Vom Gedächtnis zur Motivation: Untersuchung der Beziehung zwischen episodischer Simulation, Empathie und Hilfsabsichten
29.11.2023 In einer Welt, die mit tief greifenden Spaltungen und sozialen Umwälzungen zu kämpfen hat, ist Empathie wichtiger denn je.
Die Wissenschaft legt jedoch nahe, dass unsere Vorstellungskraft bei der Erweckung von Empathie stärker ist, als wir bisher dachten. Eine neue Studie unter der Leitung von McGill-Forschern zeigt, wie die verschiedenen Arten, Empathie zu empfinden, unsere Bereitschaft beeinflussen, anderen zu helfen.
„Empathie ist die Fähigkeit, sich in die Situation einer anderen Person hineinzuversetzen, und ist entscheidend für prosoziales Verhalten. Wir wissen jedoch, dass Empathie nicht nur eine Eigenschaft ist – wir können sie sehr unterschiedlich erleben, entweder als persönliches Leid oder als mitfühlende Sorge um die andere Person“, erklärt Signy Sheldon, Professorin für Psychologie an der McGill University und Koautorin der Studie.
Bisher hat sich die Forschung im Bereich der Empathie weitgehend darauf gerichtet, wie die Vorstellung, einer anderen Person zu helfen, das Mitgefühl fördern kann, aber nicht darauf, wie sich die Vorstellung von der Situation einer anderen Person auf die Empathie auswirkt, die in der Regel unsere erste geistige Handlung ist.
Diese in der Fachzeitschrift Emotion veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass eine andere Form der Empathie – nämlich die persönliche Not bzw. der persönliche Distress – bei der Vorstellung solcher Situationen deutlicher hervortritt und sogar ein Katalysator für Hilfsmaßnahmen sein kann.
Das gemeinsame Projekt von McGill und der Universität Albany hat herausgefunden, dass wir die Probleme anderer Menschen besser nachempfinden können, wenn wir sie uns lebhaft vorstellen, und dass uns dies dazu motiviert, ihnen zu helfen.
Die Ergebnisse bringen uns der Entschlüsselung des menschlichen Verhaltens und des Zusammenhangs zwischen unseren mentalen Erfahrungen und prosozialen Handlungen näher, schreiben die Autoren. Diese Ergebnisse seien wichtig für das Verständnis, warum manche Situationen und auch Menschen einfühlsamer erscheinen als andere.
Experimente mit Empathie
Wenn Sie hören, dass Ihr Freund einen geliebten Menschen verloren hat oder dass das Auto eines Nachbarn gestohlen wurde, was geht dann in Ihnen vor? Nehmen Sie den Schmerz Ihres Freundes auf, oder empfinden Sie Sorge und Mitgefühl?
Die Untersuchung umfasste drei Online-Experimente, bei denen die Teilnehmer gebeten wurden, sich in die Lage einer anderen Person zu versetzen.
„Unsere Experimente ergaben, dass die Teilnehmer, die sich leidvolle Szenarien anderer Personen vorstellten, viel mehr persönlichen Schmerz empfanden, als wenn diese Szenarien nicht simuliert wurden. Interessanterweise stellten wir auch fest, dass die Imagination dieser Szenarien die Bereitschaft erhöhte, der betreffenden Person zu helfen“, sagt Sheldon, Canada Research Chair in Cognitive Neuroscience of Memory.
Da die Imagination der Situation anderer mit dem episodischen Gedächtnis zusammenhängt, wirft diese Entdeckung wichtige Fragen über den Zusammenhang zwischen Gedächtniskapazität und Empathie auf, was ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Forschung ist, schließen die Forscher.
© Psylex.de – Quellenangabe: Emotion (2023). DOI: 10.1037/emo0001294
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