Angststörung: Veränderte Wahrnehmung

Ängstliche Menschen zeigen grundlegende Unterschiede in der Wahrnehmung

06.03.2016 Eine neue Studie des Weizmann Institute of Science zeigt, dass mit einer Angststörung diagnostizierte Personen weniger in der Lage sind, einen neutralen „sicheren“ Stimulus von einem mit Gefahren verbundenen zu unterscheiden.

Mit anderen Worten, wenn es um die emotionalen Erfahrungen geht, zeigen sie als Symptom ein Verhaltensphänomen in der Wahrnehmung, das als Übergeneralisierung bekannt ist, sagen die Forscher in der Zeitschrift Current Biology.

Die Wissenschaftler zeigen, dass emotionale Erfahrungen bei Patienten mit Angststörung eine Plastizität in der neuronalen Vernetzung einleiten, die auch nach dem Erlebnis noch anhäl

Solche plastischen Veränderungen treten in primären neuronalen Verschaltungen auf, die später die Reaktion auf neue Reize vermitteln, resultierend in einer Unfähigkeit zwischen dem ursprünglich erfahrenen Stimulus und einem neuen ähnlichen zu unterscheiden. Deshalb reagieren Angstpatienten emotional auf solche neuen Reize, und Angst kann daher auch in scheinbar nicht relevanten neuen Situationen auftreten, sagte Studienautor Rony Paz.

Wichtig ist, dass sie dies nicht kontrollieren können, da es eine Wahrnehmungsunfähigkeit gibt, die Reize zu unterscheiden.

Konditionierung auf Töne

In der Studie trainierten Paz und seine Kollegen Menschen mit Angststörungen, eines von drei Versuchsergebnissen (Geldverlust, Geldgewinn oder keine Konsequenz) mit drei verschiedenen Tönen zu assoziieren. In der nächsten Phase wurden die Studienteilnehmer mit einem von 15 Tönen konfrontiert und gefragt, ob sie den Ton bereits in der Konditionierungsphase gehört hätten oder nicht. Hatten sie richtig geantwortet, wurden sie mit Geld belohnt.

Die beste Strategie war es, einen neuen Ton nicht mit einem bereits in der Trainingsphase gehörten zu verwechseln (oder zu ‚übergeneralisieren‘).

Übergeneralisierung

Doch die Forscher fanden heraus, dass angstgestörte Menschen neue Töne eher den bereits gehörten zuordneten als die nicht ängstlichen Kontrollteilnehmer.

Das heißt, sie brachten neue Töne eher fälschlicherweise mit Geldverlust oder Geldgewinn in Verbindung. Diese Unterschiede wurden nicht durch Hör- oder Lernunterschiede bei den Teilnehmern erklärt.

Sie haben einfach die Töne, die früher mit einem emotionalen Erlebnis verknüpft waren, anders – verzerrt – wahrgenommen.

Amygdala u. primär sensorische Bereiche des Gehirns

Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) von den Gehirnen der ängstlichen Menschen demonstrierte ebenfalls Unterschiede in den Reaktionen im Vergleich zu den gesunden Kontrollen. Diese Unterschiede zeigten sich vor allem in der Amygdala, einer mit Ängsten und Sorgen verknüpften Hirnregion und auch in primären sensorischen Bereichen des Gehirns.

Diese Ergebnisse stärken die Ansicht, dass emotionale Erfahrungen Veränderungen in den sensorischen Repräsentationen der Gehirne von Angstpatienten hineinbringen.

Die Ergebnisse könnten erklären, warum manche Menschen für Angststörungen anfälliger sind, obwohl ja die zugrundeliegende Plastizität des Gehirns, die zu Angst führt, an sich nicht „schlecht“ ist, sagte Paz.

Ängstliche Persönlichkeitsmerkmale können ganz normal und evolutionär sogar vorteilhaft sein. Doch ein emotionales Ereignis, manchmal auch schon kleinere, können Veränderungen im Gehirn auslösen, die zu einer ausgewachsenen Angststörung führen können, sagte er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Weizmann Institute of Science, Current Biology; März 2016

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