„Loosening of Associations“: Desorganisation semantischer Hirnnetzwerke bei Schizophrenie durch fMRT aufgedeckt
18.01.2023 In einer im Schizophrenia Bulletin veröffentlichten Studie haben Forscher der Tokyo Medical and Dental University (TMDU) herausgefunden, dass sich die semantischen Netzwerke im Gehirn von Schizophreniepatienten stark von denen gesunder Menschen unterscheiden.
Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die in der Regel mit Wahnvorstellungen, Halluzinationen und inkohärentem Sprechen und Verhalten einhergeht. Das Hauptmerkmal der Krankheit ist die „loosening of associations“ („Lockerung der Assoziationen“; assoziative Lockerung bzw. Assoziationslockerung genannt) zwischen Vorstellungen/Ideen/Gedanken, wodurch die Denkprozesse der Patienten gestört werden. Nun haben Forscher aus Japan versucht, die strukturellen Merkmale der semantischen Netzwerke im Gehirn zu untersuchen, die die Denkstörungen bei Schizophrenie widerspiegeln.
Semantische Repräsentationen einzelner Wörter im Gehirn
Die semantische Verarbeitung scheint bei Patienten mit Schizophrenie aufgrund der funktionellen Unterbrechung zwischen Neuronen beeinträchtigt zu sein. Um diese Pathologie zu charakterisieren, untersuchten Forscher der TMDU die Gehirnaktivität von 14 Patienten mit Schizophrenie und 17 gesunden Personen. Alle Teilnehmer unterzogen sich einer funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), während sie tonlose Farbfilme ansahen.
„Dank der fMRT, die die Hirnaktivität und die Sprachverarbeitungstechniken zeigt, ist es jetzt möglich, die semantischen Repräsentationen einzelner Wörter im Gehirn quantitativ zu bewerten“, sagt Erstautor Hidehiko Takahashi. Um die Unterschiede in den Eigenschaften des Gehirns zu verstehen, analysierte das Team eine groß angelegte Konnektivitätsstruktur neuronaler Repräsentationen oder ein „semantisches Gehirnnetzwerk“ mit Hilfe der Netzwerkanalyse oder Graphentheorie, die sich mit den mathematischen Eigenschaften solcher Graphen beschäftigt.
Semantische Netze von Schizophrenen modular mit unterschiedlichen Kategorien, desorganisiert und zufällig
Das Team fand heraus, dass die semantischen Netze im Gehirn gesunder Menschen ähnlich wie bei natürlichen Sprachen eine kleine Welt aufweisen, d. h. die Konzepte sind in spezifischen semantischen Domänen organisiert und global miteinander verbunden, was kohärentes Denken und Sprechen ermöglicht. Im Gegensatz dazu waren die semantischen Netze von Schizophrenie-Patienten hochgradig modular mit unterschiedlichen Kategorien, und die Struktur innerhalb jeder Kategorie war desorganisiert und zufällig. Diese Beeinträchtigungen der Semantik und der Assoziationen tragen zu Denkstörungen, einschließlich Wahnvorstellungen, bei.
Diese Studie lieferte Belege für die „Assoziationslockerung“, die bei Patienten mit Schizophrenie beobachtet wird. Dieser neue Ansatz kann uns helfen zu verstehen, wie das Gehirn von Patienten mit Schizophrenie oder einer anderen Denkstörung die Welt wahrnimmt, schreiben die Wissenschaftler. Er kann sogar zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden für psychiatrische Erkrankungen beitragen.
© Psylex.de – Quellenangabe: Schizophrenia Bulletin – DOI: 10.1093/schbul/sbac157