- Definition
- Dauer
- Wo treten die Anfälle auf?
- Symptome
- Epidemiologie
- Verlauf
- Therapie und Behandlung
- News, Forschung dazu
- Erfahrungen, Erfahrungsberichte
Definition
Definition der Agoraphobie: Der Agoraphobiker hat Angst vor Situationen und Orten, aus denen bei einem Angstanfall ein Entkommen schwierig oder peinlich wäre oder keine Hilfe zur Verfügung stände.
Dauer der Attacke
Die durchschnittliche Anfallsdauer bei Angstanfällen liegt bei ca. 30 Minuten. Zuweilen treten die Attacken spontan also unerwartet auf, also ohne dass eine tatsächliche Gefahr für Leib und Leben besteht.
Oftmals gibt es aber interne Auslöser (körperlich z.B. Herzklopfen oder Atemnot, psychisch: Gedanken, wie: ich bin allein, keiner kann mir helfen).
Wo treten die Anfälle auf?
Agoraphobiker fürchten meist eine Vielzahl von öffentlichen Situationen, Orten und Menschenansammlungen. Typische Situationen bei der Agoraphobie, die gefürchtet und deshalb oft gemieden werden, sind: Busfahren (generell die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel), Autofahren, Benutzung von Fahrstühlen, in Schlangen stehen, Besuch von Kaufhäusern, Supermärkten, Kinos, Theatern oder Gaststätten, Alleinsein.
Nach ICD-10 muss man mindestens in zwei unterschiedlichen Situationen (z.B. Menschenmengen, öffentliche Plätze) Angst haben um Agoraphobie diagnostiziert zu bekommen.
Symptome
Bei einem Angstanfall können die Betroffenen folgende Symptome erleben:
körperlich:
- Schwindel oder Benommenheit
- starker, schneller oder unregelmäßiger Herzschlag
- Übelkeit oder Magen- / Darmprobleme
- Atemnot
- Schwitzen
- Schmerzen oder Druck auf der Brust
- Zittern oder Schütteln
psychisch:
- Angst die Kontrolle zu verlieren
- Angst vor schlimmen Konsequenzen der erlebten Symptome
- Depersonalisation (siehe auch Depersonalisation)
- Derealisation
Wichtige Aspekte, die die Angst in diesen Situationen auslösen sind tatsächlich:
die Entfernung von sicheren Orten oder Personen und die Einengung der Bewegungsfreiheit.
Epidemiologie
Agoraphobien sind die häufigste Angststörung. Sie treten bei Frauen ca. 2-3 mal häufiger auf als bei Männern. Die Panikstörung verteilt sich 2 zu 1. Sechs-Monats-Prävalenzen der Panikstörung ohne Agoraphobie liegen zwischen 0,5 und 2 %, die Lebenszeit-Prävalenzen liegen zwischen 1,5 und 2,5 %. Für die Agoraphobie liegen die sechs-Monats-Prävalenzen zwischen 2,7 u. 6 %, Lebenszeit: 3,5 – 9%.
Verlauf der Agoraphobie mit und ohne Panikstörung
Agoraphobien und Panikattacken beginnen meist erst zwischen 20 und 35 Jahren. Nach Selbstauskunft fand der erste Anfall bei 80% der Agoraphobiker an einem öffentlichen Ort statt. Im Verlauf der Störung kann es zu beschwerdefreien Phasen kommen, doch der langfristige Verlauf ist in den meisten Fällen ohne Behandlung ungünstig.
Häufig gibt es Folgeprobleme wie Depressionen und Alkohol-oder Medikamentenmissbrauch. Auch wurde ein erhöhtes Risiko für Selbstmord festgestellt.
Therapie und Behandlung
Agoraphobie mit rein psychoanalytischen oder tiefenanalytischen Therapien zu heilen ist hoffnungslos und wäre eine Fehlentscheidung auf Kosten des Patienten (so dachte auch Freud).
Die Therapie der Wahl bei der Agoraphobie ist die (kognitive) Verhaltenstherapie mit dem Grundprinzip der Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen (Reizkonfrontation, Exposition).
Dabei ist diese Methode schon ziemlich alt: Johann Wolfgang Goethe heilte sich selbst durch Konfrontation, indem er auf das Straßburger Münster stieg, Kliniken besuchte, einsame Orte, nachts über den Friedhof ging oder sich in lärmenden Menschenmengen aufhielt – und zwar immer so lange, bis die Angst verschwunden war (Autobiographie: Dichtung und Wahrheit).
1. Vor der Therapie der Agoraphobie müssen andere psychische Störungen, wie etwa Psychosen oder organische Krankheiten ausgeschlossen werden und zusätzliche wie Süchte abgeklärt werden.
2. Die Problemanalyse erarbeitet die angstauslösenden Situationen und die Angst verschlimmernden oder verringeren Bedingungen.
3. In einem Erklärungsmodell wird dem Patienten anhand von Beispielen aus der Anamnese seine Agoraphobie gezeigt und das therapeutische Vorgehen erläutert (Teufelskreis zwischen Angst und Vermeidung – Verlernen der Angst vor der Angst).
4. Aufsuchen der angstmachenden Situationen in vivo. Die Ängste sollen nicht unterdrückt oder von ihnen abgelenkt werden. Die Situationen sollen erst verlassen werden, wenn die Angst „von selbst“ geringer geworden ist. Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen über die Programme. So gibt es graduelle Vorgehensweisen (Ablehnungsquote ist hier geringer), Reizüberflutungen (beginnend mit Situationen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Angst auslösen), „massed practice“ (mehrere Stunden Konfrontation täglich an aufeinanderfolgenden Tagen – schnellster und sicherster Erfolg).
In jüngster Zeit gibt es auch erfolgreiche Versuche die Agoraphobie zu heilen, bei denen Patienten anhand von schriftlichen Instruktionen die Konfrontation ganz allein erfolgreich durchgeführt haben (siehe Goethe –> der Kreis schließt sich).
Behandlung der Panikattacken – Angstanfälle
1. Diagnostische Phase: Anhaltspunkte für mögliche Auslöser der Anfälle und die Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens erhöhen.
2. Vermittlung des Erklärungsmodell: s.o. (Teufelskreis: Anfälle–>Angstreaktionen–>Körpersymptome–>Kognitionen usw.)
3.Kognitive Therapie: Fehlinterpretationen der körperlichen Symptome (während Panikattacke) werden systematisch erarbeitet, besprochen (was aus Patientensicht) für diese Sichtweise spricht, Alternativen entwickelt. Dann wird in Verhaltenstests der Patient dazu angeleitet, zu entscheiden, welche Interpretation richtig ist. Z.B. willkürliche Hyperventilation um zu überprüfen, ob Symptome durch sein Verhalten zustande gekommen sind.
Auch wirkungsvoll bei der Therapie der Agoraphobie: durch die paradoxe Intention wird der Patient instruiert, Angst willentlich herbeizuführen und so lange wie möglich ängstlich zu bleiben mit dem Ziel, zu lernen, die Angst nicht als katastrophal zu erleben.
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