Studie untersuchte meditationsbedingte unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen) in achtsamkeitsbasierten Trainingsprogrammen
30.05.2021 Achtsamkeitsbasierte Meditationsprogramme haben sich als vielversprechende Behandlungsmethode für Erkrankungen von Stress über Schlaflosigkeit bis hin zu Depressionen erwiesen. In einigen Fällen werden sie sogar Menschen angeboten – zum Beispiel Schulkindern oder Angestellten -, die nicht aktiv nach Hilfe suchen oder die nicht auf ihre Eignung getestet worden sind.
Die meisten Untersuchungen und Diskussionen über diese Programme konzentrieren sich jedoch nur auf ihren Nutzen und untersuchen kaum die Risiken oder das Potenzial für unerwünschte Wirkungen (den sogenannten Nebenwirkungen).
Eine kürzlich durchgeführte Überprüfung von fast 7.000 Studien über Meditationspraktiken ergab, dass weniger als 1 % von ihnen unerwünschte Wirkungen gemessen haben. Willoughby Britton von der Brown University sagt, dass dies vor allem daran liegt, dass die Bewertung von unerwünschten Wirkungen (ein Prozess, der als „Schadensbeobachtung“ bekannt ist) bei nicht-pharmakologischen Behandlungen wie Achtsamkeitsbasierten Meditationsprogrammen schwer zu bewerkstelligen ist.
Um diese Lücke zu schließen, führte Britton eine neue Studie über Nebenwirkungen in Programmen zur Achtsamkeitsmeditation durch, die häufige Hindernisse bei der Risikoanalyse identifizierte und, was besonders wichtig ist, zeigte, wie man sie beseitigen kann. Die Studie ergab auch, dass die Häufigkeit von unerwünschten Wirkungen bei Achtsamkeitsprogrammen ähnlich hoch war wie bei anderen psychologischen Behandlungen.
Die Studie wurde in Clinical Psychological Science veröffentlicht.
Warum niemand über die unerwünschten Wirkungen von Meditation sprechen will
Die unerwünschten Wirkungen von achtsamkeitsbasierten Meditationsprogrammen sind oft ein unangenehmes Thema für Anbieter und Teilnehmer gleichermaßen, so Britton. Für die Studie überprüften sie und ihre Kollegen die aktuellsten Best Practices zur Überwachung von Nebenwirkungen von Aufsichtsbehörden wie der Weltgesundheitsorganisation, den National Institutes of Health und der U.S. Food and Drug Administration. In dem Papier skizzierten sie die wichtigsten Überlegungen zur Bewertung von unerwünschten Wirkungen, einschließlich des Zögerns der Teilnehmer, negative Reaktionen auf die Behandlung aufgrund von Schamgefühlen oder dem Wunsch, dem Forscher oder Lehrer zu gefallen, zu melden.
Forscher und Achtsamkeitslehrer (Britton ist beides) sind verständlicherweise mehr auf die Hilfe konzentriert, die sie leisten können, als auf den Schaden, den sie verursachen könnten. Infolgedessen wird ein Mangel an negativem Feedback von Teilnehmern oft als Anzeichen für die Abwesenheit von schädlichen Wirkungen interpretiert. Es ist sehr leicht, dass unser Enthusiasmus und unser Wunsch zu helfen zu einer Art Blindheit wird, erklärt Britton.
Ein weiterer erschwerender Faktor sei das fehlende Wissen über die richtige Schadensbeurteilung.
Erfassung der Nebenwirkungen
Brittons Forschungsteam folgte 24 aktuellen Richtlinien zur Risikoüberwachung, um die Art und Häufigkeit von meditationsbedingten unerwünschten Wirkungen in achtsamkeitsbasierten Programmen zu bewerten. Die Studienteilnehmer waren repräsentativ für typische Meditierende in den USA: überwiegend Frauen mittleren Alters, die Methoden zur Selbstbehandlung von leichten bis schweren Angstzuständen, Depressionen und Stress suchen.
Nachdem sie eine von drei Versionen eines achtwöchigen Achtsamkeitsmeditationsprogramms absolviert hatten, wurden die Teilnehmerinnen von einem Forscher, der nicht mit der Behandlung in Verbindung stand, über ihre Erfahrungen befragt, wobei 44 Fragen auf früheren Untersuchungen zu meditationsbedingten Problemen basierten.
Die Ergebnisse
83 Prozent der Stichprobe berichteten über mindestens eine meditationsverbundende Nebenwirkung. Meditationsbedingte unerwünschte Wirkungen mit negativen Valenzen oder negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit traten bei 58% bzw. 37% der Stichprobe auf.
Anhaltende negative Effekte traten bei 6% bis 14% der Stichprobe auf und waren mit Anzeichen von dysreguliertem Arousal (Hyperarousal und Dissoziation) verbunden.
Die Meditationspraxis achtsamkeitsbasierter Trainingsprogramme ist damit mit vorübergehendem Stress und negativen Auswirkungen in ähnlichem Ausmaß wie andere psychologische Behandlungen verbunden, schreiben die Studienautoren.
© psylex.de – Quellenangabe: Clinical Psychological Science (2021). DOI: 10.1177/2167702621996340
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