Religionspsychologie
Psychologie-Lexikon – Psychologie
Definition: Religionspsychologie ist der Teilbereich der Psychologie, der sich mit dem menschlichen Erleben und Verhalten im Umgang mit Religion / Spiritualität beschäftigt.
- Religiöse Kinder sind weniger altruistisch
- Religiöser Niedergang ist nicht gleich moralischer Verfall
- Religiöse Menschen sind weniger mitfühlend
- Psychologie des Aberglaubens
- Glauben oder Nicht-glauben, that is the question
- Gehirnmanipulation religiöser und ideologischer Werte
- Entstehung der Religiösität: angeboren?
- Atheismus
- Satanismus
- Spiritualität
- Religion und Gehirn
- Religiosität und Intelligenz
- Weitere News-/Forschungsartikel
Religiöse Kinder sind weniger altruistisch
06.11.2015 Kinder religiöser Familien teilten weniger wahrscheinlich mit anderen, bestraften aber eher antisoziales Verhalten anderer laut einer in Current Biology veröffentlichten Studie.
Entwicklungspsychologen unter Leitung von Prof. Jean Decety von der University of Chicago untersuchten Wahrnehmungen und Verhalten von 1.170 Kindern aus sechs Ländern (Kanada, China, Jordan, Südafrika, Türkei und USA).
Teilen und Bestrafen
Die Studie beurteilte die Tendenz der Kinder zu teilen – ein Maß für Altruismus – und ihre Neigung, andere für schlechtes Verhalten zu verurteilen und zu bestrafen.
Die Forscher führten mit den Kindern zwei Experimente durch: ein Altruismusexperiment – in dem es um das Teilen mit anderen ging, und ein Experiment zur Feststellung der moralischen Sensitivität – in dem es um die Beobachtung, Be- und Verurteilung der Verhaltensweisen anderer ging.
Bild: Willi Heidelbach
Religiöse Erziehung
Die Eltern wurden zu ihren religiösen Ansichten und Praktiken befragt, und wie sie Empathie und Gerechtigkeitsempfinden ihrer Kinder einstuften. Christen, Moslems und Nicht-Gläubige erreichten ausreichende Stichprobengrößen.
Bereitschaft zu teilen
Mit vorherigen Studien übereinstimmend zeigten sich ältere Kinder bereiter zu teilen.
Doch Kinder aus christlichen oder muslimischen Haushalten zeigten sich deutlich weniger bereit zu teilen als Kinder aus nicht-religiösen Haushalten.
Die negative Verbindung zwischen Religiosität und Altruismus wurde mit dem Alter stärker; Kinder mit einem längeren Kontakt zur Religion in ihrem Haushalt zeigten die geringste Bereitschaft zu teilen.
Bereitschaft zu strafen
Kinder aus religiösen Haushalten bevorzugten auch härtere Strafen für antisoziales Verhalten und beurteilten solches Verhalten auch strenger als nicht-religiöse Kinder.
Diese Ergebnisse unterstützen vorherige Studien mit Erwachsenen, die feststellten, dass Religiosität mit einer rigideren Einstellung zu Bestrafungen bei zwischenmenschlichen Verstößen verbunden ist.
Zusammen zeigen diese Ergebnisse die Ähnlichkeit über die Länder hinweg, dass Religion altruistisches Verhalten bei Kindern negativ beeinflusst, sagte Decety. Sie zeigen, dass Religiosität nicht prosoziales Verhalten fördert, und stellen in Frage, ob Religion für die moralische Entwicklung überhaupt wichtig ist – da eine weltliche Erziehung die menschliche Güte nicht verringert. „Tatsächlich fördert sie sie sogar noch eher“, schlossen die Forscher.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Chicago; Nov. 2015
Religiöser Niedergang ist nicht gleich moralischer Verfall
Bzw.: Moralisches Verhalten wurzelt nicht in der Religion
15.01.2016 Forscher stellten bei der Analyse europäischer Daten fest, dass der Niedergang der Religion nicht mit einem Verfall der moralischen Werte in Europa zusammenhängt. Laut dem in der Zeitschrift Politics and Religion veröffentlichten Bericht ist Religion weit weniger wichtig für die moralischen Werte als noch vor 30 Jahren.
Religiöse Ideologien stark rückläufig
Bild: Gerd Altmann
Studienautorin Dr Ingrid Storm von der University of Manchester sagt: „Religion ist in vielen europäischen Ländern stark rückläufig. Jede neue Generation ist weniger religiös als die vorherige. Mich interessierte, ob dabei auch die moralischen Werte verfallen“.
Ihre Studie fand heraus, dass Religion nur mit einigen moralischen Werten verbunden war, und dies mehr in religiösen Ländern, und wenn Menschen dem Staat nicht vertrauen.
Sie analysierte die Daten aus der European Values Study (1981-2008; 48 europäische Länder). Die Teilnehmer waren zu verschiedenen strittigen Verhaltensweisen befragt worden, die die Autorin in zwei moralische Dimensionen einteilte.
- Das erste: Das Individuum entscheidet sich gegen die Tradition; z.B. die Rechtfertigung von Abtreibung und Homosexualität.
- Die zweite moralische Dimension: Rechtfertigung von Verhaltensweisen, die gegen das Gesetz gerichtet sind und andere verletzen könnten, wie Lügen, Betrügen und Stehlen.
Liberaler, doch moralische Werte aufrechterhaltend
Dr. Storm sagte: „Heute rechtfertigen mehr Europäer eher Verhalten, das sich gegen Traditionen richtet, aber die Einstellungen haben sich nicht in Bezug auf das Brechen des Gesetzes oder die Verletzung anderer geändert.
„Während die Religion in Europa abgenommen hat, gab es auch eine Zunahme bei der Akzeptanz persönlicher Autonomie bei Angelegenheiten wie Sexualität und Familie. Jede Generation ist liberaler bei diesen Dingen als die vorherige. In Gegensatz dazu, haben wir keine Belege gefunden, dass die moralischen Werte eigennütziger oder antisozialer geworden sind.“
Ältere Menschen sind weniger egoistisch
Die Forschung fand auch heraus, dass religiöse Menschen etwas weniger eigennütziger im Durchschnitt sind, wobei dies im Wesentlichen aber wohl von ihrem Alter abhing: Im Schnitt sind religiöse Personen älter als nicht-religiöse, und ältere Menschen – wann immer sie auch geboren wurden – sind weniger eigennützig.
Religiöses Vertrauen und Verehrung machten in den religiösesten Ländern die wichtigste Differenz bei der Moral aus. Um effektiv zu sein, müssen religiöse Normen von der moralischen Gemeinschaft religiöser Freunde und Familienmitgliedern, und politischen Institutionen akzeptiert werden, schließt Dr. Storm.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Manchester, Politics and Religion; Jan. 2016