Negative Erziehung = mehr negative Eigenschaften bei Männern?

Untersuchung des möglichen Zusammenhangs zwischen Kindesmisshandlung und abweisenden, gefühllosen Eigenschaften bei Kindern und Heranwachsenden

Negative Erziehung = mehr negative Eigenschaften bei Männern?

25.01.2022 Strenge und negative Erziehungsmethoden werden seit langem mit der Entwicklung von abweisenden, gefühllosen Eigenschaften bei Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht.

Nun hat eine Studie von Forschern der Florida State University ergeben, dass misshandelte Männer eher diese kalten, emotionslosen Charakterzüge entwickeln als Frauen. Zu den ‚gefühllosen‘ Eigenschaften gehören nach dieser Studie Lügen, Betrug und fehlende Schuldgefühle.

Die Studie

Die Forscherin Bridget Joyner vom Fachbereich Kriminologie leitete die in der Zeitschrift Child Abuse and Neglect veröffentlichten Studie. Laut Joyner ist es eine der ersten Studien, die sowohl männliche als auch weibliche Jugendliche untersuchte.

Die meisten Studien, die sich mit ähnlichen Zusammenhängen befasst haben, haben keine Frauen in ihre Stichproben aufgenommen; es waren ausschließlich Männer, sagte sie.

Die Stichprobe der Studie umfasste 4.579 männliche und weibliche Jugendliche, die zwischen 1999 und 2006 aus dem National Survey of Child and Adolescent Well-Being gezogen wurden.

Vorläufer für die Entstehung von Psychopathie

Joyner sagte, dass die Entwicklung von kalten-unemotionalen Zügen ein Vorläufer für die Entstehung von Psychopathie bei Erwachsenen ist, die wiederum ein Prädiktor für kriminelles Verhalten ist.

Kevin Beaver, Judith-Rich-Harris-Professor für Kriminologie, arbeitete mit Joyner an der Studie. Beaver sagte, Frauen entwickelten zwar nicht so häufig abweisende-emotionslose Persönlichkeitsmerkmale, aber auch sie tragen die Folgen von Kindesmisshandlung.

Externalisierendes Verhalten bei Männern, internalisierendes bei Frauen

Männer neigen dazu, auf negative Erfahrungen eher mit äußerlichen Verhaltensweisen und anderen sichtbaren Merkmalen (externalisieren) zu reagieren, sagte er. Bei Frauen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie es verinnerlichen (internalisieren). Das kann bedeuten, dass sie Dinge wie chronischen Stress, Angst und Depression entwickeln.

Joyner sagte, dass die Entwicklung gefühlloser bzw. emotionsloser Charakterzüge als eine adaptive Reaktion der Opfer angesehen wird, die sie vor weiterem emotionalen Stress schützt.

Man geht davon aus, dass die Entwicklung dieser Eigenschaften dazu führt, dass sie sich mehr zurückziehen und sich so davor schützen, erneut verletzt zu werden, sagte sie.

Frühzeitiges Eingreifen

Die Ergebnisse legten nahe, dass ein frühzeitiges Eingreifen bei misshandelten Kindern die spätere Entwicklung von gefühllos-unemotionalen Wesenszügen abschwächen könnte.

Dazu müssten die Risikofaktoren frühzeitig erkannt werden, so Joyner.

Die Risikofaktoren zu identifizieren – die uns sagen, wie wir diese Personen betrachten und behandeln müssen, um die Entwicklung dieser Eigenschaften zu verhindern – ist wichtig, sagte sie. Und wenn wir sie nicht verhindern können, müssen wir sie behandeln, damit sich das Muster in der nächsten Generation nicht wiederholt.

© Psylex.de – Quellenangabe: Child Abuse & Neglect (2021). DOI: 10.1016/j.chiabu.2021.105327

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