Reichtum, wohlhabend sein (Psychologie)

Reichtum, wohlhabend sein (Psychologie)

Psychologie-Lexikon – Wirtschaftspsychologie

Schenken reiche, wohlhabendere Menschen anderen tatsächlich weniger Beachtung?

03.11.2016 Eine im Wissenschaftsjournal Psychological Science veröffentlichte Studie der New York Universität untersuchte, ob die sozioökonomische Klasse (also wie wohlhabend bzw. reich man ist) einen Einfluss darauf hat, wieviel Aufmerksamkeit man anderen Menschen schenkt.

Beachtung anderer Menschen

Im ersten Experiment gingen die Teilnehmer mit einer Google-Brille eine Stadt entlang. Den Probanden wurde erzählt, dass lediglich die neue Technologie erprobt werden sollte, doch zeichneten die Forscher dabei auf, wie lange sich die Freiwilligen auf bestimmte Gegenstände oder Menschen fokussierten.

arm - reich
Bild: Gerd Altmann

Es stellte sich heraus, dass wohlhabendere Personen ihren Blick tendentiell kürzer auf andere Personen richteten als Teilnehmer aus einer niedrigeren ökonomischen Klasse.

In einem zweiten Experiment sollten andere Teilnehmer Bilder von Personen (aufgenommen mit Google Maps Street View) auf einem Computermonitor betrachten, wobei ihre Augenbewegungen aufgezeichnet wurden.

Wiederum verbrachten die wohlhabenderen Teilnehmer weniger Zeit mit dem Ansehen der abgebildeten Personen auf dem Bildschirm.

Gesichtswahrnehmung

In einem dritten Versuch wurde den Probanden zwei Bilder mit ähnlichen Objekten und Gesichtern gezeigt. Beide Bilder flackerten zwischen einander hin und her bis der Betrachter anzeigte, dass er oder sie einen Unterschied zwischen ihnen bemerkt hatte.

Die reicheren Teilnehmer bemerkten mit geringerer Wahrscheinlichkeit einen Unterschied zwischen den Gesichtern, konnten aber genauso gut einen Unterschied zwischen den Gegenständen feststellen wie die finanziell schlechter gestellten.

Alle Studien hatten unterschiedliche Teilnehmer, schreiben die Studienautoren Pia Dietze und Eric D. Knowles vom Fachbereich für Psychologie.

Erklärungsversuch

Die Forscher nehmen an, dass Menschen andere eher in Bezug darauf betrachten, wie groß der mögliche Einfluss dieser Personen auf das eigene Leben sein könnte: im positiven oder negativen Sinne.

Die Reichen, sagten die Wissenschaftler, sehen andere Menschen eher weniger imstande, ihr Leben zu beeinflussen und verbringen deshalb unbewusst weniger Zeit damit sie anzuschauen.

Mangel an zwischenmenschlichen Fähigkeiten

Doch diese Studie ist nicht die einzige, die den Mangel an zwischenmenschlichen Fähigkeiten bei Wohlhabenderen zeigt. Psychologische Studien konnten bereits demonstrieren, dass reiche Leute

  • eher Probleme haben, sich auf Fremde einzulassen, als ihre ärmeren Pendants;
  • größere Probleme haben, die Emotionen anderer zu lesen;
  • weniger empathetisch sind und
  • weniger stark auf die Leiden anderer reagieren.

Ökonomisch reichere Personen sind aber auch nicht unbedingt glücklicher oder zufriedener als ärmere Menschen, sagten die Psychologen; dies sei eher davon abhängig, wie sehr jemand respektiert oder von seinesgleichen akzeptiert bzw. bewundert wird.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: New York Universität, Psychological Science – doi: 10.1177/0956797616667721; Nov. 2016

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