Imagination (Psychologie)
Psychologie-Lexikon
Die Vorstellung einer positiven Zukunft verzerrt die späteren Erinnerungen
24.04.2018 Die Imagination (bildhaftes Denken bzw. Vorstellungskraft), dass ein zukünftiges Ereignis gut verlaufen wird, kann dazu führen, dass man sich nach dessen Eintreten positiver daran erinnert laut einer im Fachblatt Psychological Science veröffentlichten Studie.
Unrealistisch optimistische Perspektive
Sich ein bevorstehendes Ereignis zu imaginieren kann also das Gedächtnis für dieses Ereignis grundsätzlich ‚einfärben‘, sobald es eintritt, sagt die Studienautorin Aleea Devitt vom psychologischen Fachbereich der Harvard Universität.
Bild: Gerd Altmann
Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass gesunde erwachsene Menschen eine unrealistisch optimistische Perspektive einnehmen, und unsere Studien deuten darauf hin, dass ein potenzieller Nutzen dieses Optimismus darin bestehen könnte, dass wir uns positiver an Ereignisse erinnern, was zum allgemeinen psychischen Wohlbefinden beitragen könnte, erklärt sie.
Tagträume über die Zukunft sind eine häufige Erfahrung, und viele der Ereignisse, über die wir nachdenken, treten schließlich auch ein. Devitt und Studienkoautor Daniel L. Schacter vermuteten, dass die Simulation eines zukünftigen Ereignisses eine psychische Repräsentation hervorbringen könnte, die letztlich mit dem Ereignis in Konkurrenz tritt und das Gedächtnis nach dem Eintreten verändert.
In einem Experiment präsentierten die Psychologen 27 Teilnehmern eine Reihe von 12 zufällig ausgewählten Szenarien. Für jedes Szenario imaginierten sich die Teilnehmer das Ereignis positiv (oder negativ) und beschrieben es 3 Minuten lang laut.
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Emotionale Inhalte waren wichtig
Nach einer 15-minütigen Pause sollten sich die Probanden vorstellen, dass ein Jahr vergangen sei und dass sie erfahren würden, wie die Ereignisse ausgegangen seien. Die Teilnehmer lasen dann kurze Erzählungen der Ereignisse, die jeweils einige positive, negative und neutrale Details enthielten.
Bei einem anschließenden Erkennungstest 48 Stunden später sahen sie 12 Details (einige positive und einige negative) für jede Erzählung und gaben an, ob diese Details in der Erzählung aufgetreten waren.
Emotionale Inhalte waren wichtig: Die Teilnehmer identifizierten fälschlicherweise mehr positive Details als „wahr“ im Vergleich zu negativen.
Positive Imagination zog eher unwahre Wahrnehmungsverzerrungen nach sich
Und wie sie das Ereignis imaginierten, beeinflusste an was sie sich später aus der Erzählung erinnerten.
Die Teilnehmer bezeichneten tendenziell positive Details fälschlicherweise als „wahr“, wenn sie sich das Ereignis vorher gut ausgemalt hatten.
Die Imagination eines negativen Ergebnisses, bevor man erfuhr, wie ein Ereignis ausfiel, schien das Gedächtnis der Teilnehmer für die Details der Erinnerungen nicht zu beeinflussen.
Die rosarote Brille
Ein zweites psychologisches Experiment lieferte ähnliche Ergebnisse und zeigte, dass die Imagination eines positiven Ereignisses, sei es in der Zukunft oder in der Vergangenheit, die spätere Erinnerung der Teilnehmer an positive Details verzerrte.
Teilnehmer, die sich Szenarien positiv vorgestellt hatten, bewerteten auch das eigentliche Ereignis beim Gedächtnistest positiver.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Harvard Universität; Psychological Science (2018). DOI: 10.1177/0956797617753936
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