Aus der Ferne verabreichte, offene Placebo-Behandlung verringert COVID-bedingten Stress, Angst und Depression
17.08.2024 Eine neue Studie hat ergeben, dass nicht-täuschende – offene – Placebos (d. h. Placebos werden Personen verabreicht, die genau wissen, dass es sich um Placebos handelt) wirksam zur Stressbewältigung beitragen – selbst wenn die Placebos aus der Ferne verabreicht werden.
Die Forscher von der Michigan State University rekrutierten für eine zweiwöchige randomisiert-kontrollierte Studie Teilnehmer, die aufgrund der COVID-19-Pandemie unter anhaltendem Stress standen. Die Hälfte der Teilnehmer wurde nach dem Zufallsprinzip einer offenen Placebogruppe zugewiesen, die andere Hälfte der Kontrollgruppe nahm keine Tabletten ein.
Die Teilnehmer interagierten online mit einem Forscher in vier virtuellen Sitzungen über Zoom. Die Teilnehmer der offenen Placebogruppe erhielten Informationen über den Placeboeffekt und bekamen Placebopillen per Post zugeschickt, zusammen mit Anweisungen zur Einnahme der Pillen.
Die in der Zeitschrift Applied Psychology: Health and Well-Being veröffentlichte Studie ergab, dass die Gruppe mit offenem Placebo in nur zwei Wochen einen deutlichen Rückgang von Stress, Angst und Depression im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Behandlung verzeichnete. Die Teilnehmer berichteten auch, dass die nicht-täuschenden Placebos einfach anzuwenden, nicht belastend und für die jeweilige Situation geeignet waren.
Intervention mit minimalem Aufwand
„Langzeitstress kann die Fähigkeit eines Menschen, mit seinen Emotionen umzugehen, beeinträchtigen und zu erheblichen psychischen Problemen führen. Deshalb sind wir begeistert, dass eine Intervention mit minimalem Aufwand dennoch zu erheblichen Verbesserungen führen kann“, sagte Jason Moser, Koautor der Studie und Professor an der Fakultät für Psychologie der MSU.
„Diese minimale Belastung macht nicht-täuschende Placebos zu einer attraktiven Intervention für Menschen mit erheblichem Stress, Ängsten und Depressionen.“
Besondere Hoffnungen setzen die Forscher in die Möglichkeit, die offenen Placebos aus der Ferne durch Gesundheitsdienstleister zu verabreichen.
„Die Möglichkeit, offene Placebos aus der Ferne zu verabreichen, erhöht das Potenzial der Skalierbarkeit dramatisch“, so Darwin Guevarra, Koautor der Studie und Postdoktorand an der University of California, San Francisco.
„Aus der Ferne verabreichte, nicht-täuschende Placebos haben das Potenzial, Menschen zu helfen, die mit psychischen Problemen zu kämpfen haben und sonst keinen Zugang zu traditionellen psychiatrischen Diensten hätten.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Applied Psychology: Health and Well-Being (2024). DOI: 10.1111/aphw.12583
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