Zwangserkrankung, Zwangsstörungen Infos

Zwangserkrankung, Zwangsstörungen

Psychische Störungen – Krankheitsbilder

Zwänge mit subklinischen Charakter sind relativ häufig. Besorgniserregend wird es dann, wenn die Zwangsgedanken oder/und die Zwangshandlungen zu einer deutlichen Beeinträchtigung des täglichen Lebens führen.

Liste der Zwangserkrankungen

Epidemiologie der Zwangstörungen

Meistens treten Zwangsgedanken und Zwangshandlungen zusammen auf. In 10-25 % der Fälle sind Zwangsgedanken allein, und bei ca. 5% sind Zwangshandlungen allein zu beobachten.

Man kann davon ausgehen, dass Zwangsstörungen bei Frauen und Männern gleich ungefähr gleich oft vorkommen.

Zu weiteren fundierten Aussagen können bis heute gemachte Studien nicht beitragen.

Verlauf

Bemerkenswert ist, dass bei einem Drittel der Zwangspatienten es vorher neurotische Störungen gab. Der durchschnittliche Beginn der Zwangsstörung liegt bei ca. 23 Jahren. Kontrollzwänge (meist Männer) beginnen meist mit ca. 18 Jahren, die Waschzwänge (meist bei Frauen) beginnen erst mit ca. 27 Jahren.

Wie bei den meisten anderen psychischen Störungen auch, versuchen die Zwangspatienten ihre Störung zu verbergen oder sie versuchen sich damit zu arrangieren.

Ca. 30 % der Patienten mit Zwangsstörungen erfüllen auch die Kriterien einer Depression. Bei 30 % der Patienten werden soziale Ängste diagnostiziert.

Psychotherapie bei Patienten mit Zwangsstörungen

Psychoanalyse: Nicht zu empfehlen bei Zwangsstörungen, siehe auch unten den Forschungsnews.

Als Therapie der Wahl bei der Behandlung von Zwangsstörungen gilt das Verfahren der Konfrontation und Reaktionsverhinderung.

Das Prinzip dabei ist, dass der Patient mit denjenigen Situationen konfrontiert wird, die seine Zwangshandlungen auslösen (z.B. Schließen des Kühlschranks –> Kontrolle, ob auch wirklich geschlossen). Der Patient darf danach nicht die Zwangshandlung ausführen, die kurzfristig seine Angst und Unruhe senken würde.

Dabei erlebt der Patient, dass mit der Zeit seine Angst nachläßt, obwohl die Zwangshandlungen nicht ausgeführt werden. Dies geht mit einem Gefühl der Erleichterung einher und einer Erhöhung der Kompetenz im Umgang mit dem Problem. Wichtig dabei auch ist, dass die Patienten lernen, angstfreie Verhaltensalternativen zu entwickeln (Anmerkung: was im Grunde aber ja gegen den Sinn des Konfrontationsprinzips steht).

Auch hier gibt es innerhalb des Verfahrens verschiedene Ansätze des Vorgehens. Zu den Therapie- bzw. Behandlungsmöglichkeiten.

Zur Behandlung von Patienten mit Zwangsgedanken

Üblicherweise:
Die erfolgreiche Therapie von Patienten mit Zwangsgedanken beinhaltet, dass der funktionelle Zusammenhang zwischen diesen Gedanken mit anderen Kognitionen bzw. Situationen erfasst wird. Notwendig ist es dann eine kognitive Umstruktuierung vorzunehmen (möglichst im natürlichem Umfeld).

Zuordnung der Zwangsstörung

Klassifikation der Zwangsneurose fraglich

Ob damit fortzufahren ist, die Zwangsstörung (auch Zwangsneurose genannt) als Angststörung zu klassifizieren wird kontrovers diskutiert, zufolge der 8. August Ausgabe von The Lancet.

Der Artikel bemerkt, dass biologische und Verhaltensmodelle einige Aspekte der Störung erklären und geholfen haben können, Behandlungen zu entwickeln.

Jonathan S. Abramowitz, Ph.D. von der Universität von North Carolina in Chapel Hill und Kollegen überprüften die medizinische Literatur über Zwangsneurosen mit besonderem Fokus auf die letzten fünf Jahre.

Die Forscher bemerken, dass eine Kontroverse darüber existiert, ob Zwangsstörungen als Angststörung oder als Gruppe besessen-zwanghaft bezogene Störungen klassifiziert werden sollten.

Biologische vs. Verhaltensmodelle

Biologische Modelle weisen auf die Funktionsstörung verschiedener Gehirntransmitter einschließlich des Serotonins hin, während die kognitiven Verhaltensmodelle die Wichtigkeit dysfunktionaler Überzeugungen hervorheben.

Kein Modell erklärt die Störung vollständig, bemerken die Autoren, aber sie haben dazu geführt, empirische Behandlungen, Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und kognitive Verhaltenstherapie zu entwickeln.

Neue Entwicklungen in der Behandlung der Zwangsstörung schließen Medikamente ein, die in Verbindung mit kognitiver Verhaltenstherapie funktionieren, das Vielversprechendste ist D-Cycloserin, schlossen Abramowitz und Kollegen.

Quelle: The Lancet 2009

Wie sich zwanghaftes Verhalten entwickelt

22.12.2014 Eine neue Studie hat herausgefunden, dass eine Überaktivierung der Gewohnheitsskontrolle im Gehirn hinter dem Zwangsverhalten bei Zwangsstörungen (auch Zwangsneurosen genannt) stecken könnte.

Die im American Journal of Psychiatry veröffentlichte Studie untersuchte die Möglichkeit, dass ein hyperaktives Gewohnheitssystem die Ursache für zwanggesteuertes Verhalten ist.

Gewohnheitssystem

Diese Forschungsarbeit sieht Zwangsstörungen damit weniger als eine Störung, die durch Gedanken über Obsessionen oder fehlerhafte Überzeugungen entstehen, sondern eher als eine Bedingung, bei der das Gewohnheitssystem des Gehirns Amok läuft laut den Wissenschaftlern Claire Gillan und Trevor Robbins vom Fachbereich für Psychologie der Universität Cambridge.

Die Forscher scannten die Gehirne von 37 Menschen mit Zwangsstörungen und von 33 gesunden Menschen, während sie wiederholt eine einfache pedaldrückende Verhaltensreaktion durchführten, um einem leichten Elektroschock am Handgelenk zu entgehen.

Nucleus caudatus

Die Forscher stellten fest, dass die zwangsgestörten Patienten weniger in der Lage waren, die pedalbetätigende Gewohnheit abzustellen. Dies war mit einer exzessiven Gehirnaktivität im Nucleus caudatus verbunden, eine Region, die innerhalb normaler Parameter ‘feuern’ muss, damit wir unsere Gewohnheiten kontrollieren können.

Es ist bereits seit längerem bekannt, dass der N. caudatus hyperaktiv ist, wenn die Zwangsstörungssymptome bei Patienten provoziert werden, bemerkten die Forscher. Dass die Gewohnheiten, die die Forscher diesen Patienten im Labor antrainierten ebenfalls den N. caudatus zur Überreaktion bringen konnten, legt zusätzliches Gewicht auf die Theorie, dass Zwänge (bei Zwangsstörungen) durch das Gewohnheitssystem des Gehirns verursacht werden können.

Zwanghaftigkeit auch bei Drogenmissbrauch und Binge Eating

Sie bemerkten weiterhin, dass die Befunde nicht auf Zwangsstörungen beschränkt sind, und dass Gewohnheiten tatsächlich hinter vielen psychiatrischen Aspekten stecken können.

Es sind nicht nur die Zwangsstörungen – es gibt eine Vielzahl menschlicher Verhaltensweisen (z.B. Drogen– und Alkoholmissbrauch oder Binge Eating), die nun als Beispiele für Zwanghaftigkeit betrachtet werden können, sagte Gillan.

Was all diese Verhaltensweisen gemein haben, ist der Verlust der Top-Down-Kontrolle, verursacht wahrscheinlich durch Kommunikationsfehler zwischen Regionen, die unsere Gewohnheiten kontrollieren und jenen (wie der präfrontale Cortex), die normalerweise dabei helfen, unser Willensverhalten zu kontrollieren. Während sich zwanghaftes Verhalten mit der Zeit immer tiefer eingräbt, spielen unsere Absichten immer weniger einer Rolle dabei, was wir tatsächlich tun.
Die Forscher sagen, dass dies von unserem Gewohnheitssystem abhänge.

Während einige Gewohnheiten unser Leben leichter machen können – wie die Automatisierung der Zubereitung des Morgenkaffees – gehen andere zu weit und fangen an, die Kontrolle über unser Leben zu übernehmen auf heimtückische Weise, formen unsere Vorlieben, Überzeugungen und im Falle von Zwangsstörungen, sogar unsere Ängste, sagte Robbins.

“Solche Bedingungen, bei denen maladaptive (schlecht angepasste), sich wiederholende Gewohnheiten unser Verhalten dominieren, gehören zu denen, die am schwierigsten zu behandeln sind – sei es durch kognitive Verhaltenstherapie oder Medikamente.”

Die Studie hebt die Wichtigkeit hervor, Zwangsstörungen früh zu behandeln, bevor das dysfunktionale Verhalten sich etabliert und schwierig zu behandeln wird, fügte Koautorin Barbara Sahakian hinzu.

© PSYLEX.de – Quellen: American Journal of Psychiatry, Universität Cambridge; Dezember 2014

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