Stressniveau bleibt mit oder ohne Deadline gleich

Sympathikusaktivierung bei Deadlines in der Schreibtisch-Forschung

Stressniveau bleibt mit oder ohne Deadline gleich

25.04.2023 Deadlines (Fristen, Abgabetermine) sind ein fester Bestandteil der modernen Wissensgesellschaft. Journalisten müssen ihre wöchentlichen Kolumnen abliefern, Manager müssen ihre Monatsberichte abgeben und Forscher müssen ihre Arbeiten und Vorschläge rechtzeitig einreichen. Obwohl sie allgegenwärtig sind, rufen Fristen negative Gefühle hervor und werden als belastende Ereignisse wahrgenommen. Dementsprechend gibt es einen Trend zur Abschaffung von Deadlines, wo immer dies möglich ist.

Forscher der University of Houston, der Texas A&M und des Polytechnikums Mailand gingen der Kernfrage nach: „Führt Forschungsarbeit in der Nähe von Deadlines zu einer höheren sympathischen Belastung als solche Wissensarbeit außerhalb von Deadlines?“ Die sympathische Aktivierung ist ein physiologischer Erregungszustand, der anzeigt, wie sehr der Mensch „unter Strom steht“, und der oft zu Stress führt. Aus diesem Grund sollten Intensität und Dauer der Aktivierung in Grenzen gehalten werden, so die Forscher.

Im Rahmen eines von der Institution genehmigten ethischen Protokolls wurden 10 Forscher, die ihre Zustimmung gegeben hatten, während ihrer Arbeit im Büro an zwei Tagen vor einem kritischen Abgabetermin und an zwei weiteren Tagen ohne einen solchen Termin beobachtet. Miniaturkameras wurden im Büro der Forscher angebracht, um unauffällig ihre Gesichtsphysiologie und Mimik sowie ihre Bewegungen während des Arbeitstages aufzuzeichnen. Die Sympathikusaktivierung der Teilnehmer wurde sekündlich durch die Quantifizierung der aufgezeichneten perinasalen Transpiration gemessen.

Einflussfaktoren bei der Sympathikusaktivierung

Durch die Anwendung fortschrittlicher Datenmodellierung auf Hunderte von Stunden an Datenaufzeichnungen fand das Team heraus, dass Forscher während der Arbeit eine hohe Sympathikusaktivierung erfahren, was für die anspruchsvolle Natur des Forschungsberufs spricht. Überraschenderweise blieb diese hohe Sympathikus-Aktivierung mit und ohne Deadlines in etwa gleich.

Die einzigen Faktoren, die die Aktivierung des Sympathikus verschlimmerten, waren die intensive Nutzung von Smartphones und das häufige Lesen/Schreiben. Der erste Faktor ist eine Manifestation der auf Gadgets basierenden Suchttrends, die das menschliche Verhalten insgesamt verändert haben. Der zweite Faktor ist integraler Bestandteil der Forschungsarbeit und daher unvermeidlich.

Regulation der Sympathikusaktivierung

Glücklicherweise scheinen die Forscher jedoch den Anstieg ihrer Sympathikusaktivierung selbst zu regulieren, indem sie die Häufigkeit der körperlichen Pausen instinktiv anpassen. Es wurde festgestellt, dass die Forscher im Durchschnitt alle zwei Stunden eine körperliche Pause einlegen. Ausgehend von diesem Ausgangswert zeigte die Datenanalyse, dass sich die Pausenhäufigkeit bei einem Anstieg der Sympathikusaktivierung um 50 % fast verdoppelt, was die Grenzen der kognitiven Arbeit unter zunehmendem Stress aufzeigt.

„Unsere realitätsnahe Studie gibt nicht nur neue Einblicke in das Verhalten von Forschern, sondern stellt auch einige vorherrschende Ansichten über Fristen in Frage“, schließt Studienautor Ioannis Pavlidis.

© Psylex.de – Quellenangabe: CHI EA ’23: Extended Abstracts of the 2023 CHI Conference on Human Factors in Computing SystemsApril 2023 Article No.: 265Pages 1–8 https://doi.org/10.1145/3544549.3585585

Ähnliche Artikel / News / Themen

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


Aus Lesbarkeitsgründen bitte Punkt und Komma nicht vergessen. Vermeiden Sie unangemessene Sprache, Werbung, themenfremde Inhalte. Danke.