LSD und das Gehirn
Gehirnforschung – Halluzinogene
LSD verändert Bewusstsein durch Reorganisation der Netzwerke im Gehirn
30.12.2015 LSD ist dafür bekannt, Veränderungen im Bewusstsein zu verursachen, und das schließt eine „Egoauflösung“ bzw. einen Verlust des Selbstgefühls ein.
Trotz einer detaillierten Kenntnis über die Mechanismen von LSD an den spezifischen Serotoninrezeptoren ist nach wie vor nicht klar, wie diese pharmakologischen Wirkungen in solch tiefgreifenden Effekten auf das Bewusstsein übertragen werden.
Konnektivität innerhalb der Gehirnnetzwerke
Ein neuer auf dem jährlichen Meeting des American College of Neuropsychopharmacology präsentierter Forschungsbericht konnte zeigen, dass LSD die Konnektivität innerhalb der Gehirnnetzwerke verringert bzw. das Ausmaß reduziert, in dem Nervenzellen oder Neuronen innerhalb eines Netzes synchron feuern.
LSD scheint auch den Umfang der Unterscheidung der Muster bzw. synchronisiertem Feuern der separaten Gehirnnetzwerke zu reduzieren. Insgesamt mischt sich LSD in die Aktivierungsmuster der verschiedenen Gehirnnetzwerke ein, die menschlichem Denken und Verhalten zugrundeliegen.
In dieser neuen Studie machten Dr. Robin Carhart-Harris und seine Kollegen vom Imperial College London über 6 Stunden sequentielle Gehirnscans von 20 gesunden Freiwilligen mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) und Magnetenzephalographie (MEG – Messung der magnetischen Aktivität des Gehirns).
Bild: Gerd Altmann
Synchronizität der Neuronen
Sie konnten so zeigen, dass LSD zu einem chaotischeren Zustand des Gehirns führte, der nicht ganz unähnlich der prodromalen (vorausgehenden) Phase einer Psychose war.
Insbesondere fielen Neuronen, die normalerweise innerhalb eines Netzes zusammen feuern, aus ihrer Synchronizität heraus, während Netze, die normalerweise unterschiedlich feuerten, begannen, in ihren Konnektivitätsmustern zu überlappen.
Blutfluss und Halluzinationen
Dr. Carhart-Harris fand auch eine Zunahme des Blutflusses im visuellen Cortex im hinteren Teil des Gehirns, was die bei einer LSD-Intoxikation so häufigen visuellen Halluzinationen und Verzerrungen erklären könnte.
Die MEG zeigte auch eine Änderung in den natürlichen Gehirnoszillationen, insbesondere eine Abnahme der Alphawellen im Gehirn.
Die MEG-Änderungen traten hoch korreliert (zusammenhängend) mit den visuellen Halluzinationen auf, was nahelegt, dass unter dem Einfluss von LSD das visuelle System sich mehr an die innere als die äußere Welt bindet.
Behandlungsmöglichkeiten
Dr. Carhart-Harris sagt, dass mit den heutigen besseren Erfassungswerkzeugen – im Vergleich zu den 1950’ern und 1960’ern – es vielleicht eher möglich sein wird, aus LSD bei der Behandlung von Süchten und anderen Störungen (wie z.B. behandlungsresistente Depression, die die Wissenschaftler derzeit mit einem LSD-ähnlichen Medikament erforschen) Nutzen zu ziehen.
Möglicherweise könnte LSD auch ein nützliches menschliches Modell für die Psychose liefern, da es zu Veränderungen im Verhalten der Gehirnnetze führt, die Ähnlichkeiten mit der frühen Phase einer Psychose zeigen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Imperial College London, American College of Neuropsychopharmacology; Dez. 2015
Durch Ketanserin blockierte Serotoninrezeptoren hemmen die bewusstseinsverändernden Wirkungen von LSD
31.01.2019 Eine in Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie zeigt, dass die Blockade von Serotoninrezeptoren im Gehirn die bewusstseinsverändernden Wirkungen von LSD unterbindet.
Frühere Forschungen haben zu Theorien geführt, dass der Thalamus als Torwächter / Pförtner dient und verhindert, dass zu viele sensorische Informationen auf einmal in das Gehirn gelangen.
Thalamus als Torwächter
Der Thalamus ist Teil eines cortico-striato-thalamo-corticalen Regelkreis-Signalpfades (CSTC; auch Basalganglienschleife genannt), das an der Verarbeitung von Sinnesinformationen beteiligt ist.
Frühere Forschungsarbeiten haben auch gezeigt, dass LSD bewusstseinsverändernde Effekte durch die Störung des Thalamus und damit des CSTC-Pfades verursacht, indem es ihn weniger effektiv für die Hemmung sensorischer Informationen macht. In der aktuellen Arbeit versuchten die Neuroforscher, diese Theorie zu testen, indem sie LSD an Freiwillige verabreichten.
Einfluss auf den Serotoninspiegel
Frühere Studien haben ergeben, dass das Medikament LSD auch einen Einfluss auf den Serotoninspiegel hat. Die Forscher fragten sich, was passieren würde, wenn man den Menschen ein Medikament (Ketanserin) vor der LSD-Einnahme verabreichen würde, das die Serotoninrezeptoren blockiert.
Ketanserin
Um das herauszufinden, rekrutierten die Gehirnforscher um Katrin H. Preller vom Universitshospital für Psychiatrie Zürich 24 Freiwillige – einige erhielten die Droge und Ketanserin, andere erhielten nur LSD und wieder andere ein Placebo. Die Forscher scannten ihre Gehirne, während sie unter dem Einfluss der Wirkstoffe standen, und testeten mit einem standardisierten Fragebogen auf veränderte Bewusstseinszustände.
Kein verändertes Bewusstsein
Die Freiwilligen, denen sowohl LSD als auch Ketanserin verabreicht wurden, zeigten keine bewusstseinsverändernden Wirkungen bei der Einnahme von LSD. Die Wissenschaftler stellten auch Veränderungen des CSTC-Signalwegs bei denselben Personen fest – es gab eine Zunahme der Konnektivität zwischen dem Thalamus und mehreren Regionen im Cortex, die eine Rolle bei der „Selbsterfahrung“ spielen sollen.
Die Forscher legen nahe, dass durch LSD die Hirnregion des Thalamus weniger effektiv wird, da mehr Informationen als normal ins Gehirn gelangen und zu einer Überlastung führen. Die Ergebnisse könnten auch einen häufigen Effekt erklären, der oft mit LSD-Konsum verbunden ist – eine erhöhte Erregung bei gleichzeitigem Erleben eines traumartigen Zustands. Dies scheint aufgrund der betroffenen kortikalen Regionen aufzutreten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Proceedings of the National Academy of Sciences (2019). DOI: 10.1073/pnas.1815129116
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