Pupillen zeigen „Aphantasie“ – das Fehlen visueller Vorstellungskraft

Die Pupillen-Lichtreaktion als physiologischer Index für Aphantasie, sensorische und phänomenologische Imaginationsstärke

Pupillen zeigen „Aphantasie“ – das Fehlen visueller Vorstellungskraft

20.04.2022 Eine von Forschern der University of New South Wales geleitete und in eLife veröffentlichte Studie ergab, dass die Pupillen von Menschen mit Aphantasie (auch Afantasie geschrieben) nicht reagierten, wenn sie sich dunkle und helle Objekte vorstellen sollten; bei Menschen ohne Aphantasie reagieren die Pupillen.

Um zunächst den Pupillenreflex von Menschen ohne Aphantasie zu messen, suchten die Forscher 42 Studienteilnehmer, die nach eigenen Angaben eine visuelle Vorstellungskraft haben, und setzten ihnen eine Brille auf, um ihre Augenbewegungen und Pupillengrößen zu verfolgen.

Pupillenreflex auch bei Imagination bei Nicht-Aphasikern

Die Teilnehmer wurden dann hellen oder dunklen Formen vor einem grauen Hintergrund ausgesetzt, was vorhersehbar eine Pupillenverengung als Reaktion auf helle Formen (vergleichbar mit dem Blick in einen hellen Himmel) und eine Pupillenerweiterung als Reaktion auf dunkle Formen (nach dem Ausschalten des Lichts) hervorrief.

Um die visuelle Vorstellungskraft – die Fähigkeit des Gehirns, Objekte zu visualisieren – zu testen, sollten die Teilnehmer anschließend sich dieselben hellen oder dunklen Formen einfach vorstellen (mit offenen Augen, damit die Pupillen verfolgt werden konnten) und anschließend die „Lebendigkeit“ dieser Vorstellung bewerten.

Die Forscher fanden heraus, dass sich die Pupillen der Teilnehmer auch bei der Vorstellung von hellen und dunklen Formen entsprechend verengten und erweiterten, wobei die Pupillenreaktion bei denjenigen, die eine lebhaftere Vorstellung hatten, größer war.

„Der Pupillenreflex ist eine Anpassung, mit der die Lichtmenge, die auf die Netzhaut trifft, optimiert wird“, sagt Professor Joel Pearson, Hauptautor der Studie. „Es war zwar bereits bekannt, dass die Imagination von Objekten sogenannte ‚endogene‘ Veränderungen der Pupillengröße hervorrufen kann, aber wir waren überrascht, dass die Veränderungen bei denjenigen, die über lebhaftere Bilder berichteten, noch dramatischer waren. Dies ist wirklich der erste biologische, objektive Test für die Lebendigkeit von Bildern“.

Test auf mangelnde Vorstellungskraft

Nachdem der Zusammenhang zwischen visuellen Bildern und der Pupillenreaktion festgestellt worden war, versuchten die Forscher schließlich, die Wirkung bei Menschen mit Aphantasie zu testen. Die Forscher wiederholten die Studie mit 18 Teilnehmern, die nach eigenen Angaben an Aphantasie litten.

Als sie die Teilnehmer hellen und dunklen Formen aussetzten, stellten die Forscher fest, dass Aphantasiker dieselbe Pupillenreaktion zeigten wie die Allgemeinbevölkerung: Verengung bei Helligkeit, Erweiterung bei Dunkelheit.

In der zweiten Komponente der Studie, in der die Teilnehmer dieselben Formen visualisieren sollten, unterschied sich die Pupillenreaktion der Aphantasiker jedoch nicht signifikant von der Reaktion auf imaginierte dunkle und imaginierte helle Objekte.

Pupillenweitung bei schwierigeren Aufgaben

Um sicherzustellen, dass die Teilnehmer mit Aphantasie auch wirklich versuchten, sich Objekte vorzustellen, baten die Forscher die Teilnehmer mit Aphantasie in einer weiteren Versuchsbedingung, sich vier Formen vorzustellen, anstatt einer.

Während die Pupillen der Aphantasiker keinen Unterschied zeigten, wenn sie sich helle oder dunkle Objekte vorstellten, zeigten sie einen Unterschied, wenn sie sich ein Objekt im Vergleich zu vier Objekten vorstellten, was auf eine größere geistige Anstrengung hindeutet und somit eine Erklärung für die Nichtbeteiligung der Aphantasiker widerlegt.

„Es ist bekannt, dass unsere Pupillen größer werden, wenn wir eine schwierigere Aufgabe lösen“, sagt Koautor Lachlan Kay. „Sich vier Objekte gleichzeitig vorzustellen, ist schwieriger als sich nur eines vorzustellen.“

Die Pupillen der Teilnehmer mit Aphantasie weiteten sich, wenn sie sich vier Formen vorstellten, im Vergleich zu einer einzigen, aber sie veränderten sich in Abhängigkeit davon, ob die Formen hell oder dunkel waren. Dies deutet darauf hin, dass die Teilnehmer mit Aphantasie in diesem Experiment tatsächlich versuchten, sich etwas vorzustellen, nur nicht auf visuelle Weise.

© Psylex.de – Quellenangabe: eLife (2022). DOI: 10.7554/eLife.72484

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