‚Schönheitsbrilleneffekt‘: Attraktivität trübt unsere Persönlichkeitsbeurteilung

Wie Attraktivität unsere Wahrnehmung von Menschen beeinflusst

‚Schönheitsbrilleneffekt‘: Attraktivität trübt unsere Persönlichkeitsbeurteilung

26.08.2022 Frühere Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Menschen bereits nach 100 Millisekunden ein Urteil über Gesichter fällen können. Mit so wenigen Informationen sind wir in der Lage, Gesichter mühelos und intuitiv nach einer Reihe von Merkmalen zu bewerten, z. B. nach ihrer Attraktivität. Die Fähigkeit, Attraktivität schnell wahrzunehmen, kann adaptiv sein, da sie Gesundheit und Immunfunktion signalisiert.

Attraktivität: ein positiver „Halo-Effekt“

Der Attraktivität wird ein positiver „Halo-Effekt“ nachgesagt, bei dem Menschen dazu neigen, körperlich attraktiven Personen positive Persönlichkeitsmerkmale zuzuschreiben. In der Tat haben mehrere Studien diesen Effekt dokumentiert. Die meisten dieser Untersuchungen wurden jedoch mit westlichen Stichproben durchgeführt. In einigen Studien wurde eine kulturübergreifende Übereinstimmung der Bewertungen zwischen westlichen und nicht-westlichen Stichproben festgestellt, in anderen Studien wurden jedoch kulturübergreifende Unterschiede festgestellt.

Ein neuer in Current Psychology veröffentlichter Forschungsartikel zielt daher darauf ab, die kulturübergreifenden Arbeiten zu diesem Thema zu erweitern und den „Attraktivitätshalo-Effekt“ in 11 Weltregionen zu untersuchen.

Die Studie

Über 11.000 Teilnehmer aus 45 Ländern wurden von einem großen kulturübergreifenden Forschernetzwerk namens Psychological Science Accelerator rekrutiert. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip angewiesen, eines von 13 Adjektiven zu bewerten: Attraktivität, Aggressivität, Fürsorglichkeit, Selbstvertrauen, Dominanz, emotionale Stabilität, Intelligenz, Gemeinheit, Verantwortung, Kontaktfreudigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Unglücklichsein und Verrücktheit. Sie bewerteten die Fotos von 60 Männern und 60 Frauen unterschiedlicher ethnischer Herkunft.

Attraktivität wird mit sozial erwünschten Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft

Die Studie ergab, dass Attraktivität mit allen sozial erwünschten Persönlichkeitsmerkmalen positiv und mit allen sozial unerwünschten Persönlichkeitsmerkmalen negativ korreliert.

Genauer gesagt wurden in allen 11 Weltregionen männliche und weibliche Gesichter, die als attraktiver eingestuft wurden, als selbstbewusster, emotional stabiler, intelligenter, verantwortungsbewusster, geselliger und vertrauenswürdiger eingestuft. Mit anderen Worten: Menschen neigen dazu, Personen mit hoher physischer Attraktivität positive Persönlichkeitseigenschaften zuzuschreiben.

‚Schönheitsbrilleneffekt‘

Dr. Carlota Batres, Leiterin des Preferences Lab am Franklin and Marshall College, kommentierte, dass „die Ergebnisse unserer Studie Belege für das liefern, was ich als ‚beauty goggles‘ (‚Schönheitsbrilleneffekt‘) bezeichne, bei dem die Attraktivität die Persönlichkeitsbeurteilung trübt“.

Diese Erkenntnis, dass wir von Schönheit „geblendet“ werden, kann Auswirkungen auf die reale Welt haben. So empfehlen die Geschworenen in Studien weniger strenge Strafen für attraktivere Angeklagte. Dies könnte zum Teil durch die hier vorgestellten Ergebnisse erklärt werden, wonach attraktivere Gesichter als verantwortungsbewusster und vertrauenswürdiger eingeschätzt werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese neuen Ergebnisse starke Beweise dafür liefern, dass der Schönheitswahn“ kulturübergreifend ist.

© Psylex.de – Quellenangabe: Current Psychology (2022). DOI: 10.1007/s12144-022-03575-0

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