Psychisch gesund durch Tempelarbeit
Die ganz gewöhnliche Arbeit in einem Tempel kann psychische Beschwerden lindern und sogar heilen. Allein die ruhige Atmosphäre kann eine Verbesserung bewirken, die sich mit dem Effekt von Psychopharmaka oder der Wirkung von Psychotherapien messen lassen kann bzw. diese übertrifft.
Indische und Schweizer Psychiater um Jayashree Ramakrishna (u.a. vom Nationalen Institut für Mentale Gesundheit in Bangalore) hatten psychisch kranke Menschen, die zur Linderung ihrer psychischen Störungen im Sommer 2000 den Tempel von Muthuswamy in Süd-Indien aufsuchten, mit üblichen Diagnose-Tests für psychische Erkrankungen untersucht und bewertet. Es wurden 31 Menschen vor und nach dem Aufenthalt untersucht. Nach Auswerung der Tests hatten 23 Menschen eine paranoide Schizophrenie, sechs mit Wahnvorstellungen und zwei waren manisch-depressiv.
Nach sechs Wochen im Tempel gingen die psychischen Störungen laut Testungen um beinahe 20 Prozent zurück. Am Ende ihres Aufenthaltes bei den Hindu-Mönchen verbesserten sich die Werte des so genannten „Brief-psychiatric-rating-scale“-Tests um 20 Prozent.
Der Test erhebt 18 psychotische Symptome auf einer Sieben-Punkte-Skala. Weiterhin wurden Selbsteinschätzungs-Tests von den Betroffenen ausgeführt, die ebenfalls positiv resultierten. Auch die Familienangehörigen bewerteten den Zustand der Patienten als positiver. Monatelange Einnahme von Psychopharmaka erbringen ähnliche Ergebnisse (wiewohl natürlich die Nebenwirkungen und die Einbuße an Lebensqualität durch die Psychopharmaka nicht vergessen werden dürfen).
Keine Behandlung, keine Therapie
Die Patienten wurden nicht speziell behandelt, es gab keine Psychotherapie, und sie nahmen auch nicht an Ritualen oder Zeremonien teil. Sie sprachen allein nur ein 15-minütiges Morgengebet und verbrachten den Rest des Tages mit Gartenarbeit.
Studienleiter Ramanathan Raguram führt den Erfolg des Aufenthalts für die Psyche der Kranken auf einen sehr einfachen Umstand zurück. Den Patienten wurde lediglich eine Umwelt ohne Bedrohung geboten, so Raguram. In der Geschichte der indischen Psychologie sei dies der Hauptgrund gewesen, warum Tempel als Zufluchtsstätten für psychisch Kranke gebaut wurden, führte er weiter aus. Menschen aller Glaubensrichtungen besuchen noch heute diese religiösen Orte, um psychische Probleme zu lindern.
(Quelle: British Medical Journal 2002)
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Ansatz wird nicht weiter verfolgt? Obwohl diese Forschungen so ermutigende Ergebnisse zeigen, findet man keinerlei Ansätze dieses weiter zu erforschen. Stattdessen werden immer mehr Psychopharmaka auf den Markt geschwemmt.