Pessimismus (Psychologie, Psyche)
Persönlichkeitspsychologie
Definition: Pessimismus – das Gegenteil von Optimismus – ist eine Geisteshaltung oder Weltanschauung, die Situationen und Ereignisse von ihrer schlechtesten bzw. schlimmsten Seite aus zu sehen. Das Konzept wird erweitert um die Annahme, dass künftige Bedingungen sich schlechter, schlimmer darstellen werden.
Wenn selbst Optimisten zu Pessimisten werden
14.12.2016 Das Warten auf die Testergebnisse, das Warten darauf, wer die Wahl oder das Spiel gewinnt … und während des Wartens fangen selbst Optimisten an, sich psychisch auf das Schlimmste vorzubereiten laut einer neuen in Journal of Personality veröffentlichten Studie.
Die Forscherinnen Kate Sweeny und Angelica Falkenstein vom Fachbereich für Psychologie an der University of California, Riverside, fanden heraus, dass es keine Unterschiede zwischen Optimisten und Pessimisten gibt, wenn es um potenziell schlechte Nachrichten geht.
Auf das Schlimmste gefasst sein
Die Tendenz, auf das Schlimmste gefasst zu sein, ist wirklich ziemlich weit verbreitet, sagte die Psychologie-Professorin Sweeny.
Bild: Bruno Glätsch
Frühere Forschungsstudien konnten zeigen, dass die Zensur-Prognosen von Schülern immer pessimistischer werden, je näher die Verkündung der Resultate rückt. Patienten werden sich immer sicherer, dass ihre Erkrankung sich verschlimmert, je näher die Testergebnisse der medizinischen Diagnose rücken. Und Wähler werden sehr pessimistisch hinsichtlich der Chancen ihres Kandidaten unmittelbar vor Verkündung der Resultate, schreiben die Psychologinnen.
Obwohl diese Tendenz – auf potenziell schlechte Nachrichten gefasst zu sein – normal ist, könnte man intuitiv annehmen, dass einige Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit sich tendentiell mehr anspannen und verkrampfen als andere; aber insbesondere unbekümmerte Optimisten sollten doch immun gegen die Ängstlichkeit und das Zweifeln sein, das normalerweise zu beobachten ist, wenn sich der entscheidende Moment nähert, sagte Sweeny.
Gibt es einen Unterschied?
Die Psychologinnen prüften diese Annahme in neun verschiedenen Studien. In einigen warteten Studenten der Psychologie unter gut kontrollierten Labor-Bedingungen auf ihre Testergebnisse oder Beurteilungen ihrer Attraktivität durch Kommilitonen) und in anderen warteten z.B. Jura-Studenten auf die Resultate ihrer Anwaltsprüfung.
In allen Studien bewerteten die Forscherinnen die dispositionelle – bzw. natürliche – Tendenz der Teilnehmer zum Optimismus bzw. Pessimismus, und untersuchten dann, ob Optimisten mit geringerer Wahrscheinlichkeit das Schlimmste annehmen, wenn sie unsichere Nachrichten erwarten – im Vergleich zu Pessimisten.
Konträr zu Intuition und Annahme waren Optimisten nicht immun dagegen: Sie fühlten ebenfalls einen Anstieg des Pessimismus im Augenblick der Wahrheit. Tatsächlich zeigte keine einzige Studie einen Unterschied zwischen Optimisten und Pessimisten bei der Tendenz, das Schlimmste anzunehmen, sagte Sweeny.
Vorteil dieses Verhaltens
Obwohl diese Entdeckung – so die Psychologin – zuerst überraschend klingen mag, ist es doch klar, dass es Vorteile hat, sich psychisch auf schlechte Nachrichten vorzubereiten.
Denn dieser Typ des zeitlich gut-abgepassten Pessimismus trägt nur geringe emotionale Kosten, und es schützt vor dem harten Schlag nicht vorhergesehener schlechter Nachrichten. Glücklicherweise scheint es so, dass sogar die leidenschaftlichsten Optimisten ihre positive Meinung zügeln können, wenn es sich auszahlt, schließt sie.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of California, Journal of Personality – DOI: 10.1111/jopy.12289; Dez. 2016
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