Emotionsfokussierte Psychotherapie erhöht die Aktivierung und Konnektivität der Amygdala bei euthymischer bipolarer Störung
18.04.2023 In einer in Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging veröffentlichten Studie wird ein therapeutisches Instrument vorgestellt, das sich auf die emotionale Wahrnehmung fokussiert und die Aktivierung und Konnektivität eines emotionsregulierenden Zentrums im Gehirn erhöht. Die Psychotherapie könnte bei der langfristigen Behandlung und Rückfallprävention der bipolaren Störung (bipolare affektive Störung; BAS) wirksam sein.
Unter der Leitung von Dr. Kristina Meyer und Dr. Catherine Hindi Attar von der Charité-Universitätsmedizin Berlin untersuchten die Forscher mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) die Auswirkungen von zwei psychotherapeutischen Interventionen auf BAS-Symptome sowie auf die Aktivierung der Amygdala und die Konnektivität mit anderen emotionsbezogenen Hirnregionen.
Die Amygdala – ein Paar kleiner, bilateraler Regionen im limbischen System des Gehirns – hilft, Emotionen zu regulieren und wichtige Reize zu erkennen. Die Forschung hat gezeigt, dass BAS-Patienten (außerhalb einer manischen Episode) eine veränderte Aktivierung und funktionelle Konnektivität der Amygdala aufweisen.
Bei einer Intervention erhielten 28 Patienten eine emotionsfokussierte Psychotherapie, bei der sie angeleitet wurden, ihre Emotionen wahrzunehmen und zu benennen, ohne sie zu vermeiden oder zu unterdrücken. Bei der zweiten Intervention mit 31 Teilnehmern handelte es sich um eine spezifische kognitive Verhaltenstherapie, die sich auf das Üben sozialer Interventionen fokussierte.
Aktivierung der Amygdala
Die Forscher erfassten die Symptome der Patienten mit Hilfe eines Längsschnittinterviews 24 Wochen lang vor der Behandlung sowie sechs Monate lang während der Behandlung, sechs Monate und zwischen sechs und 12 Monaten nach der Behandlung. Die Auswertung ergab separate wöchentliche Messungen von Manie und Depression auf einer Skala von 1 bis 6, die von keinen Symptomen (1) bis zu psychotischen Symptomen oder schweren Funktionseinschränkungen (6) reichte. Siebzehn Teilnehmer aus jeder Behandlungsgruppe unterzogen sich einem fMRT-Scan, während sie eine emotionale Gesichtszuordnungsaufgabe ausführten, ebenso wie 32 gesunde Kontrollpersonen.
„In Übereinstimmung mit unseren Erwartungen zeigten die Patienten, die an der emotionsfokussierten Therapie teilnahmen, nach der Intervention eine erhöhte Aktivierung und Konnektivität der Amygdala im Vergleich zu den Patienten, die die kognitiv-behaviorale Intervention erhielten, was eine verbesserte Emotionsverarbeitung und erhöhte Toleranz gegenüber negativen Emotionen widerspiegeln könnte“, so Meyer. Im Gegensatz dazu zeigten die Patienten der kognitiv-behavioralen Intervention eine erhöhte Aktivierung von Hirnregionen, die mit der sozialen Funktion zusammenhängen, aber keine veränderte Amygdala-Aktivität.
„Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass verschiedene psychotherapeutische Ansätze ihre positive Wirkung auf unterschiedlichen neuronalen Wegen entfalten“, fügt Studienautor Dr. Felix Bermpohl von der Charité-Universitätsmedizin Berlin hinzu.
© Psylex.de – Quellenangabe: Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging (2023). DOI: 10.1016/j.bpsc.2023.02.008