Einzelzell-Multikohortenuntersuchung des Transkriptoms der Schizophrenie
28.05.2024 Schizophrenie ist eine komplexe Krankheit mit unterschiedlichen Erscheinungsformen, und die Vielfältigkeit dieser psychischen Störung hat das Verständnis der für die Krankheit verantwortlichen Mechanismen und damit die Entwicklung wirksamer Behandlungen zu einer besonderen Herausforderung gemacht.
In einer in der Zeitschrift Science veröffentlichten Studie nutzte ein Team unter der Leitung von Forschern des McLean Hospitals umfassende genetische und zelluläre Analysen, um die komplizierten molekularen Mechanismen zu untersuchen, die der Schizophrenie zugrundeliegen. Ihre neue Arbeit liefert eine Karte dafür, wie die bekanntermaßen das Schizophrenierisiko erhöhenden Gene bestimmte Zellen im Gehirn beeinflussen.
„Wir haben herausgefunden, welche Zelltypen Gene exprimieren, die mit dem Schizophrenierisiko in Verbindung gebracht werden, welche biologischen Funktionen in diesen Zellen beeinträchtigt werden und welche Transkriptionsfaktoren für diese Veränderungen wichtig sind“, erklärte der Studienautor Dr. W. Brad Ruzicka, Direktor des Laboratory for Epigenomics in Human Psychopathology am McLean Hospital. „Dieses Verständnis wird es in Zukunft ermöglichen, Behandlungen auf bestimmte Gene und Zelltypen sowie auf Personen mit Schizophrenie maßzuschneidern.“
Für die neue Studie führte ein multizentrisches Forscherteam eine umfassende Einzelzellanalyse der transkriptomischen Veränderungen im menschlichen präfrontalen Kortex durch und untersuchte postmortales Hirngewebe von 140 Personen aus zwei unabhängigen Kohorten. Ihre Analysen umfassten mehr als 468.000 Zellen.
Sie erlangten einen nie dagewesenen Einblick in die zellulären Grundlagen der Schizophrenie und stellten eine Verbindung zwischen genetischen Risikofaktoren und bestimmten neuronalen Populationen her.
Exzitatorische Neuronen am stärksten betroffene Zellgruppe
Insbesondere stellten die Forscher fest, dass exzitatorische Neuronen die am stärksten betroffene Zellgruppe sind, wobei die Transkriptionsveränderungen mit der Neuroentwicklung und mit Synapsen zusammenhängenden Signalwegen zusammenhängen. Darüber hinaus stellten sie fest, dass bekannte genetische Risikofaktoren für Schizophrenie mit Veränderungen in spezifischen neuronalen Populationen konvergieren, was das Zusammenspiel zwischen seltenen und häufigen genomischen Varianten verdeutlicht.
Durch transkriptomische Analysen wurden zwei verschiedene Subpopulationen von Personen mit Schizophrenie identifiziert, die durch die Expression spezifischer erregender und hemmender neuronaler Zellzustände gekennzeichnet sind.
Die neue Studie deutet auf mögliche Verbindungen zwischen der Pathologie der Schizophrenie und Prozessen wie der Neuroentwicklung, der synaptischen Signalübertragung und der Transkriptionsregulation und auf wichtige Transkriptionsregulatoren hin, die sowohl mit Schizophrenie als auch mit Neuroentwicklungsstörungen in Verbindung gebracht werden.
Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die aus dieser Forschung gewonnenen Erkenntnisse den Weg für gezielte Interventionen und personalisierte Behandlungen für Schizophrenie ebnen könnten, wodurch sich die klinischen Ergebnisse für Menschen, die von dieser beeinträchtigenden und oft behindernden Störung betroffen sind, verbessern könnten.
Das Forscherteam arbeitet nun daran, diese Erkenntnisse zu erweitern, indem es andere Hirnregionen und die molekularen Auswirkungen anderer psychiatrischer Erkrankungen wie der Bipolaren Störung untersucht. Sie verfolgen auch eine weitere Dimension der Komplexität dieses Systems, indem sie die Isoformexpression der betroffenen Gene untersuchen und herausfinden, wie diese zelltypspezifischen Genexpressionsveränderungen zu funktionellen und potenziell arzneimittelwirksamen Veränderungen im Proteinraum führen.
© Psylex.de – Quellenangabe: Science (2024). DOI: 10.1126/science.adg5136