut einer im Fachblatt Frontiers in Behavioral Neuroscience veröffentlichten Studie.
Im Vergleich zu Menschen mit geringerem Einfühlungsvermögen, kam es zu einer erhöhten Aktivierung des Belohnungssystems im Gehirn bei Menschen mit höherem Empathie-Vermögen, wenn sie bekannte Musik hörten; auch Bereiche, die für die Verarbeitung sozialer Informationen verantwortlich sind, waren stärker aktiviert.
Bild: Gerd Altmann
Zachary Wallmark von der Southern Methodist University, Dallas und Kollegen scannten die Gehirne von Probanden, während diese (ihnen) bekannte und unbekannte Musikstücke hörten, die sie mochten oder nicht mochten.
Danach wurden die Empathie-Fähigkeit der Teilnehmer mittels Fragebogen erfasst.
Die Forscher führten dann kontrollierte Vergleiche durch, um zu sehen, welche Bereiche des Gehirns während des Musikhörens mit Empathie verknüpft waren.
Dorsales Striatum und Belohnungssystem
Die Analyse der Gehirnscans zeigte, dass Personen mit hohen Empathie-Werten mehr Aktivität im dorsalen Striatum – einem Teil des Belohnungssystems des Gehirns – zeigten, wenn sie vertraute Musik hörten, ob ihnen die Musik gefiel oder nicht.
Präfrontaler Cortex – soziale Informationen
Darüber hinaus konnten die Gehirnscans bei Menschen mit höherem Einfühlungsvermögen auch eine größere Aktivierung in den medialen und lateralen Bereichen des präfrontalen Cortex, die für die Verarbeitung der sozialen Informationen verantwortlich sind, und im temporoparietalen Übergang, der entscheidend für die Analyse und das Verständnis der Verhaltensweisen und Absichten anderer ist, zeigen.
Normalerweise werden diese Bereiche des Gehirns aktiviert, wenn Menschen mit anderen Menschen interagieren oder über zwischenmenschliche Beziehungen nachdenken.
Stellvertreter für menschliche Begegnung?
Die Beobachtung der Verbindung mit der Empathie während des Musikhörens könnte darauf hindeuten, dass Musik für diese Zuhörer als Stellvertreter für eine menschliche Begegnung fungiert.
Neben der Analyse der Gehirnscans haben die Forscher auch rein verhaltensbezogene Daten betrachtet – Antworten auf eine Befragung, in der die Zuhörer gebeten wurden, die Musik nach dem Hören zu bewerten.
Empathen hören leidenschaftlicher Musik
Diese Daten zeigten auch, dass Menschen mit höherem Einfühlungsvermögen leidenschaftlicher in ihren musikalischen Vorlieben und Abneigungen waren, wie zum Beispiel eine stärkere Vorliebe für unbekannte Musik.
Die genaue neurophysiologische Beziehung zwischen Empathie und Musik ist weitgehend unerforscht.
Ein großer Teil der Forschung hat sich auf die kognitive Neurowissenschaft der Empathie konzentriert, wie wir die Gedanken und Emotionen anderer Menschen verstehen und erleben.
Studien zeigen auf eine Reihe von Bereichen der präfrontalen, insularen und cingulären Cortices als relevant für das, was Hirnforscher als soziale Kognition bezeichnen.
Studien haben gezeigt, dass die Aktivierung der sozialen Schaltkreise im Gehirn von Mensch zu Mensch variiert.
Individuen mit einfühlsameren Persönlichkeiten zeigen eine erhöhte Aktivität in diesen Bereichen, wenn sie sozial relevante Aufgaben ausführen, wie z.B. das Beobachten einer Nadel, die in die Haut eindringt, das Hören von nonverbalen Stimmlauten, das Beobachten emotionaler Gesichtsausdrücke oder das Betrachten eines geliebten Menschen mit Schmerzen.
Im Bereich der Musikpsychologie haben eine Reihe neuerer Studien gezeigt, dass Empathie mit der Intensität der emotionalen Reaktionen auf Musik, den Hörstil und den musikalischen Vorlieben zusammenhängt – zum Beispiel neigen empathische Menschen eher dazu, traurige Musik genießen zu können.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Frontiers in Behavioral Neuroscience (2018). DOI: 10.3389/fnbeh.2018.00066
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