Die rosarote Brille (Psychologie)

Die rosarote Brille (Psychologie)

Psychologie-Lexikon – Kognitive Psychologie

Definition

Etwas durch die rosarote Brille / Gläser zu sehen heißt, Dinge, Situationen und andere Menschen in einem zu positiven / optimistischen Licht zu betrachten. Diese Sichtweise beruht auf einer Wahrnehmungsverzerrung.

Wir sehen nicht nur uns selbst, sondern auch Freunde und – in bestimmten Fällen – Fremde durch die ‚rosarote Brille‘

18.02.2018 Eine neue psychologische Studie der Universitäten Oxford, Yale und City University London zeigt, dass Menschen nicht nur ihr eigenes Leben durch eine ‚rosarote Brille‘ sehen, sondern auch Freunde, die ihnen wichtig sind, betrachten sie durch die zu optimistisch geschliffenen Gläser.

Optimismus-Verzerrung

Die Studie zu dieser ‚Optimismus-Bias‘ (optimistische Wahrnehmungsverzerrung) fand heraus, dass Menschen bereitwillig ihren Glauben an jemanden, den sie mögen, verändern, wenn sie gute Nachrichten erhalten, aber kaum ihre Meinung über sie ändern, nachdem sie schlechte Nachrichten erhalten haben.

Dieser indirekte oder „Stellvertreter-Optimismus“ in Bezug auf das Lernen über Andere war umso stärker, je näher sich die Menschen einer anderen Person fühlten und erstreckte sich sogar auf fremde Menschen.

Um zu untersuchen, inwieweit sich diese Verzerrung des Optimismus ausdehnt, untersuchten die Psychologen einen Mechanismus, der als „good news / bad news“ Effekt bekannt ist und Optimismus hervorrufen und aufrechterhalten kann.

Richtung der Lernbereitschaft unidirektional

Im Leben ändern wir manchmal unsere Überzeugungen über uns selbst auf der Grundlage neuer Informationen, die wir erhalten. Wenn wir zum Beispiel hören, dass wir intelligenter sind, als wir dachten – gute Nachrichten -, aktualisieren wir unsere Überzeugungen, aber wenn wir hören, dass wir weniger intelligent sind, als wir vermuteten – schlechte Nachrichten – ändern wir wenig.

freunde
Bild: Gerd Altmann

Diese Lernvoreingenommenheit scheint sich aus dem Wunsch zu ergeben, uns gut zu fühlen bezüglich uns selbst und unserer Zukunft.

Aber wir wollen uns auch in Bezug auf die Zukunft der Menschen wohlfühlen, die uns wichtig sind, schreiben die Psychologen. Schlechte Nachrichten für Menschen, die uns wichtig sind, fühlen sich schrecklich an, was uns möglicherweise daran hindert, solche Informationen in unsere Überzeugungen über diese Menschen zu integrieren. Je mehr wir uns um eine andere Person kümmern, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir gute Nachrichten über diese Person annehmen und schlechte Nachrichten ablehnen.

Um zu testen, ob eine solche ‚rosarote Brille‘ über das Selbst hinausgeht, rekrutierten die Forscher mehr als 1.100 Teilnehmer für fünf Studien. In jeder dieser Studien sollten sich die Teilnehmer eine Vielzahl negativer Lebensereignisse vorstellen, die anderen Menschen widerfahren – von ihren Freunden bis zu Fremden.

Für einen Freund, zum Beispiel, stellten sich die Teilnehmer ein negatives Lebensereignis vor (Gepäckverlust, Krebs, Versäumnis eines wichtigen Treffens etc.). Sie wurden dann gebeten, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines solchen Ereignisses anzugeben. Anschließend wurde ihnen die tatsächliche Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses mitgeteilt. Später durften die Probanden dann eine erneute Einschätzung abgeben.

Stellvertreter-Optimismus bei Freunden, Fremden

Die Forscher stellten fest, dass die Optimismus-Verzerrung tatsächlich über das Selbst hinausreicht und dass dieser Effekt umso stärker war, je mehr die Teilnehmer sich um eine andere Person sorgten.

Wenn die Teilnehmer z.B. zuerst Informationen über einen Fremden gelesen hatten, die darauf hindeuteten, dass diese Person eine gute Person war, zeigten sie anschließend einen stellvertretenden Optimismus für diese Person.

Wenn sie jedoch lasen, dass ein Fremder kein netter Mensch ist, dann ging der Stellvertreter-Optimismus für diese Person erheblich zurück.

Je ausgeprägter dieser stellvertretende Optimismus für einen Fremden war, desto wahrscheinlicher war es, dass die Teilnehmer Menschen halfen, die diesem Fremden ähnlich waren.

Zusammenfassung

Dr. Andreas Kappes, Hauptautor der Studie und Dozent am Fachbereich Psychologie der City University London schreibt, wir würden nicht nur unser eigenes Leben durch eine rosarote Brille sehen, sondern auch das Leben derer, die uns wichtig sind.

Die Psychologen beobachteten, dass die TeilnehmerInnen einen stellvertretenden Optimismus zeigten, als sie über Ereignisse nachdachten, die ihnen nahestehende Menschen betrafen. Sie aktualisierten ihre Ansichten weniger als Reaktion auf schlechte Nachrichten als auf gute.

Aber sie sahen nicht nur ihre Freunde in diesem rosaroten Licht – es erstreckte sich auch auf Fremde, wenn sie etwas über deren Zukunft erfuhren.

Dr. Molly Crockett, Assistenz-Professorin für Psychologie an der Yale, sagte im Fachblatt Psychological Science, diese Studien würden darauf hindeuten, dass Empathie Einfluss darauf hat, wie wir lernen und wie wir Entscheidungen treffen.

Diejenigen, die durch stärkere rosarote Gläser schauten, waren eher bereit, fremden Menschen in Not zu helfen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: City University London; Psychological Science – DOI: 10.1177/0956797617737129; Feb. 2018

Ähnliche Artikel, News