Erziehung und das Gehirn

Forschung/News zur Erziehungspsychologie, einem Teilbereich der Psychologie, der sich mit der Erforschung der psychologischen Vorgänge bei der Erziehung beschäftigt.

Moderne Erziehungsmethoden, die die Gehirnentwicklung beeinträchtigen

09.08.2015 Gesellschaftliche Praktiken und kulturelle Überzeugungen des modernen Lebens können die Gehirngesundheit und die emotionale Entwicklung bei Kindern beeinträchtigen laut einer interdisziplinären Studie, die auf einem Symposium an der University of Notre Dame vorgestellt wurde.

Törichte Praktiken und Überzeugungen sind in unserer Kultur alltäglich geworden – wie die Verwendung von vorgefertigter industrieller Säuglingsnahrung, Isolation von Säuglingen in ihren eigenen Zimmern oder die Überzeugung, dass ein zu schnelles Reagieren auf das Geschrei eines Babys es ‚verwöhnt‘, sagte Psychologie-Professorin Darcia Narvaez. Den Kindern in der westlichen Welt geht es schlechter als vor 50 Jahren.

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Bild: Ken Hammond, USDA

Praktiken, die die Gehirnentwicklung fördern

  • Das Füttern von Säuglingen mit der Brust,
  • Reagieren auf Weinen,
  • fast ständiger Kontakt und
  • das Verfügen über mehrere erwachsene Bezugspersonen

sind einige der fördernden Praktiken unser Vorfahren, die sich als sehr förderlich für die Entwicklung des Gehirns gezeigt haben – nicht nur für die Formung der Persönlichkeit, sondern auch für die körperliche Gesundheit und moralische Entwicklung, sagt Narvaez.

Studien zeigen, dass

  • wenn man auf die Bedürfnisse des Babys reagiert (also es sich nicht ‚ausschreien‘ lässt), dies die Entwicklung des Bewusstseins beeinflusst;
  • positive Berührungen wirken auf die Reaktionsfähigkeit, Impulskontrolle und Empathie;
  • freies Spielen in der Natur beeinflusst die sozialen Kapazitäten und Aggression; und
  • mehrere Bezugspersonen (nicht nur die Mutter allein) haben Einfluss auf IQ, Ego-Resilienz und Einfühlungsvermögen.

Abwärtstrend

Die Vereinigten Staaten [Anm.: Dies gilt sicherlich auch für Deutschland] befinden sich in einem Abwärtstrend bei allen diesen Erziehungsmerkmalen laut Narvaez. Statt gehalten zu werden, verbringen Säuglinge viel mehr Zeit in Carriern, Autositzen und Kinderwagen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Nur etwa 15 Prozent der Mütter füttern ihr Kind noch 12 Monate mit der Brust, die erweiterten Familien sind zerbrochen und freies Spielen hat stark abgenommen.

Ob nun Folge dieser modernen Praktiken oder Ergebnis anderer Kräfte, Forschungsberichte zeigen

  • eine Epidemie der Angst und Depression in allen Altersgruppen einschließlich kleiner Kinder;
  • steigender Raten aggressiven Verhaltens und Kriminalität bei kleinen Kindern; und
  • eine Verringerung der Empathie, das Rückgrat des mitfühlenden, moralischen Verhaltens bei älteren Schülern.

Gegensteuern

Laut Narvaez können jedoch auch andere Verwandte und Lehrer eine fördernde Wirkung haben, wenn sich ein Kind in ihrer Gegenwart geborgen fühlt. Auch können frühe Defizite später ausgeglichen werden.

Das Gehirn kann sich im Laufe des Lebens weiterentwickeln. Es wächst durch Ganzkörper-Erfahrungen wie wildes und tobendes Spielen, Tanzen oder freies kreatives Schaffen. Ein Elternteil kann also jederzeit eine kreative Tätigkeit mit dem Kind beginnen, und sie können dann zusammen wachsen, schloss sie.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Notre Dame; 2013

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