Gastgewerbe und Immobiliensektor weisen die höchsten Raten häufiger psychischer Gesundheitsprobleme auf; Arbeitslosigkeit weist allerdings noch höhere Rate auf
14.02.2023 Psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen sind im Gastgewerbe und im Immobiliensektor am häufigsten anzutreffen, aber – zumindest vor der COVID-19-Pandemie – nahmen sie laut einer neuen Studie in allen Wirtschaftszweigen zu.
Forscher der University of Cambridge und des University College London fanden in mehr als der Hälfte der zwanzig untersuchten Branchen erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf häufige psychische Gesundheitsprobleme bei Frauen, wobei die geringste Differenz in der Transport- und Lagerbranche und die höchste in der Kunst-, Unterhaltungs- und Erholungsbranche zu verzeichnen war.
Im Vereinigten Königreich leidet etwa jeder siebte Beschäftigte an psychischen Problemen, und die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen psychische Probleme haben, ist fast doppelt so hoch wie bei Männern. Mehr als die Hälfte aller krankheitsbedingten Fehltage sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen.
Die Forscher analysierten die Daten von fast 20.000 Personen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren aus 20 Branchen. Diese Daten wurden im Rahmen der Health Survey for England erhoben, einer repräsentativen, wiederholten Querschnittserhebung bei den Menschen in England, die sich mit Veränderungen der Gesundheit und des Lebensstils der Menschen im ganzen Land befasst. Die Ergebnisse wurden in Frontiers in Public Health veröffentlicht.
Anstieg der Rate psychischer Gesundheitsprobleme
Das Team stellte fest, dass der Anteil der Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen insgesamt gestiegen ist, und zwar von 16,0 % im Zeitraum 2012-14 auf 18,8 % im Zeitraum 2016-2018. In keiner der untersuchten Branchen kam es zu einem signifikanten Rückgang der Prävalenz, aber in drei Branchen – Groß- und Einzelhandel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Baugewerbe und Erbringung von sonstigen Dienstleistungen – kam es zu einem signifikanten Anstieg.
Die häufigsten psychischen Probleme traten bei den Nicht-Erwerbstätigen auf, wobei etwa jeder Dritte (33,7 %) über psychische Probleme berichtete. Im Gastgewerbe (Beherbergungs- und Verpflegungsdienstleistungen) und im Grundstücks- und Wohnungswesen berichtete knapp jeder Vierte (23,8 % bzw. 23,6 %) über psychische Probleme.
Am niedrigsten war die Prävalenz in den Bereichen freie Berufe, Wissenschaft und Technik (15,0 %), Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei (9,6 %) sowie Bergbau und Grubenbetriebe (6,2 %).
Dr. Shanquan Chen von der Abteilung für Psychiatrie der Universität Cambridge erklärte: „Berufe, bei denen man mit dem Publikum zu tun hat, insbesondere wenn der Arbeitnehmer ein gewisses Maß an Verantwortung trägt, sowie Berufe mit unregelmäßigen und langen Arbeitszeiten können emotional anstrengend sein oder die Arbeitnehmer sogar Gewalt und verbalen Aggressionen aussetzen. Dies wiederum könnte zu einer höheren Rate an psychischen Problemen beitragen.“
Psychische Probleme bei Frauen und Männern
In den meisten Branchen (11 von 20) traten psychische Probleme bei Frauen häufiger auf als bei Männern. Am stärksten war dies im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung der Fall, wo mehr als eine von vier Frauen (26,0 %) über Probleme berichtete, während dies bei den Männern nur etwa einer von 20 (5,6 %) war. Auch die Nichterwerbstätigkeit schien sich auf Frauen (45,0 %) wesentlich stärker auszuwirken als auf Männer (21,7 %).
Von 2012-2014 bis 2016-2018 hatten sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede in allen Sektoren bis auf zwei – Gesundheits- und Sozialwesen sowie Transportwesen – vergrößert.
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Frühere Studien haben einige Risikofaktoren ermittelt, die geschlechtsspezifische Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. So verringert beispielsweise eine Vollzeitbeschäftigung das Risiko psychischer Probleme bei Männern, nicht aber bei Frauen; ein befristeter Arbeitsvertrag erhöht das Risiko psychischer Probleme nur bei Frauen; Männer sind stärker von veränderten Aufgaben am Arbeitsplatz betroffen, während mangelnde Ausbildung, geringe Motivation und schwache soziale Unterstützung die Ursache für psychische Probleme bei Frauen sind. Die Forscher sagen jedoch, dass die vorliegenden Erkenntnisse nicht erklären können, warum es in einigen Branchen Unterschiede gibt, in anderen jedoch nicht.
© Psylex.de – Quellenangabe: Frontiers in Public Health DOI: 10.3389/fpubh.2023.1054964
Die Zeit der Dienstjahre macht viel aus. Auch die Möglichkeit der Supervisitation,ungewollte Arbeitsortwechsel und nicht unmittelbar zum Dienstgeschäft gehörende Aufgaben. Kindererziehung, grad bei allein Erziehenden Frauen und Männern muss man, so denke ich, auch mit als Größe bedenken. Je besser die Coping-Strategien,desto größer die Resilienz, wobei man natürlich die individuelle Persönlichkeitsstruktur nicht ausser Acht lassen darf.
(wbl.60 Jahre, drei Jahre Chemiebranche,36 Jahre Lehrer)