Psychische Belastung von Eltern, Technologie-Nutzung und Kindererziehung: Die Bedeutung einer multidimensionalen Perspektive
24.08.2022 Eine neue multinationale Studie zeigt, dass Betreuungspersonen, die digitale Medien zur Entspannung konsumieren, eher negative Erziehungspraktiken anwenden.
Die neue in Computers in Human Behavior veröffentlichte Studie unter der Leitung der University of Waterloo hatte zum Ziel, den Zusammenhang zwischen der Nutzung digitaler Medien durch die Erziehungsberechtigten, der psychischen Gesundheit und den Erziehungspraktiken zu Beginn der COVID-19-Pandemie zu untersuchen. Im Durchschnitt verbrachten die Betreuungspersonen drei bis vier Stunden pro Tag mit dem Konsum digitaler Medien.
„Alle Familienmitglieder sind wichtig, wenn wir versuchen, Familien in einer technologiegesättigten Gesellschaft zu verstehen“, so Studienautorin Jasmine Zhang vom Fachbereich klinische Psychologie in Waterloo. „Es sind nicht nur die Kinder, die häufig an Geräten sitzen. Eltern nutzen digitale Medien aus vielen Gründen, und dieses Verhalten kann sich auf ihre Kinder auswirken.“
Einfluss von Distress
Zur Durchführung der Studie befragten die Psychologen 549 Teilnehmer: Eltern von mindestens zwei Kindern im Alter zwischen fünf und 18 Jahren. Sie gaben Auskunft über ihre Nutzung digitaler Medien, ihre eigene psychische Gesundheit und die ihrer Kinder, das Funktionieren der Familie und die Erziehungsmethoden.
Die Forscher fanden heraus, dass Eltern mit höherem psychischem Leidensdruck (Distress) mehr bildschirmbasierte Aktivitäten ausübten und eher Geräte zur Entspannung nutzten. Dieser Konsum korrelierte mit negativen Erziehungspraktiken wie Nörgeln und Schreien.
Außerdem wurde festgestellt, dass negatives Erziehungsverhalten wahrscheinlicher war, wenn die Technologie die Interaktionen in der Familie unterbrach. Das Experiment konzentrierte sich nicht auf bestimmte Apps oder Websites, die von den Betreuungspersonen genutzt werden, sondern ergab, dass sich die Eltern, die viel Zeit am Bildschirm verbringen, von der Anwesenheit in der Familie zurückziehen, was mit negativen Erziehungspraktiken verbunden ist.
Auch positiver Einfluss feststellbar
Allerdings war nicht jeder Medienkonsum mit negativen Ergebnissen verbunden: Die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte über digitale Kanäle stand in Zusammenhang mit einem geringeren Ausmaß an Angst und Depression und einem höheren Ausmaß an positiven Erziehungspraktiken, wie z. B. den Ideen der Kinder zuzuhören und über die guten Dinge zu sprechen, die ihre Kinder tun.
„Bei der Untersuchung der Nutzung digitaler Medien durch die Eltern müssen wir neben der damit verbrachten Zeit auch die Beweggründe der Erziehungsberechtigten für die Nutzung der Geräte berücksichtigen“, so Zhang.
Dillon Browne, Canada Research Chair in Child and Family Clinical Psychology und Professor für Psychologie in Waterloo, geht davon aus, dass sich diese Muster auch nach der Pandemie fortsetzen werden.
„Die Medienlandschaft in der Familie wird weiter wachsen und an Bedeutung gewinnen“, sagte Browne, einer der Mitautoren der Studie. „In Zukunft ist es wichtig, die Nuancen der digitalen Medien zu berücksichtigen, da einige Verhaltensweisen mit dem psychischen Wohlbefinden und andere mit Distress verbunden sind.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Computers in Human Behavior (2022). DOI: 10.1016/j.chb.2022.107324
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