- Risikofaktor für Depression kann ‚ansteckend‘ sein
- Gute Laune ist ansteckend – Depression nicht
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Risikofaktor für Depression kann ‚ansteckend‘ sein
24.04.2013 Eine neue Studie mit Studenten (und deren Zimmergenossen) zeigt, dass eine besonderere Art zu denken, die Menschen gegenüber einer Depression anfälliger macht, tatsächlich auf andere „abfärben“ kann (wobei sich ihre Depressionssymptome sechs Monate später steigerten).
Die Forschung der Psychologen Gerald Haeffel und Jennifer Hames von der Universität Notre Dame,USA, zeigt, dass Menschen, die negativ auf stressende Lebensumstände reagieren und die Ereignisse als Resultat von Faktoren interpretieren, die sie nicht ändern können, und als Reflektion ihrer eigenen Unzulänglichkeit, anfälliger für Depressionen sind.
Starker Risikofaktor für Depression
Diese „kognitive Anfälligkeit“ ist solch ein starker Risikofaktor für Depression, dass mit ihm vorhergesagt werden kann, ob der Betroffene zukünftig eine depressive Episode erfahren wird, selbst wenn er oder sie noch nie zuvor eine depressive Episode erlebt hat.
Individuelle Unterschiede bei dieser kognitiven Anfälligkeit scheinen sich im frühen Jugendalter zu festigen und bleiben im Erwachsenenalter stabil, aber Haeffel und Hames sagen, dass diese Anfälligkeit sich unter bestimmten Umständen flexibel verhalten kann.
Die Forscher nehmen an, dass diese kognitive Anfälligkeit während größerer Lebensveränderungen „ansteckend“ ist, wenn sich unser soziales Umfeld verändert. Sie testeten ihre Hypothese mit 103 einander zufällig zugeteilten Zimmergenossen, die alle grad ihr Studium begonnen hatten.
Die Studenten beantworteten Fragebögen, die ihre kognitive Anfälligkeit gegenüber Depressionen und ihre depressiven Symptome maßen zu Beginn des Studiums, sowie drei und sechs Monate später; sie wurden auch hinsichtlich ihrer stressenden Lebensereignisse beurteilt.
Kognitive Einstellung ist ansteckend
Die Ergebnisse ergaben, dass Studienanfänger, die zufällig einem Zimmergenossen mit einem hohen Niveau kognitiver Anfälligkeit zugeteilt wurden, wahrscheinlicher vom kognitiven Stil ihres Zimmergenossen ‚angesteckt‘ wurden und ein stärkeres Maß kognitiver Anfälligkeit entwickelten, als jene, die Zimmergenossen zugeteilt wurden, die eine geringere kognitive Anfälligkeit gegenüber Depressionen hatten; diese zeigten eine Verminderung des eigenen Niveaus. Die Wirkung der Ansteckung war nach drei und sechs Monaten signifikant.
Änderungen in der kognitiven Anfälligkeit bewirkten ein erhöhtes Risiko für zukünftige depressive Symptome: Studenten, die in den ersten drei Monaten eine Zunahme kognitiver Anfälligkeit zeigten, hatten fast ein doppelt so hohes Niveau bei depressiven Symptomen nach sechs Monaten als jene, die nicht eine solche Zunahme gezeigt hatten.
Intervention bei kognitiver ‚Ansteckungsgefahr‘
Die Befunde liefern bemerkenswerte Belege für die ansteckende Wirkung, was die Anfangshypothese der Forscher bestätigt.
Auf Grundlage dieser Befunde schlagen Haeffel und Hames vor, dass man sich diese ansteckende Wirkung auch zunutze machen kann bei der Behandlung der Depression:
Würde man kognitiv anfällige Individuen mit Menschen umgeben, die einen kognitiv gesünderen, adaptiven Stil leben, könnte dieses wiederum ansteckend sein oder zumindest eine kognitive Therapie unterstützen.
Quelle: Universität Notre Dame, April 2013
Gute Laune ist ansteckend – Depression nicht
20.08.2015 Eine aktuelle in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society veröffentlichte Studie sagt, dass fröhliche Freunde Depression bekämpfen können.
Forscher der Universitäten von Manchester und Warwick haben herausgefunden, dass sich eine positive Stimmung ausbreiten kann, depressive Stimmung kann das nicht. (Eine frühere Studie kommt zu einem anderen Schluss
zum Artikel.)
Stigma Depression
Dies würde bedeuten, dass depressive Freunde keine Gefahr für die eigene Stimmung bedeuten, und dass depressiven Menschen geholfen werden kann, wenn sie sich mit gut gelaunten Menschen umgeben. Dies ist wichtig, denn depressiv zu sein, wird stigmatisiert, sagen die Forscher.
Bild: Jeniffer, Wai Ting Tan
Es gibt soziale Faktoren – wie allein leben oder Missbrauch in der Kindheit – die beeinflussen, ob jemand depressiv wird, sagt Studienautor Dr. Thomas House. „Wir wissen auch, dass soziale Unterstützung für die Erholung von einer Depression wichtig ist, z.B. wenn man Menschen hat, mit denen man reden kann.“
Für die Studie sahen sich die Forscher mehr als 2.000 Jugendliche in einem Netzwerk US-amerikanischer High-Schoolstudenten an, um anhand eines Computer-Modells für infektiöse Krankheiten zu untersuchen, wie deren Stimmungen sich gegenseitig beeinflussten.
Tatsächlich soll sich nach den Resultaten Depression nicht ‚ausbreiten“, die gute Stimmung aber schon.
Mathematische Wahrscheinlichkeiten
Hat man genug Freunde mit einer positiven Stimmung, soll sich die Wahrscheinlichkeit halbieren, eine Depression zu entwickeln bzw. verdoppeln, sich von einer Depreesion innerhalb von 6 – 12 Monaten zu erholen.
Laut dem mathematischen Modell werden 5 oder mehr mental gesunde Freunde benötigt, um die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Depression zu halbieren (im Vergleich zu Jugendlichen, die keine Freunde haben). Und Heranwachsende mit 10 psychisch gesunden Freunden verdoppeln ihre Wahrscheinlichkeit sich von ihrer Depression zu erholen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universitäten Manchester, Warwick; Proceedings of the Royal Society; August 2015