Alzheimer: Behandlung – Therapie – Prävention

Komplexes Behandlungsprogramm macht Gedächtnisverluste rückgängig

03.10.2014 Seit der ersten Krankheitsbeschreibung vor über 100 Jahren gab es keine wirksame Therapie gegen die Alzheimer-Krankheit; jedoch konnte nun ein neuartiges, personalisiertes und umfassendes Behandlungsprogramm Gedächtnisverluste umkehren.

Fallbeispiele

Die erste Patientin erlebte zwei Jahre fortschreitender Gedächtnisverluste. Sie wollte schon ihren Job aufgeben, bei dem sie Daten analysieren und Berichte schreiben mußte; sie verirrte sich beim Autofahren und brachte die Namen ihrer Haustiere durcheinander.
Patient zwei vergaß die ihm vorher vertrauten Gesichter auf der Arbeit, vergaß die Kombination seines Schließfaches im Fitnessclub und seine Assistenten mussten ihn dauernd an seinen Terminplan erinnern.
Das Gedächtnis von Patientin drei war so schlecht, dass sie ein iPad verwenden mußte, um alles aufzuzeichnen…dann vergaß sie ihr Kennwort. Ihre Kinder bemerkten, dass sie ihren Gedankengang mitten im Satz verlor, und sie fragte die Kinder oft, ob sie die Aufgaben ausgeführt hätten, von denen sie fälschlicherweise annahm, dass sie sie darum gebeten hatte.

Behandlungserfolg

Bislang gab es keine wirksame Behandlung gegen Alzheimer. Doch dies könnte sich ändern: in einer ersten, kleinen Studie mit einem neuartigen, personalisierten und umfassenden Programm zur Umkehr der Gedächtnisverluste durch Alzheimer, kam es bei neun von 10 Teilnehmern – obige Patienten eingeschlossen – zu subjektiven und objektiven Verbesserungen des Gedächtnisses (innerhalb von 3-6 Monaten nach Beginn des Programms).

Von den sechs Patienten, die zu arbeiten aufhören mussten oder sich mit ihren Jobs quälten, als sie sich der Studie anschlossen, waren alle wieder in der Lage, zur Arbeit zurückzukehren oder mit einer besseren Performance weiterzuarbeiteten. Die Verbesserungen hielten bis zur Nachtestung (beim längsten zweieinhalb Jahre) an.

Diese zehn Patienten hatten Alzheimer Krankheit, amnestische leichte kognitive Beeinträchtigung oder subjektive kognitive Beeinträchtigung. Bei einem Patient, diagnostiziert mit Alzheimer im Spätstadium, kam es zu keinen Verbesserungen.

Gesamtheitliches, komplexes personalisiertes Behandlungsprogramm

Die Studie des University of California, Los Angeles, Mary S. Easton Center for Alzheimer’s Disease Research und dem Buck Institute for Research on Aging konnte als erste zeigen, dass Erinnerungsverluste rückgängig und Verbesserungen aufrechterhalten werden können. Dabei kam ein komplexes 36-Punkte umfassendes therapeutisches Programm zum Einsatz, das umfassende (Ver-)Änderungen bei und durch:

  • Ernährung,
  • Hirnstimulation,
  • Sport,
  • Schlafoptimierung,
  • spezifische Pharmaka,
  • Vitamine und
  • zusätzliche Schritte, die die Gehirnchemie beeinflussen,

erwirkte.

Dale Bredesen, Professor am Buck Institute und Direktor des Easton Center for Alzheimer’s Disease Research an der UCLA, geht – statt von einem einzelnen gezieltem Mittel – von einem systemischen Ansatz aus, von der Art, wie sie bei anderen chronischen Krankheiten (bspw. HIV, Krebs, kardiovaskuläre Krankheiten) erfolgreicher sind – einem Mehrkomponentensystem.

Ursache: Ungleichgewicht zwischen Speicherung und Speicherlöschung

Das einförmige Versagen der Arzneimittelstudien in der Alzheimer-Forschung beeinflusste Bredesens Forschung dahingehend, ein besseres Verständnis der fundamentalen Natur der Krankheit zu bekommen.

Sein Labor hat Belege dafür gefunden, dass die Alzheimer-Krankheit aus einem Ungleichgewicht der Nervenzellsignale resultiert: Im normalen Gehirn fördern spezifische Signale Nervenverbindungen und das Erstellen von Gedächtnisinhalten, während andere Signale den Gedächtnisverlust unterstützen, so dass irrelevante Informationen vergessen werden. Aber bei der Alzheimer-Krankheit ist dieses Gleichgewicht der entgegengesetzten Signale gestört, Nervenverbindungen werden unterdrückt und Gedächtnisinhalte gehen verloren.

Das Modell multipler Ziele und einem Ungleichgewicht bei der Signalgebung läuft dem populären Dogma – Alzheimer sei eine Toxizitätserkrankung, die durch die Ansammlung klebriger Ablagerungen im Gehirn verursacht wird – zuwider. Bredesen glaubt, dass die Beta-Amyloid-Peptide (die Quelle der Plaques) eine normale Funktion im Gehirn (als Teil einer größeren Molekül-Gruppe, die Signale fördern, damit Nervenverbindungen verfallen können) unterstützen. So verschiebt eine Erhöhung des Peptids, wie es bei der Alzheimer-Krankheit auftritt, die Speicherung vs. Speicherlöschung Balance zugunsten des Gedächtnisverlusts.

Behandlung von Alzheimer/Demenz
Bild: Gerd Altmann

Beispielbehandlung

Bredesens Ansatz ist ein personalisierter / individualisierter, der auf weitreichenden Tests basiert, um festzustellen, was die Plastizität des signalweitergebenden Netzwerks des Gehirns beeinflusst. Als Beispiel, das therapeutische Programm der Patientin, die sich beim Autofahren verirrte und nicht mehr nach Hause fand:

  1. Beseitigung aller einfacher Kohlenhydrate, was zu einem Gewichtsverlust von 20 Pfund führte;
  2. Elimination von Gluten und verarbeiteten Lebensmittel aus ihrer Ernährung und Erhöhung der Gemüse, Obst und Fisch (nicht in Farmen gezüchtet) Zufuhr;
  3. Stressreduktion durch Yoga;
  4. Zur weiteren Verringerung des Stresses auf der Arbeit begann sie, 20 Minuten zweimal pro Tag zu meditieren;
  5. Einnahme von Melatonin jede Nacht;
  6. Erhöhung der Schlafdauer von 4-5 Stunden auf 7-8 Stunden pro Nacht;
  7. Einnahme von Methylcobalamin jeden Tag;
  8. Aufnahme von Vitamin D3 jeden Tag;
  9. Einnahme von Fischöl jeden Tag;
  10. Einnahme von Coenzym Q10 jeden Tag;
  11. Optimierung ihrer Mundhygiene mit elektrischem Flosser und elektrischer Zahnbürste;
  12. Wiederaufnahme der Hormonersatztherapie, die zuvor eingestellt worden war;
  13. Die Patientin fastete für mindestens 12 Stunden zwischen Abendessen und Frühstück, und mindestens drei Stunden zwischen Abendessen und Schlafengehen;
  14. Sie machte mindestens 30 Minuten an 4-6 Tagen pro Woche Sport.

Nachteile, Nebenwirkungen

Der Nachteil dieses Programms ist seine Komplexität. Es ist nicht leicht, es einzuhalten, mit der Last, die auf den Schultern der Patienten und der Pfleger liegt, und keiner der Patienten war in der Lage dem gesamten Protokoll zu folgen. Die bedeutenden Ernährungs- und Lebensstiländerungen und die mehrfache Tabletteneinnahme jeden Tag, waren die zwei häufigsten Beschwerden.

Die guten Nachrichten jedoch, sagte Bredesen, sind die Nebenwirkungen: „Es ist beachtenswert, dass die große Nebenwirkung dieses therapeutischen Systems eine verbesserte Gesundheit und ein optimaler Body-Mass-Index ist – was im starken Gegensatz zu den Nebenwirkungen vieler Medikamente steht.“

Die in Aging herausgegebenen Befunde „sind sehr ermutigend. Es werden jedoch weitreichendere, kontrollierte klinische Studien benötigt, die unsere Resultate replizieren und Fragen klären, wie:

  • welche Verbesserungen normalerweise erzielt werden können;
  • bis zu welchem Grad kognitiver Verfall rückgängig gemacht werden kann;
  • ob dieser Ansatz bei Patienten mit famliärem Alzheimer wirksam ist und
  • wie lange diese Verbesserungen anhalten“,

sagte Dale Bredesen, Neurologieprofessor und Direktor des Easton Centers an der UCLA, Professor am Buck Institute und Autor der Studie.

© PSYLEX.de – Quelle: Buck Institute for Age Research / Aging, Oktober 2014

Weitere News/Forschung

  • Tiefe Hirnstimulation nicht wirksam bei der Behandlung von früher Alzheimer-Krankheit
    zum Artikel
  • Häufiges Saunieren schützt gegen Demenz und AK.
    zum Artikel
  • Cannabinoide entfernten in neuer Studie die Plaque-bildenden Proteine aus den Gehirnzellen
    zum Artikel
  • Marihuanabestandteil (THC) kann Alzheimer stoppen
  • Würde man 7 Risikofaktoren, die für 30% der Alzheimer-Demenzfälle verantwortlich sind, um die Hälfte verringern, könnten etwa 130.000 Erkrankungen verhindert werden.
    zum Artikel
  • Vitamin C und Betakarotin könnten gegen A. schützen
    zum Artikel
  • Vitamin B12 senkt Risiko der Erkrankung
    mehr
  • Vitamin C soll Alzheimer verlangsamen können
    mehr
  • Kaffee/Koffein hat schützende Wirkung
    mehr