Depression und Suizid

Schwankungen des Suizidrisikos und der Risikofaktoren nach einem Krankenhausaufenthalt wegen Depressionen

Depression und Suizid

21.02.2024 Eine fortgesetzte Behandlung ist wichtig, da für Menschen mit Depressionen in den ersten drei Tagen nach der Einweisung in eine psychiatrische Klinik ein Suizidrisiko besteht. Das Selbstmordrisiko wird durch den Schweregrad der Depression und frühere Suizidtendenzen beeinflusst.

Bei Patienten mit Depressionen ist das Suizidrisiko in den ersten drei Tagen nach der Einweisung in eine psychiatrische Klinik am höchsten. Das Risiko ist 330-mal so hoch wie bei der übrigen Bevölkerung. Nach den ersten Tagen bleibt das Suizidrisiko hoch, nimmt aber mit der Zeit stetig ab.

Nur eine kleine Minderheit aller Patienten mit Depressionen wird in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt, während die Mehrheit ambulant behandelt wird.

Suizidrisiko nach Hospitalisierung wegen Depressionen

„Patienten werden oft speziell wegen der Suizidgefahr in ein Krankenhaus überwiesen. Diese aktuelle Studie zeigt jedoch deutlich, dass das Risiko nicht immer mit dem Ende des Krankenhausaufenthalts vorbei ist. Der Übergang vom Krankenhaus zur ambulanten Versorgung ist eine kritische Phase“, erklärt der Chefarzt der Psychiatrie am HUS und Professor an der Universität Helsinki Erkki Isometsä.

In einer umfangreichen registergestützten Studie wurden die Suizide erfasst, die nach der Hospitalisierung von Depressionspatienten auftraten. Bei den Patienten der Studie wurde eine Depression diagnostiziert und in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt. Die Studie wurde im Rahmen eines Kooperationsprojekts durchgeführt und in JAMA Psychiatry veröffentlicht. Professor Reijo Sund von der Universität Ostfinnland war insbesondere für die Datenanalysen der Studie verantwortlich.

Die Studie basiert auf Registerdaten zu allen Behandlungszeiträumen von Patienten in Finnland, die im Zeitraum 1996-2017 wegen Depressionen in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt wurden, insgesamt 91.161 Patienten und 193.197 Behandlungszeiträume. Von diesen Patienten starben 1.976 während eines Überwachungszeitraums von bis zu zwei Jahren durch Suizid.

Schwere der Depression und früheres suizidales Verhalten beeinflussen das Suizidrisiko

Es war bereits bekannt, dass nach einem psychiatrischen Krankenhausaufenthalt das Suizidrisiko hoch ist, wenn der Patient in die ambulante Versorgung wechselt. Die umfangreichen Daten der kürzlich veröffentlichten Studie geben nun ein detaillierteres Bild von den Risikostufen der Behandlung.

Die Studie liefert auch wichtige Informationen für die klinische Entscheidungsfindung über die Risikofaktoren für einen Suizid und die Zeitfenster, in denen sie auftreten. Kurzfristig sind der Schweregrad der Depression des Patienten und die Art seines früheren selbstverletzenden Verhaltens besonders wichtig. Diese Faktoren wurden in früheren Studien während des Zeitraums, in dem ein sehr hohes Risiko besteht, nicht erfasst.

„Meiner Meinung nach unterstreicht die Studie, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus und der ambulanten Versorgung ist. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Behandlung von Depressionen im Krankenhaus wirksam war“, sagt Isometsä.

Es war nicht möglich, die Faktoren zu erfassen, die mit der Behandlung der Patienten in der Studie zusammenhängen. Die Forschungsergebnisse unterstreichen jedoch die Bedeutung einer kontinuierlichen Behandlung, wenn ein depressiver Patient aus einem psychiatrischen Krankenhaus in die ambulante Versorgung überwiesen wird, schließen die Autoren.

© Psylex.de – Quellenangabe: JAMA Psychiatry (2024). DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2023.5512

News zu Depression und Suizid

Suizidversuch während einer Depression: Einflussfaktoren und Folgen

18.08.2023 Neue in JAMA Psychiatry veröffentlichte Forschungsergebnisse des Karolinska Institutet zeigen, dass Suizidversuche bei Menschen mit Depressionen mit einer höheren Sterblichkeit und eingeschränkter Funktionsfähigkeit verbunden sind.

Nach Angaben der WHO litten im Jahr 2021 etwa 5 % der erwachsenen Weltbevölkerung an Depressionen, und Depressionen sind mit einer höheren Sterblichkeit verbunden. Suizidgedanken und Suizidversuche sind zwei von mehreren diagnostischen Kriterien für Depressionen, die in der Regel in monatelangen oder jahrelangen Episoden im Leben der Betroffenen wiederkehren.

„Aber unser Wissen darüber, wie sich die Gruppe der Patienten – die tatsächlich einen Suizidversuch unternehmen – von den anderen unterscheidet, ist unzureichend, sowohl auf Patientenebene als auch in Bezug auf die Gesellschaft“, sagt Studienautor Johan Lundberg, Professor für Psychiatrie an der Fakultät für klinische Neurowissenschaften am Karolinska Institutet.

Die Ergebnisse der bevölkerungsbezogenen Beobachtungsstudie zeigen, dass die Patienten mit Depressionen, die während des untersuchten depressiven Zeitraums auch einen Suizidversuch unternommen hatten, unabhängig von der Ursache eine mehr als doppelt so hohe Sterblichkeitsrate aufwiesen wie diejenigen, bei denen kein Suizidversuch verzeichnet wurde.

Diese Ergebnisse zeigen uns, dass die Betreuung dieser besonderen Gruppe weiterentwickelt werden muss, sagt Lundberg.

Die Studie zeigt auch, dass depressive Patienten, die einen Suizidversuch unternommen hatten, jünger waren und häufiger unter anderen psychiatrischen Komorbiditäten wie Angststörungen und Suchterkrankungen litten. Wichtige Risikofaktoren für Selbstmordversuche innerhalb eines Jahres nach Beginn einer depressiven Episode waren frühere Suizidversuche, Substanzkonsumstörungen, Angstzustände und Schlafstörungen.

„Die Gesundheitsdienste sollten systematisch die Wirkung von Behandlungen wie Lithium bewerten, von denen man annehmen kann, dass sie das Mortalitätsrisiko in dieser Patientengruppe verringern“, sagt Koautorin Clara Hellner, Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Direktorin des RDE for Health Care Provision im Bezirk Stockholm.

© Psylex.de – Quellenangabe: JAMA Psychiatry. Published online August 16, 2023. doi:10.1001/jamapsychiatry.2023.2833

Das größte Suizidrisiko haben Depressive

13.06.2013 Eine schwedische Studie untersuchte die Risikofaktoren für Suizid und fand u.a. heraus, dass das größte Risiko für Depressive bestand. Weitere Risikofaktoren waren: jung, Single, männlich zu sein, geringere Bildung, Arbeitslosigkeit und Krankheiten.

Die Studie der Lund University in Schweden und der Stanford University, USA untersuchten den Einfluss verschiedener Krankheiten, wie Depression, COPD, Asthma, und sozialer Faktoren auf das Risiko, einen Suizid begehen zu wollen.

Arztbesuch vor dem Selbstmord

Von denjenigen, die Suizid begingen, hatten

  • 29,5% der Frauen und 21,7% der Männer in den zwei Wochen vor ihrem Suizid einen Arzt aufgesucht, und
  • 57,1% der Frauen und 44,9% der Männer hatten einen Arzt innerhalb von 13 Wochen vor ihrem Selbstmord aufgesucht.

„Dies zeigt, dass viele Kontakt mit dem Gesundheitswesen kurz vor der Selbsttötung hatten. Wir sehen hier die Wichtigkeit des Gesundheitssystems bei der Prävention von Suiziden“, sagte einer der Forscher.

Die Risikofaktoren:

  • Depression (32-faches Risiko für Suizid),
  • Angst (15-faches Risiko),
  • COPD (3,05-faches Risiko),
  • Asthma (2,25-faches Risiko),
  • Schlaganfall (1,67-faches Risiko) und
  • Krebs (1,72-faches Risiko).

Personen mit schlechten sozialen Netze hatten auch ein höheres Risiko für Suizid (z.B. geschiedene Personen 2,25-faches Risiko).

Die Forscher verwendeten das schwedische Bevölkerungs- und Gesundheitsregister und waren daher in der Lage, zwischen 2001 und 2008 über sieben Millionen Erwachsene zu untersuchen. Von diesen begingen 8.721 Suizid.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Lund University, Stanford University, Juni 2013

Studie verbindet Hirnentzündung mit Suizidgedanken bei Depressionen

24.09.2017 Patienten mit klinischer Depression hatten in einer neuen Studie erhöhte Werte eines Markers der Mikroglia-Aktivierung (einem Zeichen für Entzündung) im Gehirn.

TSPO

Die Studienautoren fanden heraus, dass die Zunahme des Entzündungsmarkers TSPO (Translocator Protein, oder auch Tryptophan-rich sensory protein) insbesondere bei Patienten mit klinischer Depression vorzufinden war, die unter Suizidgedanken litten.

Dies streiche die Rolle von Inflammation (Entzündung) bei der Suizidalität noch eher heraus als eine Depressionsdiagnose selbst, schreiben die Neurowissenschaftler im Fachblatt Biological Psychiatry.

Aktivierung der Mikrogliazellen

Dies sind die ersten Ergebnisse bei lebenden depressiven Patienten, die darauf hindeuten, dass diese Aktivierung der Mikrogliazellen am stärksten bei Selbstmordgedanken ausgeprägt ist, sagte Studienautor Dr. Peter Talbot von der Universität Manchester. Frühere Studien deuteten zwar schon auf diese Verbindung hin; das untersuchte Gehirngewebe stammte aber von toten Patienten.

In der Studie untersuchten Dr. Sophie Holmes und Kollegen die Inflammation bei 14 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Depression, die keine Antidepressiva einnahmen. Die Aktivierung der Mikroglia genannten Immunzellen, die als Teil der Entzündungsreaktionen des Körpers aktiviert werden, wurden mit Hilfe von bildgebenden Verfahren des Gehirns untersucht. Dabei maßen sie eine Substanz (TSPO), die in den aktivierten Mikroglia zunimmt.

Aktivierung des Immunsystems

Der Beleg für eine Immunaktivierung war am stärksten im anterioren cingulären Cortex ausgeprägt – einer Hirnregion, die an der Stimmungsregulation und den biologischen Ursachen der Depression beteiligt ist, schreiben die Autoren.

Dies bestätigte auch die Ergebnisse einer früheren Studie, in der erstmals eine veränderte Aktivierung der Mikroglia bei medikamentenfreien depressiven Patienten identifiziert wurde. Geringere Zunahmen wurden auch in der Insula und im präfrontalen Cortex gefunden.

Nun gibt es zwei unabhängige Berichte – die aktuelle Studie und ein Report aus 2015 von Setiawan und Kollegen in Toronto, schreibt Talbot, die im Wesentlichen das gleiche zeigen: dass es Belege für Entzündungen – genauer: mikrogliale Aktivierung – in den Gehirnen von lebenden Patienten während einer klinischen depressiven Episode gibt, schließt er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Manchester, Biological Psychiatry – dx.doi.org/10.1016/j.biopsych.2017.08.005; Sept. 2017

Verstärkte Suizidgedanken bei Menschen mit Depressionen, wenn sie schlecht geschlafen haben

30.04.2018 Eine im Fachblatt Psychological Medicine veröffentlichte Studie konnte zum ersten Mal zeigen, dass bei depressiven Menschen ein schlechter Schlaf in der Nacht mit Suizidgedanken am nächsten Tag verbunden ist.

Faktor Schlafstörungen

Die Forscherin Donna Littlewood von der Universität Manchester und Kollegen berichten, dass ihre Beobachtungsstudie an 51 Patienten mit Depressionen und Selbstmordgedanken die Notwendigkeit der Behandlung von Schlafstörungen bei Menschen mit psychischen Problemen unterstreicht.

Die Patienten wurden in ihren Bewegungen überwacht und gebeten, ein Schlaftagebuch zu führen und ihre Suizidgedanken über einen Zeitraum von sieben Tagen zu bewerten.

Schlechte Schlafqualität und eine kurze Schlafdauer

Die Daten zeigten, dass eine schlechte Schlafqualität und eine kurze Schlafdauer jeweils mit verstärkten suizidalen Gedanken am nächsten Tag verbunden waren.

Dieser Zusammenhang blieb auch nach Berücksichtigung anderer Faktoren wie Depressivität und Ängsten bestehen.

Es gab keinen Zusammenhang zwischen Selbsttötungsgedanken während des Tages und schlechtem Schlaf in der folgenden Nacht.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychological Medicine https://doi.org/10.1017/S0033291718001009

Der Einfluss von Antidepressiva auf die Gedanken an Suizid bei Menschen mit Depressionen

03.12.2019 Jeder fünfte Depressive hat trotz der Behandlung mit Antidepressiva Suizidgedanken laut einer im The Journal of Clinical Psychiatry veröffentlichten Studie.

Die Forscher um Trine Madsen von Capital Region of Denmark, Mental Health Services, untersuchten 811 Patienten, die eine mittelschwere bis schwere Depression hatten und über einen Zeitraum von zwölf Wochen mit zwei verschiedenen Antidepressiva behandelt wurden. Wöchentlich wurde die Schwere der Suizidgedanken erfasst.

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten erlebte während der zwölf Behandlungswochen keine oder nur wenige Selbstmordgedanken, während jeder Vierte zu Beginn der Studie Suizidgedanken hatte, aber bereits nach wenigen Wochen gut auf die Medikamente ansprach.

Von den übrigen zwanzig Prozent der Patienten wiesen zehn Prozent während der gesamten Studie ein erhöhtes Maß an Suizidgedanken auf und bei zehn Prozent schwankte das Ausmaß der Gedanken an Suizid.

Weitere Studien sollten untersuchen, ob solche Gedanken über längere Zeiträume und gezieltere Behandlungsmöglichkeiten bestehen bleiben, schließen die Autoren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: The Journal of Clinical Psychiatry (2019). DOI: 10.4088/JCP.18m12575

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