Kinder, die die Belohnung hinausschieben, schneiden in der Schule eher gut ab und haben weniger Verhaltensprobleme
22.04.2024 Angenommen, Sie hätten die Wahl zwischen einer kleineren Belohnung jetzt und einer größeren Belohnung 10 Minuten später. Für die meisten Erwachsenen ist die Entscheidung klar. Kurzfristigen Versuchungen zu widerstehen, um ein größeres langfristiges Ziel zu verfolgen, ist für das Funktionieren und das Wohlergehen des Einzelnen und der Gesellschaft entscheidend.
Während der berühmte „Marshmallow-Test“, der in den 1960er Jahren von dem Stanford-Psychologen Walter Mischel entwickelt wurde, den Grundstein für eine Reihe von Forschungsarbeiten zum Thema Belohnungsaufschub in westlichen Bevölkerungsgruppen gelegt hat, ist nur wenig darüber bekannt, wie gut andere Aufgaben die Fähigkeit von Kleinkindern zum Aufschub der Belohnung erfassen können, insbesondere im asiatischen Kontext.
Die Studie
In einer Studie von Dr. Chen Luxi und Professor Jean Yeung von der NUS Yong Loo Lin School of Medicine wurde eine andere Aufgabe, das sogenannte Choice-Paradigma, modifiziert und validiert, um den Belohnungsaufschub bei Kleinkindern in Singapur zu erfassen und die Faktoren zu untersuchen, die hinter der Entwicklung des Belohnungsaufschubs und seinen langfristigen Ergebnissen stehen.
Bei dem Auswahlparadigma wurden den Kindern gleichzeitig die Optionen „jetzt“ und „später“ präsentiert. Sie hatten die Wahl zwischen der kleineren Belohnung, die sie sofort erhielten, und der größeren Belohnung, die sie 10 Minuten später erhielten, und zwar in 9 Versuchen. Die Arbeit wurde in der Zeitschrift Applied Developmental Science veröffentlicht.
Nahezu 3.000 Vorschulkinder aus Singapur wurden in zwei Wellen unter die Lupe genommen. In der ersten wurden das Arbeitsgedächtnis der Kinder, die Verzögerung der Belohnung, die durch das Choice-Paradigma ermittelt wurde, sowie die von den Eltern bewertete Selbstbeherrschung der Kinder in ihrem Alltag untersucht.
Bei der zweiten Welle zwei Jahre später wurde ungefähr dieselbe Gruppe von Kindern auf schulische Leistungen und Verhaltensauffälligkeiten hin untersucht. Die Ergebnisse waren interessant: Alter, Geschlecht und Bildung der Eltern waren die Faktoren, die die Fähigkeit eines Kleinkindes zum Aufschieben von Belohnungen beeinflussen.
Einfluss des sozioökonomischen Umfelds
Es zeigte sich, dass Vorschulmädchen bei der Aufgabe, die Belohnung aufzuschieben, im Allgemeinen besser abschnitten als Vorschuljungen. Während Mädchen im Alter von 4 Jahren im Allgemeinen zukunftsorientierte Entscheidungen trafen, begannen Jungen erst im Alter von 5 Jahren mit dem Aufschieben der Belohnung.
Dr. Chen und Prof. Yeung entdeckten auch, dass Kinder von Eltern mit geringerem Bildungshintergrund erst in höherem Alter mit dem Belohnungsaufschub begannen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das sozioökonomische Umfeld die Fähigkeit der Kinder zum Aufschieben der Belohnung in der frühen Kindheit fördert.
Die Daten zeigten außerdem, dass Kinder, die in der Vorschulzeit mehr Selbstbeherrschung und die Bereitschaft zeigen, ihre Belohnungen hinauszuzögern, tendenziell auch ein besseres Arbeitsgedächtnis und eine bessere Selbstkontrolle haben, was zwei Jahre später mit besseren akademischen Fähigkeiten und weniger Verhaltens- und emotionalen Problemen verbunden ist.
Chen sagte: „Die Ergebnisse haben praktische Auswirkungen. Sie zeigen, dass eine bessere Selbstregulation in der frühen Kindheit, einschließlich der Fähigkeit, Belohnungen hinauszuzögern, eines besseren Arbeitsgedächtnisses und einer stärkeren Selbstkontrolle im täglichen Leben, die schulischen Leistungen und die positive Verhaltensentwicklung der Kinder im späteren Leben vorhersagen kann“.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Selbstregulation in künftige Interventionen und Bildungsprogramme einzubeziehen.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Applied Developmental Science (2024). DOI: 10.1080/10888691.2024.2307366