Einkommensniveau steht im Zusammenhang mit dem Erleben körperlicher Schmerzen, unabhängig davon, ob es sich um ein reiches oder ein armes Land handelt
17.04.2023 Eine neue in Social Psychological and Personality Science veröffentlichte Studie mit Daten weltweiter Meinungsumfragen legt nahe, dass der Einkommensstatus bzw. der sozioökonomische Rang einer Person im Vergleich zu Gleichaltrigen mit ihrer Erfahrung von körperlichen Schmerzen zusammenhängt, wobei ein niedrigerer Einkommensstatus mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Schmerzen verbunden ist. Dies ist das erste Mal, dass ein solcher Zusammenhang nachgewiesen wurde.
Der Studie zufolge besteht dieser Zusammenhang in gleichem Maße, unabhängig davon, ob die Person in einem reichen oder einem armen Land lebt.
Der Einkommensrang ist die Position des absoluten persönlichen Einkommens einer Person in einer Liste von Einkünften, die vom niedrigsten zum höchsten Betrag geordnet sind. Je höher die Position in der Liste ist, desto höher ist der Einkommensrang.
Die von Dr. Lucía Macchia – Dozentin für Psychologie an der City University of London – verfasste Studie zeigt auch, dass Menschen in armen Ländern nicht besser abschneiden als Menschen in reichen Ländern, wenn es um die Auswirkungen der absoluten Höhe ihres persönlichen Einkommens auf die Wahrscheinlichkeit geht, dass sie Schmerzen empfinden.
Dieses für die Forscher unerwartete Ergebnis erfordert weitere Untersuchungen, da die Vorhersage lautete, dass Menschen in ärmeren Ländern stärker betroffen sein würden, wenn man davon ausgeht, dass ein Anstieg des absoluten Einkommens es ihnen ermöglicht, mehr Ressourcen zur Förderung ihres Wohlbefindens zu erhalten, die in reichen Ländern leichter verfügbar sind, schreiben die Psychologen.
Negative Emotionen als Schlüsselfaktor
Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass ein übergeordneter Faktor, der das Schmerzniveau einer Person auf der Grundlage ihres persönlichen Einkommens beeinflusst, negative Emotionen sein könnten, die mit der Einschätzung ihrer Einkommenslage im Vergleich zu ihnen bekannten Personen zusammenhängen. Sei es im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des eigenen Deprivationsniveaus im Vergleich zu ihren Mitmenschen (gemäß der Theorie der relativen Deprivation) oder mit der Stellung in der Gesellschaft und dem Gefühl der mangelnden sozialen Mobilität (Theorie des sozialen Vergleichs).
In der Studie wurden die Daten der jährlichen World Gallup Poll (GWP) aus den Jahren 2009-18 analysiert, die aus den Antworten von rund 1,3 Millionen erwachsenen Befragten aus 146 Ländern bestehen. Die Befragten wurden nach ihrem monatlichen Gesamteinkommen vor Steuern gefragt, das durch die Anzahl der Personen in ihrem Haushalt geteilt wurde, um das persönliche Einkommen der Befragten zu ermitteln. Die Befragten wurden auch gefragt, ob sie am Tag vor der Befragung körperliche Schmerzen hatten, was sie mit „ja“ oder „nein“ beantworten konnten. In den Analysen wurden aus diesen Daten und weiteren Zusatzinformationen lineare Regressionsmodelle erstellt.
In dieser Studie wird Schmerz als das Gefühl der Menschen bezeichnet, das sie bei einem schmerzenden Körper empfinden, unabhängig davon, ob eine körperliche Schädigung vorliegt.
Körperliche Schmerzen und ihre Folgen
Körperliche Schmerzen haben in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen und sind zu einer Priorität für die globale öffentliche Gesundheit geworden. Schmerzen beeinträchtigen die Freizeit und die Produktivität am Arbeitsplatz, erhöhen die Gesundheitskosten und stellen eine große Herausforderung für die Gesundheitssysteme dar. Schmerzen spielen eine Schlüsselrolle bei Suizid sowie bei Drogen- und Alkoholmissbrauch. Angesichts dieser Umstände ist das Verständnis des Kontextes von Schmerzen entscheidend für die Bewältigung ihrer Folgen.
Studienautorin Macchia sagte: „Dies ist die erste Studie, wonach Einkommensrang und Schmerzen weltweit miteinander verbunden sind. Sie legt nahe, dass psychologische Faktoren, die mit dem bekannten Phänomen des sozialen Vergleichs zusammenhängen, die körperlichen Schmerzen der Menschen beeinflussen können.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Social Psychological and Personality Science (2023). DOI: 10.1177/19485506231167928