COVID-19 und psychische Erkrankungen

Psychisch Erkrankte besonders gefährdet: Erforschung der Folgen der COVID-19-Pandemie für die psychische Gesundheit

24.04.2020 Eine in The Lancet Psychiatry veröffentlichte Forschungsarbeit beleuchtet mögliche Folgen der Behandlung von COVID-19 für die psychische Gesundheit bzw. die Entstehung von psychischen Erkrankungen.

Emily A. Holmes von der Universität Uppsala in Schweden und Kollegen untersuchten die psychologischen, sozialen und neuropsychologischen Auswirkungen von COVID-19 und legten Prioritäten und Strategien für die wissenschaftliche Forschung im Bereich der psychischen Gesundheit dar.

Die Ergebnisse zu den Zusammenhängen zwischen psychischen Erkrankungen und der Behandlung von mit dem Coronavirus infizierten Patienten stützten sich teilweise auf zwei Umfragen.

Sorgen hinsichtlich psychischer Gesundheit / Wohlbefinden


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In der einen wurden Daten von 2.198 Personen zu ihren beiden größten Sorgen hinsichtlich der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden sowie zu den von ihnen angewandten Bewältigungsstrategien gesammelt.

Die zweite sammelte Daten von 1.099 Erwachsenen über ihre Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von COVID-19 auf das psychische Wohlbefinden.

Die Forscher stellen fest, dass in der ersten Umfrage 4.350 Sorgen festgehalten wurden, was auf erhebliche Bedenken hinsichtlich der psychischen Gesundheit hinweist.

Sie schreiben weiter, dass die sozioökonomischen Auswirkungen der zur Bewältigung der Pandemie angewandten Politik und die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit untersucht werden müssen, um den Umgang mit COVID-19 verbessern zu können.

Psychisch Erkrankte besonders gefährdet

Zu den unmittelbaren Forschungsprioritäten sollten die Überwachung und Meldung von psychischen Erkrankungen wie Angstzustände bzw. Angststörungen, Depressionen, Selbstverletzungen, Suizid und andere Probleme bzw. Störungen der psychischen Gesundheit sein.

Dies sollte in der Allgemeinbevölkerung und in gefährdeten Gruppen (eben besonders bei psychisch Kranken) umgesetzt werden. Die optimale Struktur eines psychisch gesunden Lebens muss für Personen, die mit COVID-19 leben, erarbeitet werden und je nach Hintergrund und individuellen Umständen variieren, schreiben die Wissenschaftler.

Die Regierungen müssen evidenzbasierte Wege finden, um die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften zu stärken und Wege finden, wie Menschen mit psychischen Erkrankungen aus der Ferne behandelt werden können, um diese Pandemie in guter psychischer Gesundheit zu überstehen, sagte Holmes.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: The Lancet Psychiatry – DOI:https://doi.org/10.1016/S2215-0366(20)30168-1

COVID-19-verknüpfte Todesfälle im Krankenhaus sind bei Patienten mit psychiatrischer Diagnose erhöht

01.10.2020 Patienten, die zuvor mit einer psychischen Krankheit diagnostiziert wurden, haben ein erhöhtes Risiko für einen COVID-19-verknüpften Tod im Krankenhaus laut einer in JAMA Network Open veröffentlichten Studie.

Dr. Luming Li von der Yale University School of Medicine in New Haven, Connecticut, und Kollegen führten eine Kohortenstudie durch, um den Zusammenhang zwischen einer früheren psychiatrischen Diagnose und der COVID-19-bedingten Mortalität (Sterblichkeit) zu untersuchen.

Die Daten wurden für alle Fälle berücksichtigt, in denen zwischen dem 15. Februar und dem 25. April 2020 COVID-19-positive Patienten im Krankenhaus behandelt wurden, mit Nachuntersuchungen bis zum 27. Mai 2020.

Die Forscher fanden heraus, dass 28 Prozent der 1.685 in die Studie eingeschlossenen Patienten vor dem Krankenhausaufenthalt eine Diagnose einer psychischen Erkrankung erhalten hatten.

Patienten mit psychiatrischen Diagnosen waren mit größerer Wahrscheinlichkeit weiblich, weiß und nicht-spanisch, wiesen medizinische Komorbiditäten auf und waren deutlich älter.

Vergleich der Sterblichkeitsraten

Insgesamt starben 18,9 Prozent der Patienten. Die Sterblichkeitsrate war bei Patienten mit einer psychischen Störung höher gegenüber Patienten ohne psychiatrischer Diagnose (35,7 gegenüber 14,7 Prozent bei der Zwei-Wochen-Mortalität und 40,9 gegenüber 22,2 Prozent bei der Drei-Wochen-Mortalität).

Das Risiko eines Todes im Krankenhaus im Zusammenhang mit COVID-19 war bei Patienten mit einer psychiatrischen Diagnose im unbereinigten Modell höher (Hazard Ratio 2,3; also 2,3 mal höher); das Sterberisiko blieb bei Patienten mit einer psychischen Krankheit nach Kontrolle der demographischen Merkmale, anderer medizinischer Komorbiditäten und des Krankenhausstandorts signifikant höher (Hazard Ratio 1,5).

Es ist unklar, warum psychische Erkrankungen für eine COVID-19-verknüpfte Mortalität prädisponieren, schreiben die Autoren. Psychiatrische Symptome können als Marker für systemische pathophysiologische Prozesse, wie Entzündungen, auftreten, die wiederum zur Sterblichkeit prädisponieren können, vermuten die Autoren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: JAMA Netw Open. 2020;3(9):e2023282. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.23282

Erhöhtes Sterberisiko in der Corona-Pandemie für Menschen mit schweren psychischen Störungen

04.02.2021 Menschen mit schweren psychischen Störungen haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an COVID-19 zu sterben. Dies hat eine neue Studie der Universität Umeå und des Karolinska Institutet in Schweden gezeigt.

Bei älteren Menschen war der Anteil der Todesfälle aufgrund von COVID-19 bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen fast viermal so hoch wie bei nicht psychisch kranken Menschen im gleichen Alter.

Übersterblichkeit durch COVID-19

Wir sehen eine hohe Übersterblichkeit durch COVID-19 bei älteren Menschen mit schweren psychischen Störungen, was uns zu der Überlegung veranlasst, ob diese Gruppe bei Impfstoffen Priorität haben sollte, sagt Studienautor Martin Maripuu von der Universität Umeå.

In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher Daten der gesamten schwedischen Bevölkerung über 20 Jahre im Zeitraum vom 11. März bis 15. Juni 2020. Unter den Bürgern mit schwerer psychischer Erkrankung starben in diesem Zeitraum 130 Menschen an COVID-19, was 0,1 Prozent der Gruppe entsprach. Bei den Menschen, bei denen keine schwere psychische Erkrankung diagnostiziert wurde, war die Sterblichkeitsrate mit 0,06 Prozent fast halb so hoch.

Sterblichkeit besonders hoch unter älteren COVID-19-Patienten mit psychischen Erkrankungen

Vor allem nach dem 60. Lebensjahr wiesen Menschen mit schweren psychischen Störungen eine höhere Übersterblichkeit auf als die Allgemeinbevölkerung des gleichen Alters. In der Altersgruppe 60-79 Jahre war der Tod durch COVID-19 bei Menschen mit einer schweren psychischen Störung fast viermal so häufig.

Als schwere psychische Störung wurden in der Studie psychotische Störungen wie Schizophrenie und bipolare Störung definiert. Die Studie schloss Depressionen oder Angststörungen nicht ein, obwohl diese Erkrankungen ebenfalls schwerwiegend sein können.

Mögliche Ursachen

Auf die Frage, was genau die Ursache für die erhöhte Sterblichkeit durch eine Corona-Infektion bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ist, gibt die Studie selbst keine Antwort.

Es könnte sein, dass schwere psychische Störungen zu einer vorzeitigen biologischen Alterung führen, dass die Krankheit die Gesundheit und das Immunsystem generell beeinträchtigt, oder dass diese Gruppe andere Risikofaktoren wie Fettleibigkeit aufweist. Es ist immer wichtig, sowohl die psychischen als auch die physischen Gesundheitsprobleme von Menschen mit diesen Störungen anzugehen, sagt Martin Maripuu.

Insgesamt bildeten fast acht Millionen Personen die Grundlage für die Studie. Die Forschungsarbeit ist in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychiatry veröffentlicht worden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Frontiers in Psychiatry (2021). DOI: 10.3389/fpsyt.2020.609579

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