Emotionspsychologie – Psychologie der Emotionen IV

Emotionspsychologie – Psychologie der Emotionen

Psychologie-Lexikon

Menschliche Laute übermitteln Emotionen klarer und schneller als Wörter

19.01.2016 Es dauert nur ein Zehntel einer Sekunde, dass unser Gehirn Emotionen in Form von Lautäußerungen (verärgertes Knurren, fröhliches Lachen, trauriges Weinen) erkennt laut einer Studie in der Zeitschrift Biological Psychology.

Mehr Aufmerksamkeit für Knurren, Lachen, Weinen

Die Forscher der McGill Universität konnten aber auch zeigen, dass wir diesen Lautäußerungen mehr Aufmerksamkeit schenken als den über unsere Sprache ausgedrückten Emotionen.

Die Forscher glauben, dass die Präferenz und die Geschwindigkeit, mit der das Gehirn diese Vokalisierungen im Vergleich zur Sprache ‘kennzeichnet’, an der potentiell entscheidenden Rolle liegt, die die vokalen Geräusche beim menschlichen Überleben gespielt haben.

Um die in gesprochener Sprache ausdrückten Emotionen zu verstehen, sind neuere Systeme des Gehirns nötig, die sich erst mit der menschlichen Sprache entwickelt haben, sagte Studienautor Marc Pell.

In ihrer Studie konzentrierten sich die Wissenschaftler auf den Ausdruck der drei Basisemotionen:
Ärger, Traurigkeit und Freude und spielten ihren Teilnehmer menschliche Lautäußerungen und gesprochene Wörter, Phrasen in zufälliger Reihenfolge vor.

Sie waren in der Lage mit dem EEG zu messen:

  1. wie schnell das Gehirn auf Emotionen reagiert, die durch Lautäußerungen oder gesprochener Sprache ausgedrückt wurden;
  2. ob bestimmte Emotionen schneller durch Vokalisierungen als andere erkannt wurden, und ob sie größere Reaktionen im Gehirn hervorriefen;
  3. ob ängstliche Menschen, für emotionale Stimmen besonders empfindlich sind, basierend auf dem Ausmaß ihrer Gehirnreaktion.

Weitere Befunde

Tatsächlich erkannten die Teilnehmer fröhliche Lautäußerungen (d.h. Gelächter) schneller als vokale Geräusche, die Verärgerung oder Traurigkeit übermittelten.

Interessanterweise riefen verärgerte Lautäußerungen und Sprache größere Gehirnaktivitäten hervor, die auch länger anhielten als die der anderen Emotionen. Dies legt nahe, dass das Gehirn Verärgerung/Wut besondere Aufmerksamkeit zuwendet.

Auch waren ängstliche Personen sensitiver und zeigten eine schnellere Reaktion auf emotionale Stimmen im Allgemeinen als Menschen, die weniger ängstlich waren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: McGill Universität, Biological Psychology; Jan. 2016

Emotionale Komplexität: ‘Gemischte Gefühle’ sind ein Zeichen emotionaler Tiefe, nicht Unentschlossenheit

22.01.2016 Unterschiedliche Emotionen zur gleichen Zeit zu haben, zeigt eher emotionale Komplexität und weniger Unentschlossenheit, und in verschiedenen Teilen der Welt variieren die Menschen in ihrer Fähigkeit, zwischen mehreren gleichzeitig auftretenden Emotionen zu unterscheiden, sagt eine in der Zeitschrift Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichte Studie.

Alles gut oder alles schlecht

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Bild: Gerd Altmann

Ein Projekt der Universität Waterloo untersuchte, inwiefern Menschen aus 16 Kulturen in ihrer Neigung variieren, Situationen als komplett ‘gut’ oder ‘alles schlecht’ zu betrachten, oder in einer komplexeren Weise, indem sie von beiden etwas ‘darin’ sehen.

Frühere Studien haben eine geringere emotionale Komplexität mit einer reduzierten Fähigkeit verbunden, die eigenen Emotionen zu kontrollieren, und mit einer erhöhten Inzidenz (Häufigkeit der Neuerkrankungen) von Depression.

Menschen in vielen westlichen Ländern betrachten gemischte Gefühle als unerwünscht – als ob jemand mit gemischten Gefühlen ‘Wischiwaschi’ bzw. ‘verschwommen’ oder ‘lasch’ ist, sagte Studienautor Igor Grossmann, Professor vom Fachbereich für Psychologie. “Tatsächlich aber, stellten wir fest, dass Menschen aus westlichen und nicht-westlichen Ländern mit unterschiedlichen Emotionen zur gleichen Zeit, diese auch besser unterscheiden können, und ihr Leben auf eine emotional reichere und ausgeglichenere Weise erleben.”

Selbst- und fremdorientiert

Die Forschung legt nahe, das Menschen in selbstorientierten Kulturen – wie Kanada, USA, Australien oder Großbritannien – emotional weniger komplex sind als Menschen, die in andersorientierten Kulturen mit einer größeren Betonung auf z.B. Pflichtgefühl und Familienbindungen leben. Menschen in verschiedenen Teilen von Asien und Russland zeigten eine beträchtlich größere Komplexität in ihren Emotionen. Westeuropa und Südafrika standen zwischen diesen beiden Extremen.

Menschen in diesen anders orientierten Kulturen erleben eine eher größere emotionale Komplexität, weil sie in der Lage sind, verschiedene Perspektiven zu sehen, sagte Grossmann.

“Zum Beispiel: Den Verlust des Arbeitsplatzes kann man als nur enttäuschend, aber auch als eine aufregende Gelegenheit betrachten, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen oder etwas Neues zu versuchen. Jemand aus einer Kultur, die an der persönlichen Leistung orientiert ist, wird es eher als nur negativ betrachten.”

Dieses Projekt schloss drei Studien ein. Eines benutzte ein Textanalysewerkzeug, um die Prävalenz von gemischten emotionalen Ausdrücken in 1,3 Millionen englischsprachigen Websites und Blogs zu messen. Die anderen zwei Studien konzentrierten sich darauf, wie Menschen ihre Emotionen über tägliche Erfahrungen schildern und untersuchten sie auf ‘gemischte Gefühle’, und ob sie zwischen verschiedenen Arten von positiven und negativen Erfahrungen unterschieden.

Über das gesamte Projekt zeigte sich die positive Verbindung zwischen der emotionalen Komplexität und einer Kultur, die die Ausrichtung auf andere (als auf sich selbst) – inkl. des Bewusstseins für andere – fördert, sagte Grossmann.

“Schauten wir uns innerhalb jeder Kultur die Individuen an, die sich auf andere fokussierten, zeigten auch sie eine größere emotionale Komplexität auf einer persönlichen Ebene.”

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Waterloo, Journal of Personality and Social Psychology; Jan. 2016

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