- Emotionale Konflikte, Streit, traumatische Erlebnisse? Eine Nacht drüber schlafen macht es schlimmer
- Erinnerungen an sexuellen Missbrauch, Psychotraumata bleiben bis ins Erwachsenenalter genau
Emotionale Konflikte, Streit, traumatische Erlebnisse? Eine Nacht drüber schlafen macht es schlimmer
30.11.2016 Ein guter Schlaf über die Nacht kann negative Erinnerungen im Gehirn verstärken, sagt eine in Nature Communications veröffentlichte Studie, und unterstützt wissenschaftliche Befunde, die davor warnen, emotional aufgewühlt bzw. traumatisiert ins Bett zu gehen.
Negative emotionale Erfahrungen
Das Drüberschlafen, während man mit neuen negativen emotionalen Erlebnissen ‚beladen‘ ist, ‚meißelt‘ diese Erfahrungen in das Gehirn ein, und macht es schwerer sie später loszuwerden, sagen die Forscher chinesischer und US-amerikanischer Universitäten.
Bild: Gerd Altmann
Yunzhe Liu und Kollegen untersuchten an 73 männlichen Teilnehmern den Einfluss des Schlafes auf das Gedächtnis. Die Teilnehmer wurden an zwei Tagen trainiert, bestimmte Bilder mit negativen emotionalen Erinnerungen zu koppeln.
Später sollten sie sich dann wieder die Bilder anschauen, und entweder die negativen Verknüpfungen zurückrufen, oder dagegen ankämpfen und die Erinnerungen nicht in ihr Gedächtnis eindringen lassen, d.h. sie sollten versuchen, sie zu unterdrücken.
Der Test wurde zweimal durchgeführt: einmal nachdem die Teilnehmer eine Nacht geschlafen hatten, und einmal eine halbe Stunde nach einem Training. Währenddessen scannten die Wissenschaftler die Gehirnaktivitäten der Teilnehmer.
Unterdrückung der Erinnerungen
Es war für die Teilnehmer viel schwerer, Erinnerungen nach dem Schlaf zu unterdrücken. Und die Scans zeigten, dass die Erinnerungen wahrscheinlich im Langzeitgedächtnis abgespeichert wurden.
Wie man weiß, beeinflusst Schlafen, wie kürzlich erworbene Informationen gespeichert und im Gehirn verarbeitet werden – vom Kurz- zum Langzeitgedächtnis verschoben werden.
Erinnerungen an negative oder traumatische Ereignisse halten häufig länger an als diejenigen an positive oder neutrale Erfahrungen, sagten die Forscher. Aber sie können – in einem gewissen Ausmaß – bewusst kontrolliert werden.
Kontrolle traumatischer Erinnerungen
Die Unfähigkeit, schlechte Erinnerungen zu unterdrücken, ist mit mehreren psychiatrischen Erkrankungen verbunden – wie Depression und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Vor dieser Studie „wussten wir nicht, ob es besser oder schlechter ist, Erinnerungen vor oder nach dem Schlaf zu unterdrücken“, sagte Liu vom McGovern Institute for Brain Research, Beijing Normal University. Das bessere Verständnis solcher Prozesse kann aber die Behandlung von psychischen Störungen wie PTBS verbessern.
Zum Beispiel kann Schlafentzug sofort nach traumatischen Erfahrungen (zur Studie) traumatische Erinnerungen davon abhalten, konsolidiert zu werden. Und so wird es möglich, die Bildung von traumatischen emotionalen Erinnerungen zu blockieren, schließen die Studienautoren.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Beijing Normal University, nature.com/articles/doi:10.1038/ncomms13375; Nov. 2016
Erinnerungen an sexuellen Missbrauch, Psychotraumata bleiben bis ins Erwachsenenalter genau
30.09.2018 Erwachsene können sich genau an psychotraumatische Ereignisse aus der Kindheit erinnern, einschließlich Fälle von sexuellem Missbrauch, laut einem in der Fachzeitschrift Child Development Perspectives publiziertem Forschungsbericht.
Faktoren
Laut der psychologischen Studie gilt: Je traumatischer das Ereignis für den Einzelnen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich ein Mensch recht genau daran erinnert.
Auch werden sich Kinder, die zum Zeitpunkt eines Ereignisses älter sind, eher genauer erinnern. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass manchmal sogar diejenigen, die zum Zeitpunkt eines traumatischen Übergriffs noch jung sind, auch Teile dieses Ereignisses Jahrzehnte später genau wiedergeben können.
Darüber hinaus fanden die Psychologen heraus, dass die Erinnerungen der Opfer genauer sind, wenn sie unter posttraumatischem Stress leiden und wenn sie ein höheres Maß an mütterlicher Unterstützung erhalten.
Bild: Gerd Altmann
Psychologen der Universitäten Florida International und California (Davis) stellten dies fest, nachdem sie Erwachsene aus zwei Gruppen befragt hatten – Menschen, die als 4- bis 17-Jährige missbraucht wurden und an der Verfolgung ihrer Misshandler beteiligt waren, und Menschen, die im Alter von 4 bis 17 Jahren wegen des Verdachts von Misshandlungen aus ihren Elternhäusern herausgeholt wurden.
Verzögerungen beim Erinnern
Obwohl es manchmal zu Verzögerungen beim Erinnern oder Vergessen einige Details in Fällen gekommen ist, in denen Gerichtsverfahren Jahrzehnte nach dem angeblichen Missbrauch stattfanden, ist das kein Grund für die Zurückweisung der Klage eines Opfers, schreiben die Forscher. Oftmals gibt es einen Grund, warum Menschen bei der Einreichung einer solchen Strafanzeige zögern.
Die verspätete Offenlegung ist ziemlich häufig bei Personen, die sexuelle traumatische Übergriffe erlebt haben, schreiben die Psychologen. Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Schwere des psychotraumatischen Übergriffs und der Verzögerung der Anzeige festgestellt, schreibt Studienleiterin Gail Goodman.
Goldfarb ist Rechtsanwaltin und Assistenzprofessorin für Psychologie an der FIU. Ihre Forschung analysiert den Einfluss der Zeit auf das Gedächtnis bzw. die Erinnerungen für rechtlich relevante Ereignisse, insbesondere traumatische Vorfälle.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Florida International University; Child Development Perspectives
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