Gedanken, dem Baby etwas anzutun, scheinen ein normaler, aber unangenehmer Teil der Erfahrungen nach einer Entbindung zu sein
02.03.2022 Viele neue Mütter haben unerwünschte und aufdringliche (intrusive) Gedanken bezüglich der absichtlichen Schädigung / Verletzung ihres Babys, aber diese Gedanken scheinen die Wahrscheinlichkeit nicht zu erhöhen, dass sie ihrem Neugeborenen tatsächlich etwas antun laut einer neuen Studie der University of British Columbia (UBC).
Die Forscher stellen fest, dass solche Gedanken mit frischgebackenen Müttern als normale, wenn auch unangenehme und wahrscheinlich belastende postpartale Erfahrung besprochen werden sollten. Wenn keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen, stellen sie jedoch kein Risiko für die Sicherheit des Kindes dar.
Die im The Journal of Clinical Psychiatry veröffentlichte Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen postpartalen Zwangsstörungen und mütterlicher Aggression gegenüber dem Säugling. Sie bestätigt die Ergebnisse einer früheren Pilotstudie.
Mutter sind bei unerwünschten und intrusiven Gedanken nicht stärker bei Verletzungen ihres Kindes involviert als die Frauen, die nur über zufällige Gedanken berichten, denn diese Gedanken sind ganz normal und kommen ständig vor, sagt Studienautorin Dr. Nichole Fairbrother.
Mögliche Entwicklung einer Zwangsstörung
Auch wenn ungewollte, intrusive Gedanken, dem eigenen Kind absichtlich zu schaden, nicht mit einem erhöhten Risiko für das Verletzen des eigenen Kindes in Verbindung stehen, gibt es Hinweise darauf, dass diese Art von Gedanken bei gefährdeten Frauen zur Entwicklung einer Zwangsstörung führen kann.
Die Zwangsstörung ist eine angstbedingte Erkrankung, die durch das Wiederauftreten unerwünschter, aufdringlicher und belastender Gedanken gekennzeichnet ist. Bleibt sie unbehandelt, kann sie Elternschaft, Beziehungen und das tägliche Leben beeinträchtigen.
Die Unterscheidung zwischen völlig normalen Gedanken und solchen, die auf einen Behandlungsbedarf hindeuten – und Gedanken, die eine Bedrohung für das Baby darstellen – könnte die Kommunikation zwischen medizinischem Personal und frischgebackenen Müttern in einer schwierigen Zeit verbessern.
„Meine Sorge ist, dass es derzeit so wenig Verständnis und Aufklärung in diesem Bereich gibt, dass die Offenlegung von Informationen Reaktionen auslösen kann, die nicht hilfreich sind“, sagt Dr. Fairbrother. „Wir haben Beispiele von Menschen, die an einer postpartalen Zwangsstörung litten und denen trotzdem ihr Kind weggenommen wurde, weil das Verständnis dafür sehr gering war.“
Auftreten dieser Gedanken und tatsächliche Aggressionen gegenüber dem Baby
Von den 763 befragten Teilnehmerinnen an der postpartalen Studie in British Columbia lieferten insgesamt 388 Daten in Form von Fragebogen und Interviews, um „unerwünschte, intrusive Gedanken“ (UIT) in Bezug auf Verletzungen des Kinds, Zwangsstörungen und mütterliche Aggressionen gegenüber dem Kind zu bewerten.
Von den 151 Frauen mit unerwünschten intrusiven Gedanken hinsichtlich einer Schädigung des Säuglings gaben vier an, sich ihrem Säugling gegenüber aggressiv zu verhalten, was einer geschätzten Prävalenz von 2,6 Prozent entspricht – im Vergleich zu 3,1 Prozent bei den Frauen, die keine derartigen Gedanken angaben.
Mit anderen Worten: Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen lag bei weniger als einem Prozent.
© Psylex.de – Quellenangabe: The Journal of Clinical Psychiatry (2022). DOI: 10.4088/JCP.21m14006