- Kreative haben mehr Verbindungen zwischen den Hirnhälften
- Konnektivitätsmuster der Hirnnetzwerke sagen individuelle Kreativität voraus
- Gehirnwellen unterdrücken offensichtliche Ideen, die uns helfen, kreativer zu denken
- Definition
- Psychologie der Kreativität
- Persönlichkeitseigenschaften
- Pausen
- Inkubation
- Weitere Artikel, News dazu
Kreative haben mehr Verbindungen zwischen den Hirnhälften
21.02.2017 Unzählige Selbsthilfe-Bücher und Seminare wollen einem weismachen, dass es auf die rechte Hirnseite ankommt, wenn es um die Kreativität geht. Aber diesen „Rechte-Gehirn“-Mythos sollte man vergessen, schreiben Neurowissenschaftler: Ihre neue in Bayesian Analysis veröffentlichte Studie verbindet Kreativität mit der Konnektivität zwischen den beiden Gehirnhälften.
Weiße Substanz
Für die Studie analysierten die Statistiker David Dunson von der Duke University und Daniele Durante von der Universität von Padova die Netzwerke der weißen Substanz zwischen 68 separaten Gehirnregionen bei gesunden Freiwilligen.
Die weiße Substanz des Gehirns liegt unter der äußeren grauen Substanz. Sie besteht aus Bündeln von Bahnen bzw. Axonen, die Milliarden von Neuronen verbinden und elektrische Signale zwischen ihnen hin und her leiten.
Bild: pixabay
Neurowissenschaftler unter der Leitung von Rex Jung von der Universität New Mexico erfassten mit Hilfe von MRT die Daten der Netze; Computer wandelten die Daten zu dreidimensionalen Karten des Gehirns um.
Divergentes Denken und Kreativitätsprofil
Kreativitätstests bewerteten die Kreativität der Teilnehmer: Einige erfassten das divergente oder laterales Denken (gehört zum kreativen Denken) bzw. die Fähigkeit möglichst viele Lösungsmöglickeiten für ein Problem zu finden. Außerdem füllten die Teilnehmer einen Fragebogen zu ihren Leistungen auf zehn Gebieten aus: z.B. der bildenden Künste, der Musik, des kreativen Schreibens, des Tanzes, des Kochens und der Wissenschaft.
Mit Hilfe der Antworten wurde eine Kreativitätspunktzahl für jede Person berechnet.
Computer identifizierten anhand der Daten dann Unterschiede in der Gehirnstruktur.
Konnektivität zwischen den Hemisphären
Es gab keine statistischen Unterschiede in der Konnektivität innerhalb der Hemisphären (Hirnhälften) oder zwischen Männern und Frauen.
Aber als sie sich die 15% der Teilnehmer ansahen, die bei den Kreativitätstests am besten abschnitten, und sie mit denjenigen 15% verglichen, die am schlechtesten abgeschnitten hatten, stellten sie deutlich mehr Verbindungen zwischen der rechten und linken Hemisphäre in den Gehirnen der kreativeren Testteilnehmern fest.
Die Unterschiede waren hauptsächlich im Frontallappen des Gehirns zu beobachten.
Dunson sagte, dass ihr Ansatz auch für die Voraussage der Wahrscheinlichkeit verwendet werden könnte, dass jemand hoch-kreativ ist – basierend auf seiner / ihrer Netzwerkstruktur im Gehirn.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Duke University, Universität von Padova, Bayesian Analysis – DOI: 10.1214/16-BA1030; Feb. 2017
Konnektivitätsmuster der Hirnnetzwerke sagen individuelle Kreativität voraus
17.01.2018 Eine aktuelle im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Science veröffentlichte internationale Studie des Fachbereichs Psychologie der Universität Graz und der Universität Harvard stellte fest, dass sich die individuelle Kreativität anhand des Konnektivitätsmusters der Hirnnetzwerke voraussagen lässt.
Die Neurowissenschaftler wollten untersuchen, was im Gehirn bei kreativen Gedankengängen vor sich geht, und wodurch sich das stärker und schwächer ausgeprägte kreative Denkvermögen unterscheidet.
Kreatives Denken spiegelt sich nicht nur in der Aktivierung bestimmter Hirnbereiche wider, sagen die Studienautoren Dr. Andreas Fink und Dr. Mathias Benedek, sondern auch dadurch, wie große Netzwerke des Gehirns miteinander wechselwirken.
Bild: Gerd Altmann
Mit Hilfe von „connectome-based predictive modeling“ fanden sie nun bei 163 Probanden heraus, dass sich die Kreativität eines Menschen auch durch das Muster der Konnektivität ihrer Netzwerke im Gehirn robust bestimmen lässt.
Was passiert bei hochkreativen Menschen im Gehirn?
Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie entdeckten sie Interaktionen bestimmter Gehirnnetze beim kreativen Denken, die sonst eher unabhängig oder gegenläufig arbeiten. Und diese Wechselwirkungen sind bei kreativen Menschen sogar stärker ausgeprägt. Dadurch lassen sich nun auch Vorhersagen über die individuell unterschiedliche Ausprägung der kreativen Fähigkeit machen, schreiben die Forscher.
Die Ergebnisse zeigen somit ein Ganzhirnnetzwerk, das mit einer hohen kreativen Fähigkeit verbunden ist, und das sich aus kortikalen Knotenpunkten innerhalb von Standard-, Salienz- und Exekutivsystemen zusammensetzt – intrinsische Funktionsnetzwerke, die dazu neigen, gegensätzlich zu arbeiten. Dies legt nahe, dass hochkreative Menschen durch die Fähigkeit gekennzeichnet sind, diese großen Gehirnnetzwerke gleichzeitig zu aktivieren.
Und dies gilt auch über verschiedene Kulturen und Rassen hinweg, da die Befunde über vier unabhängige Datensätze und drei Länder (Österreich, USA und China) hinweg übereinstimmten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Graz, Universität Harvard; Proceedings of the National Academy of Science – doi: 10.1073/pnas.1713532115; Jan. 2018
Gehirnwellen unterdrücken offensichtliche Ideen, die uns helfen, kreativer zu denken
10.12.2018 Das menschliche Gehirn muss offensichtliche Ideen unterdrücken, um die kreativsten zu erreichen laut einer in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichten Studie.
Kreativität erfordert, dass wir uns von häufigeren und naheliegenderen Ideen lösen, aber wir wissen wenig darüber, wie dies in unseren Gehirnen geschieht.
Gehirnwellen spielen wichtige Rolle bei Hemmung gewohnter Denkmodi
Caroline Di Bernardi Luft von der Queen Mary University of London und Kollegen zeigen, dass Gehirnwellen eine entscheidende Rolle bei der Hemmung gewohnter Denkmodi spielen, um den Weg für den Zugang zu entfernteren Ideen zu ebnen.
Die Forscher fanden heraus, dass diese Gehirnwellen – bzw. Alpha-Schwingungen im rechten temporalen Bereich des Gehirns – zunehmen, wenn Menschen irreführende Assoziationen bei kreativen Aufgaben unterdrücken müssen.
Diese offensichtlichen Assoziationen sind sowohl im konvergenten Denken (das Finden einer „out-of-the-box“-Lösung) als auch im divergenten Denken (wenn Menschen mehrere kreative Ideen entwickeln müssen) vorhanden.
Alpha-Hirnwellen in rechter temporaler Hirnregion
Höhere Level von Alpha-Hirnwellen ermöglichen es den Menschen, Ideen zu entwickeln, die weiter von den offensichtlichen oder bekannten Anwendungen entfernt sind.
Die Hirnforscher zeigen, dass die Stimulation des rechten temporalen Teils des Gehirns in der Alpha-Frequenz die Fähigkeit erhöht, offensichtliche Verbindungen bei beiden Formen des kreativen Denkens zu hemmen.
Transkranielle Wechselstromstimulation (tACS)
Dies wurde durch das Anlegen eines elektrischen Stroms an das Gehirn durch eine nicht-invasive Technik namens transkranielle Wechselstromstimulation (tACS) demonstriert, die minimale bis keine Nebenwirkungen oder Empfindungen verursacht.
Die Ergebnisse haben Auswirkungen darauf, wie wir Kreativität verstehen, und eröffnen mögliche Wege, den kreativen Prozess zu beeinflussen, auch durch den Einsatz von tACS.
Di Bernardi Luft sagt, wenn unser Gehirn alternative Verwendungen eines Glases generieren soll, müssen zunächst unsere bisherigen Erfahrungen gehemmt werden, die uns dazu bringen, ein Glas als Behälter zu betrachten.
Die neuen Erkenntnisse der Studie bestehen darin, zu zeigen, dass die rechtstemporalen Alpha-Oszillationen ein wichtiger neuronaler Mechanismus zur Überwindung dieser offensichtlichen Assoziationen sind.
Für ein kreatives Denken ist es notwendig, einen weniger befahrenen Weg zu nehmen, und die Ergebnisse liefern einige Hinweise darauf, wie dies in unserem Gehirn geschieht, schließen die Neurowissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: PNAS (2018). www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1811465115
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