Untersuchung quantitativer und qualitativer Geschlechtseffekte in einer nationalen schwedischen Zwillingsgeschwisterstudie zur posttraumatischen Belastungsstörung
09.06.2024 Bei Frauen ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) doppelt so hoch wie bei Männern, aber die hierfür verantwortlichen Faktoren sind noch weitgehend ungeklärt. Ein Forscherteam unter der Leitung der Virginia Commonwealth University und der Universität Lund in Schweden hat die bisher größte Zwillingsgeschwisterstudie zu PTBS im Hinblick darauf durchgeführt, welche Rolle die Genetik spielt.
Ihre im American Journal of Psychiatry veröffentlichten Ergebnisse zeigen erstmals, dass Frauen ein höheres genetisches Risiko für die Störung haben als Männer.
Durch die Analyse von Gesundheitsdaten von über 16.000 Zwillingspaaren und 376.000 Geschwisterpaaren fand das Forscherteam heraus, dass die Erblichkeit für PTBS bei Frauen (35,4 %) um 7 Prozentpunkte höher ist als bei Männern (28,6 %). Sie fanden auch Hinweise darauf, dass die Gene, die das vererbbare Risiko für PTBS ausmachen, zwischen den beiden Geschlechtern variieren.
Laut den Forschern könnten ihre Ergebnisse als Grundlage für Strategien zur Prävention und Intervention von PTBS nach einem traumatischen Ereignis dienen und dazu beitragen, Stigmata im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit von Frauen abzubauen.
„Frauen haben ein höheres Risiko für die Entwicklung einer PTBS als Männer, selbst wenn man die Art des Traumas, das Einkommensniveau, die soziale Unterstützung und andere Umweltfaktoren berücksichtigt. Einige der Theorien, warum das so ist, sind offen gesagt nicht sehr frauenfreundlich, wie z. B. die Zuschreibung des Geschlechtsunterschieds als Schwäche oder mangelnde Fähigkeit zur Bewältigung“, sagte Dr. Ananda B. Amstadter, Professorin für Psychiatrie und Human- und Molekulargenetik der VCU School of Medicine und Hauptautorin der Studie.
Für dieses Projekt untersuchte das Forscherteam anonymisierte klinische Daten aus schwedischen bevölkerungsbezogenen Registern. Ihre Analyse umfasste mehr als 400.000 Zwillings- oder Geschwisterpaare, die zwischen 1955 und 1980 im Abstand von bis zu zwei Jahren in Schweden geboren wurden. Studien an Zwillingen und Geschwistern können aufgrund ihrer genetischen Ähnlichkeiten den Forschern helfen festzustellen, wie die Gene einer Person ihr Risiko für psychische Erkrankungen beeinflussen.
Ihre Modelle zeigten auch, dass die Gene, die mit PTBS in Verbindung gebracht werden, zwar hoch korreliert sind (0,81), aber bei Männern und Frauen nicht vollständig übereinstimmen. Dies deutet darauf hin, dass die genetischen Grundlagen von Sexualhormonen wie Testosteron, Östrogen und Progesteron an der Entwicklung einer PTBS beteiligt sein könnten.
© Psylex.de – Quellenangabe: American Journal of Psychiatry (2024). DOI: 10.1176/appi.ajp.20230104