Cybermobbing bei Heranwachsenden: Eine negative Nebenwirkung der Online-Sozialisation
22.08.2023 Kinder und Jugendliche werden Opfer von Mobbing, wenn sie das Internet nutzen – eine Plattform, die Mobbern relative Anonymität bietet -, so eine in der Zeitschrift Medicine veröffentlichte fragebogengestützte Studie.
Heranwachsende sind im Allgemeinen anfällig für Cybermobbing (auch Internetmobbing genannt). Leider sind die damit verbundenen Risikofaktoren und die anhaltenden Auswirkungen noch weitgehend unerforscht. Diese Beobachtungsstudie schließt diese Lücke, indem sie eine Gruppe jugendlicher Teilnehmer aus Rumänien befragt.
„Cybermobbing stellt weltweit ein großes Problem dar, insbesondere unter Jugendlichen. Außerdem hat es äußerst negative psychologische Auswirkungen. Wir haben eine prospektive, auf einem Online-Fragebogen basierende Studie mit 316 Teenagern durchgeführt, um die Prävalenz von Cybermobbing in Rumänien zu ermitteln, seine psychosozialen Folgen zu bewerten und die Faktoren zu untersuchen, die sie für Mobbing prädisponieren könnten“, sagt die Hauptautorin Dr. Reka Borka Balas von der Universität für Medizin, Pharmazie, Wissenschaften und Technologie in Târgu Mureș, Târgu Mureș, Rumänien.
Die Ergebnisse der Studie
Die Studie offenbart eine wichtige Facette des Cybermobbings: die Opfer werden vor allem auf Facebook (~75 %), Instagram (~41 %) und beim Online-Spielen (~18 %) gemobbt. „Fast 50 % der Befragten gaben an, schon einmal gemobbt worden zu sein, wobei Frauen ein höheres Risiko hatten, belästigt zu werden als Männer. Mehr als die Hälfte (53 %) der in unserer Studie erfassten Opfer erhielten Unterstützung“, berichten Balas und seine Mitautoren.
Die Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, zu Hause ein gesundes und unterstützendes Umfeld zu erhalten. Ein Ergebnis der Studie: Jugendliche, die Zeugen häuslicher Gewalt geworden sind, haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko, Cybermobbing zu begehen, als Jugendliche aus gesünderen Familienverhältnissen. Interessanterweise entdeckten die Studienautoren auch einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen verschiedenen essbaren oder konsumierbaren Produkten (Kaffee, Drogen, Zigaretten, Alkohol und Energydrinks) und dem Auslösen von Aggressionen. Die Daten deuten darauf hin, dass Jungen im Teenageralter eher in Mobbing verwickelt sind als Mädchen in diesem Alter.
Die Studie zeigt auch, dass introvertierte Personen seltener von Cybermobbing betroffen sind (8%) als ihre extrovertierten Altersgenossen (34%). Während die meisten der befragten jugendlichen Opfer (59 %) die Identität des Täters nicht kannten, identifizierten fast 23 % den Mobber als einen Bekannten, 11 % als einen Freund/Freundin und 8 % als einen Klassenkameraden. Darüber hinaus zeigen die Daten, dass Nicht-Opfer weniger Freunde hatten, die Opfer von Cybermobbing geworden waren (22 %). Die Studie stellt auch fest, dass die Opfer mit mehr als 2.100-facher Wahrscheinlichkeit Freunde hatten, die ebenfalls gemobbt wurden.
Cybermobbing bei Jugendlichen: Psychosoziale Auswirkungen und plausible Lösungsansätze
Die Studie zeigt überraschenderweise, dass Mobbing nicht nur Auswirkungen auf die Opfer, sondern auch auf die Täter hat. Tatsächlich bedauern fast 5 % der Befragten ihre Beteiligung zutiefst. Die Umfrageergebnisse zeigen auch, dass gemobbte Jugendliche fünfmal häufiger andere schikanieren als Jugendliche, die noch nie Opfer dieser bösartigen Handlung geworden sind. Während 66 % der Befragten Parallelen zwischen Cybermobbing und physischer Gewalt ziehen, halten 23 % Cybermobbing für weniger schädlich als physische Gewalt. 11 % der Umfrageteilnehmer halten Cybermobbing für schlimmer als körperliche Gewalt.
Obwohl mehr als 47 % jegliche Auswirkungen auf das körperliche oder geistige Wohlbefinden verneinen, ist eine beträchtliche Anzahl der Opfer anderer Meinung. So berichten mehr als 30 % der Befragten, dass sie sich schlecht fühlen, fast 4 % leiden unter Schlaflosigkeit und fast 8 % unter Depressionen.
Positiv wird in der Studie vermerkt, dass die Unterstützung durch Elternhaus und Schule die negativen Auswirkungen von Cybermobbing bei Teenagern nachweislich drastisch minimieren kann. Leider werden solche Bewältigungsstrategien von den Opfern von Cybermobbing nur selten angewandt.
Obwohl weitere Forschung notwendig erscheint, um die Auswirkungen von Cybermobbing unter Jugendlichen zu mildern, wirft diese Studie dennoch ein Licht auf die Verbreitung, die ausschlaggebenden Faktoren und die negativen Auswirkungen, die mit dieser schädlichen und menschenverachtenden Handlung verbunden sind.
Balas und Mitautoren schlussfolgern: „Die Auswirkungen von Cybermobbing auf die Emotionen und das Wohlbefinden von Jugendlichen bestehen aus somatischen, depressiven und Stresssymptomen. Eltern und Lehrer müssen den Dialog über Cybermobbing fördern und Jugendliche dabei unterstützen, wirksame Wege zu finden, um mit diesen Situationen umzugehen und ihre Empathie, Kommunikations- und Sozialkompetenz zu entwickeln“.
© Psylex.de – Quellenangabe: Medicine (2023). DOI: 10.1097/MD.0000000000034051
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