Geheimnisse vor Kollegen am Arbeitsplatz

Wie die Übertreibung der Reputationskosten der Offenlegung negativer Informationen die Geheimhaltung in Beziehungen am Arbeitsplatz fördert

Geheimnisse vor Kollegen am Arbeitsplatz

07.01.2024 Am und außerhalb des Arbeitsplatzes halten Menschen oft negative Informationen über sich selbst geheim, weil sie befürchten, dass andere sie hart beurteilen werden. Doch diese Befürchtungen sind übertrieben, wie eine neue Studie der McCombs School of Business zeigt.

Wenn die Studienteilnehmer ihre Angst überwinden und ein Geheimnis preisgeben, sind die Personen, denen sie sich anvertrauen, deutlich wohlwollender, als sie erwarten.

„Wenn wir darüber nachdenken, negative Informationen über uns selbst weiterzugeben, konzentrieren wir uns auf den Inhalt der Nachricht“, sagte Studienkoautor Amit Kumar, Assistenzprofessor für Marketing an der McCombs School of Business in Texas. „Aber die Rezipienten denken über die positiven Eigenschaften nach, die erforderlich sind, um dieses Geheimnis zu lüften, wie Vertrauen, Ehrlichkeit und Verletzlichkeit.“

Kumar nennt in seiner Studie, die er gemeinsam mit Michael Kardas von der Oklahoma State University und Nicholas Epley von der University of Chicago verfasst hat, mehrere wichtige Erkenntnisse aus den 12 Experimenten.

Zu niedrige Erwartungen

Die Forscher baten mehrere Gruppen, sich vorzustellen, dass sie ein negatives Geheimnis preisgeben und vorhersagen sollten, wie eine andere Person sie beurteilen würde. Dann baten sie jeden Teilnehmer, dieser Person das Geheimnis zu verraten, und erfassten die Antworten der Empfänger. Das erwartete Urteil fiel durchweg schlechter aus als das tatsächliche Urteil.

Fehleinschätzung der Erwartungen

Die Menschen wurden veranlasst, ihr Geheimnis preiszugeben oder zu verbergen, je nachdem, wie sie glaubten, dass andere sie bewerten würden. „Wenn wir glauben, dass andere Menschen uns für weniger vertrauenswürdig halten, kann dies unsere Entscheidung, Informationen zu verbergen, stark beeinflussen“, sagt Kumar.

In den Experimenten hatte die Offenlegung jedoch den gegenteiligen Effekt. Die Empfänger schätzten die Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der Informanten höher ein, als die Informanten erwartet hatten.

Über Beziehungen hinweg

Die Teilnehmer gaben Geheimnisse an Fremde, Bekannte, enge Freunde, Familienmitglieder und Liebespartner weiter – mit ähnlichen Ergebnissen. Kumar: „Ihre Erwartungen waren bei nahen Personen etwas genauer, aber sie waren immer noch systematisch falsch kalibriert, selbst bei den engsten Menschen in ihrem Leben.“

‚Dunkle‘ vs. ‚helle‘ Geheimnisse

Die Teilnehmer gaben ein breites Spektrum negativer Informationen preis, vom Eingeständnis, dass sie nie Fahrradfahren gelernt hatten, bis hin zum Geständnis der Untreue. Sie sagten voraus, dass schwerwiegendere Geheimnisse zu schlechteren Urteilen führen würden.

Aber selbst bei dunkleren Geheimnissen überschätzten sie die Auswirkungen. Das Ausmaß dessen, was man preisgibt, kann sich auf die Bewertungen der anderen auswirken, aber auch auf die eigenen Erwartungen an diese Bewertungen, sagt Kumar.

Ehrlichkeit fühlt sich gut an

In einer Studie teilten die Forscher den Teilnehmern mit, was sie gelernt hatten: dass Menschen die negativen Auswirkungen von Enthüllungen überschätzen. Die Nachricht veränderte die Einstellung der Teilnehmer zu mehr Offenheit.

Als sie aufgefordert wurden, zu gestehen, dass sie gelogen hatten, taten dies nur 56 % der Teilnehmer. In einer anderen Gruppe, in der den Teilnehmern gesagt wurde, dass sie wahrscheinlich nicht hart verurteilt werden würden, entschieden sich 92 % dafür, ihre Lügen zu offenbaren.

Mit der Geheimhaltung ist eine psychologische Belastung verbunden, sagt Kumar. „Wenn wir die Erwartungen der Menschen so verändern können, dass sie mehr mit der Realität übereinstimmen, könnten sie in ihren Beziehungen transparenter sein.“

Vertrauen zu Kollegen aufbauen

Obwohl keines der Experimente in Unternehmen durchgeführt wurde, können die Erkenntnisse laut Kumar auch dort angewendet werden.

Zu einem umfassenden Verständnis, wie man sich am Arbeitsplatz zurechtfindet, gehört auch ein besseres Verständnis dafür, wie Menschen denken, fühlen und sich verhalten, sagt er. „Wenn es zu Übertretungen am Arbeitsplatz kommt, sollten die Menschen bedenken, dass sie auch Wärme, Vertrauen und Ehrlichkeit zeigen, wenn sie offen und transparent negative Informationen preisgeben.“

© Psylex.de – Quellenangabe: Journal of Personality and Social Psychology. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/pspi0000441

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