Ritualpsychologie

Ritualpsychologie

Verhaltenspsychologie

Ritualpsychologie: News und Forschungsartikel, die sich mit der Psychologie bei Ritualen beschäftigen. Rituale sind nach vorgegebenen Regeln ablaufende Handlungen mit hohem Symbolgehalt.

Rituale um Unglück/Pech abzuwehren funktionieren

Eine neue Forschungsstudie behauptet, dass abergläubische, mittelalterliche Praktiken um Unglück, Pech abzuwehren oder einen „Fluch“ rückgängig zu machen, tatsächlich funktionieren.

Auf Holz klopfen; Salz werfen

Rituale wie: auf Holz klopfen, Salz ausspucken oder zu werfen, sind gängige Praktiken sogar unter Leuten, die nicht besonders abergläubisch sind.

Forscher der Universität von Chicago Booth School of Business entdeckten, dass dieser Aberglaube tatsächlich Pech „umkehren“ kann.

Menschen glauben, dass negative Ergebnisse nach einem Unheil, Fluch (negative Voraussage/Vorhersagung) besonders wahrscheinlich sind. Wenn jemand z.B. sagt, „Niemand, den ich kenne, wird jemals in einen Autounfall verwickelt werden“, fühlt es sich an, als ob man das Schicksal herausfordert, und dass ein Autounfall wahrscheinlicher wird.

Besorgnis durch Ritual lösen

Früher klopfte ein Matrose auf das Holz am Mastfuß, um sich über den Zustand des Schiffes zu informieren, bevor er anheuerte.

Aber die stärkere Besorgnis der Menschen, nachdem sie Schicksal/Glück herausgefordert haben, können sie durch ein Ritual auflösen.

Die Forscher weisen darauf hin, dass viele der häufigsten Rituale gegen Pech / Unglück, wie auf Holz klopfen, Salz spucken und werfen, Bewegungen beinhalten, bei denen die Personen etwas von sich wegbewegen oder wegwerfen, und deshalb wollten sie testen, ob die abwehrende/vermeidende Natur der Handlungen der Schlüssel für die Reduzierung der negativen Erwartungen und der stärkeren Sorgen ist.

„Unsere Befunde legen nahe, dass nicht alle Taten/Praktiken, die Unglück verhindern sollen, gleichermaßen wirkungsvoll sind. Stattdessen stellen wir fest, dass Handlungen, die etwas von einem selbst entfernen (bzw. der Repräsentation des Selbst) besonders wirksam sind, die erwarteten negativen Folgen zu reduzieren, die einem „Fluch“ folgen“, sagte Forscherin Jane Risen.

Abwehrendes ‚Vermeidungsverhalten‘

In fünf separaten Versuchen ließen die Forscher ihre Teilnehmer entweder das Schicksal herausfordern oder nicht, um sie dann Handlungen ausführen zu lassen, die entweder „vermeidend“ waren oder nicht.
Das „Vermeidungsverhalten“ beinhaltete abergläubische Aktionen wie auf Holz klopfen, oder nicht-abergläubische Handlungen wie das Werfen eines Balls.

Die Forscher stellten fest: diejenigen, die auf etwas klopften (also von sich weg) oder einen Ball warfen, eher glaubten, dass ein verhextes negatives Ergebnis weniger wahrscheinlich war, als die Teilnehmer, die auf sich klopften oder einen Ball auffingen bzw. hielten.

Darüber hinaus stellten die Forscher fest, dass das Ausführen einer abwehrenden / vermeidenden Handlung, ein weniger lebhaftes mentales Bild des negativen Ereignisses zur Folge hatte…wodurch der Vorgang der Abwendung des Pechs, Fluchs oder Unglücks durch das abergläubische Ritual erklärt wäre.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Chicago Booth School of Business; Okt. 2013

Das schlechte Gewissen wegwaschen?

Ritualpsychologie

Eine neue Studie sagt, dass Sie Ihre Schwierigkeiten wirklich „wegwaschen“ können. Laut Forschern reflektiert die Metapher die Realität, und religiöse Riten wie Taufe etc. machen psychologisch Sinn.

Riten und Rituale helfen, die Psyche zu reinigen

Doktorand und Forscher, Spike W.S. Lee sagt: „Reinigung ist: das Entfernen von Resten, Überbleibseln.“ Durch Waschen der Hände, Duschen, oder sogar nur durch daran denken sich zu reinigen, „können die Leute sich von einem Gefühl der Unmoral, guten oder schlechten Gefühlen, oder Zweifel an einer Entscheidung befreien.

„Die körperliche Erfahrung, physische Reste zu entfernen, kann die Basis liefern, abstrakte geistige Reste zu entfernen.“

Saubere Menschen fühlen sich moralisch überlegen

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Bild: Sich die Hände in Unschuld waschen

Die Forscher entdeckten, dass die Umgebung das Urteil beeinflusst, als sie Personen darum baten, die moralischen Übeltaten von anderen zu beurteilen. Während der Aufgabe betrachteten die Beobachter mit größerer Wahrscheinlichkeit andere Leute als schlechter, wenn sie in einem vernachlässigten (dreckigen) Raum saßen oder schlechtem Geruch ausgesetzt waren, als beim Sitzen in einem sauberen Raum.

In einer anderen Studie baten sie Teilnehmer darum, an eine eigene moralische Übeltat zu denken; sie fühlten sich weniger schuldig nach der Verwendung eines antiseptischen Wischtuchs für die Hände; sie boten sich auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit freiwillig für eine gute Tat an, um diese Schuld zu sühnen.

Außerdem entdeckten die Forscher, dass wenn man sich als „sauber und frisch“ vorstellt oder als „schmutzig und stinkend“, dies die eigenen Urteile über andere beeinflusst. Die „sauberen“ Teilnehmer der einen Studie beurteilten andere nicht nur strenger, sie beurteilten ihre eigene Moral höherwertig als die der anderen.

Zweifel wegwaschen

Sich zu reinigen scheint auch bei anderen geistigen Unbehagen zu helfen, wie bei Zweifeln nach einer Entscheidung.

Um diese Zweifel zu zerstreuen, fühlten sich Leute, die sich für eine von zwei ähnliche Marmeladen entschieden, besser über ihre Auswahl nach der Entscheidung, wenn sie sich rechtfertigen konnten.

Aber, wenn den Leuten ein Handwisch-Tüchlein gegeben wurde, rechtfertigten sie ihre Auswahl nicht mehr: sie hatten ihre Zweifel abgewischt. Seife zu verwenden, zeigte ähnliche Ergebnisse nach einer Pechsträhne im Spiel: nachdem sie sich wuschen, fingen die Teilnehmer mit höheren Wetteinsätzen an, und glaubten, sie hätten ihr Pech „weggespült“.

Aber: man kann auch Positives wegwaschen

Dennoch warnen die Forscher, dass wir nicht daraus schließen können, dass Leute, die sich viel waschen, glücklicher oder zufriedener sind.

„Reinigung entfernt den restlichen Einfluss von früherer Erfahrung“, sagte Lee. Wenn diese Erfahrung positiv wäre, würde sie auch den Abfluss hinunter gehen.

„In der Tat: das Waschen der Hände nach der Erinnerung an eine positive Erfahrung, verringert das warme Gefühl glücklicher Erinnerungen, und lässt den Menschen weniger zufrieden zurück.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Association for Psychological Science, Okt. 2011

Feuerlaufen: Mitleiden der Angehörigen bei Ritual-Schmerzen

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Zuschauen kann Schmerzen bereiten – Das Miterleben ritueller Leiden nahestehender Personen, kann anstrengender und erschöpfender sein, als die extremen Schmerzen selbst zu erfahren, laut Forschern der Victoria University of Wellington.

Thimithi-Ritual

Ron Fischer und Joseph Bulbulia besuchten die Insel Mauritius im Indischen Ozean, um während des jährlichen Hindufests Thimithi-Rituale zu beobachten. Nach 10 Tagen des Fastens und der Gebete kulminiert das Fest in einem langen Umzugs- und Feuerlaufritual.

„Wir waren daran interessiert, die Wirkungen aktiver und passiver Beteiligung am Feuerlaufen zu verstehen“, sagte Fischer.

feuerlauf

Die Teilnehmer gingen, ohne Nahrung und Getränke zu sich zu nehmen, Opfergaben tragend beim Umzug mit. Sie wurden mit Nadeln oder Spießen durchstochen und beendeten dann den Umzug mit dem Lauf über Messerklingen und brennende Kohlen.

Am Ende des Ereignisses verglichen die Forscher das Ausmaß der Freude, der Erschöpfung und der Herzfrequenz der Teilnehmer und der unterstützenden Familienmitglieder. Sie stellten fest, dass die Feuerläufer nach dem Ritual die höchste Zunahme in der Herzfrequenz und des berichteten Glücksgefühls, sowie eine geringere Erschöpfung zeigten.

Dr. Fischer sagt, die Feuerläufer erfuhren ein regelrechtes ‚High‘. Die unterstützenden Familienangehörigen erlebten dies jedoch nicht; sie machten sich jedoch große Sorgen um Wohl und Gesundheit ihrer Familienangehörigen, die sich den Strapazen direkt unterzogen.

Zuschauen kann Schmerzen bereiten

Die Befunde, der in PLOS ONE veröffentlichten Studie, unterstützen die langjährige Theorie, dass die Teilnahme an extremen, schmerzhaften Ritualen prosoziales Verhalten und Einstellungen stärkt.

Obwohl die Studie auf die kleine Insel Mauritius beschränkt war, sagt Dr. Fischer, haben die Ergebnisse weitreichende Bedeutungen. Zum Beispiel, helfen die Ergebnisse zu verstehen, warum die Berichte der Medien über traumatische Ereignisse mehr unerwartete Auswirkungen auf entfernte Zuschauer haben können als auf die Menschen, die beim Ereignis zugegen waren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Victoria University / PLoS ONE, März 2014

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