Chronische Schmerzen, Schmerzsyndrom und die Psyche

Was mache ich bei chronischen Schmerzen?

Wenn Sie Schmerzen länger als sechs Monate nach einer Verletzung oder Krankheit haben, dann sagt man, dass sie chronisch sind.

Die American Academy of Family Physicians (Amerikanische Akademie der Hausärzte) schlägt vor, wie man mit chronischem Schmerz zurechtkommen kann:

Was hilft?

  • Mit Medikamenten, wie Schmerztabletten, Antidepressiva oder Antiepileptika.
  • Mit Physiotherapie.
  • Mit low-impact Übungen (leichte Fitness). Beispiele wären: (spazieren) gehen oder schwimmen.
  • Mit „Verhaltenstherapie“, welche einem beibringt, wie man Dinge (auf der Arbeit oder in der Freizeit) auf eine Weise machen kann, die den Schmerz nicht verschlimmert.
  • Mit Verhaltenstherapie, welche lehrt, Stress und Relaxen als Wege zu erkennen, die zur Reduktion von Schmerzen beitragen können.
  • Durch viel Schlaf.
  • Mit dem Rauchen aufhören.

Quelle: American Academy of Family Physicians, Juli 2010

Tipps, Ratschläge

Wenn Sie häufig Schmerzen haben, kann es helfen, wenn Sie das Problem gezielt angehen und beispielsweise Ihren Lebensstil ändern; eine gesündere Lebensweise könnte chronische Schmerzen lindern oder sogar verschwinden lassen.

Zumindest kann man lernen, besser mit ihnen umzugehen. Die Cleveland Clinic in den USA bietet diese Tipps an:

  • Reden Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Symptome und Sorgen.
  • Erforschen Sie Ihre Schmerzen und lernen Sie so viel wie möglich darüber, wie man mit ihnen umgeht.
  • Geben Sie sich selbst jeden Tag Gelegenheiten zur Entspannung. Versuchen Sie es mit Stressbewältigungstechniken wie tiefes Atmen.
  • Setzen Sie sich Ziele, die Sie auch erreichen können; setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck, doch ermutigen Sie sich auch.
  • Schränken Sie Ihren Alkoholkonsum ein und Hören Sie mit dem Rauchen auf.
  • Schliessen Sie sich einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit chronischen Schmerzen an.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Cleveland Clinic, Jan. 2013

Neue Technologien können chronische Schmerzen lindern

08.10.2015 Viele Millionen Menschen leiden unter Schmerzen, die nicht weggehen. Vielen dieser chronischen Schmerzpatienten helfen Tabletten, Injektionen und Operationen nicht, während bei anderen die vorübergehende Linderung des Schmerzes gegen Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit oder Verdauungsprobleme und oft auch Medikamentenabhängigkeit getauscht werden.

Die American Society of Anesthesiologists hat eine Liste einiger neuer Technologien zusammengestellt, die Schmerzpatienten neue Hoffnung geben könnten.

Liste neuer Techniken zur Schmerzlinderung

Hier sind einige der neuesten High-Tech-Methoden, um chronischen Schmerz zu lindern:

Radiofrequenz-Ablation

Bei der Radiofrequenz-Ablation wird ein winziger Bereich des Nervengewebes erhitzt, wobei das Nervengewebe zerstört wird, das für die Entstehung der Schmerzen verantwortlich ist.

Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren (CT) führt der Schmerzmedizinspezialist eine Nadel in den für den Schmerz verantwortlichen Nerv ein und verödet ihn mit Hilfe des elektrischen Stroms hervorgerufen durch die Radiowellen. Die Schmerzreduktion kann bis zu einem Jahr anhalten.

Schmerzblocker

Unter der Führung von Röntgendiagnostik injizieren Schmerzärzte ein betäubendes Medikament, das den Schmerz blockiert oder dämpft, und sogar chronischen Schmerz davon abhalten kann, sich zu entwickeln. Die Stelle der Injektion hängt von der Quelle und Art des Schmerzes ab.

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Bild: Julia Cdrd (pixabay)

Zum Beispiel können Schmerzen im Arm oder Gesicht durch Blockierung der Nerven im Hals gelindert werden. Chronische Unterleibsschmerzen oder Schmerz durch Krebs wie Bauchspeicheldrüsenkrebs können durch eine Spritze in die Nerven gelindert werden, die den Unterleib versorgen. Eine Schmerzentlastung kann mehrere Spritzen erfordern und muss eventuell wiederholt werden.

Transkutane elektrische Nervenstimulation

Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) kann eine kurzfristige Schmerzlinderung besonders bei verschiedenen Formen des Muskelschmerzes herbeiführen. Hierbei werden elektrische Signale geringer Voltzahl von einem kleinen Gerät an den schmerzhaften Bereich über auf der Haut angeklebte Pads abgegeben. Der Patient fühlt kleine Impulse, wenn das Gerät an ist.

Die Forscher sind sich nicht sicher, warum es funktioniert, aber sie nehmen an, dass entweder die Nervensignale an das Gehirn unterbrochen werden oder es die Produktion von „Gutfühl“-Endorphinen stimulieren kann, die natürlichen Schmerzmittel des Körpers.

Rückenmarkstimulation

Wenn andere Methoden fehlschlagen, kann ein Schmerzspezialist eine Rückenmarkstimulation empfehlen. Dabei wird ein Schrittmacher-ähnliches Gerät benutzt, das den Schmerz durch eine erträglichere Empfindung ersetzt – normalerweise Kribbeln oder Massage-ähnlich. Der Arzt implantiert das Gerät im unteren Rücken, schließt es an winzige Drähte an, die sich im Rückenkanal befinden. Wenn der Patient Schmerzen empfindet, kann er/sie über eine Fernsteuerung Signale an den schmerzhaften Bereich senden.

Diese Technik kann bei Rückenschmerzen wie auch Neuropathie – Nervenschäden in den Beinen, die Taubheit und Schmerzen verursachen – helfen. Neuropathie ist bei Personen mit Diabetes weit verbreitet.

Hochfrequenz-Rückenmarkstimulation

Eine kürzlich in Anesthesiology – die medizinische Zeitschrift der ASA – veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass eine spezielle Hochfrequenzform der Rückenmarkstimulation deutlich größere langfristige Entlastung für sowohl chronische Rücken- als auch Beinschmerzen brachte, verglichen mit traditioneller Niederfrequenz-Rückenmarkstimulation. Die Hochfrequenz-Rückenmarkstimulation linderte auch Schmerzen, ohne kribbelnde oder andere stimulationsinduzierte Empfindungen, die einige Patienten als störend empfinden.

Schmerzpumpe

Spezielle Pumpen können implantiert werden, die dem Patienten durch den Druck auf einen Knopf erlauben, lokale Betäubungsmittel, Narkotika und andere Schmerzmedikamente ins Rückenmark zu pumpen. Dies kann Entlastung bringen, während es die Nebenwirkungen vermeidet, die oft durch die orale Medikamentenaufnahme herrühren.

Patienten werden dadurch auch psychologisch gestärkt, weil sie die direkte Kontrolle über ihrer Schmerzen haben. Diese Rückenmark-Medikamentenpumpen werden am häufigsten von Menschen mit Krebsschmerzen benutzt, aber auch von Patienten mit anderen Schmerztypen, die Nebenwirkungen durch ihre Medikamente erleiden.

Am Horizont:

Benutzung unserer eigenen Zellen gegen den Schmerz: Hierbei werden Stammzellen aus dem Knochenmark eines Patienten entnommen und in einen Bereich injiziert – wie z.B. dem unteren Rücken – wo Schmerzen durch ein schadhaftes Gewebe enstanden sind. Die Hoffnung ist, dass die Stammzellen neues, gesundes Gewebe aufbauen und den Schmerz anhaltend lindern.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: American Society of Anesthesiologists; Okt. 2015

Therapie kann chronischen Schmerzpatienten zu einem guten Schlaf verhelfen

06.11.2015 Forscher der Universität Warwick zeigen in einer in der Zeitschrift Sleep veröffentlichten Studie, dass Patienten mit chronischen Schmerzen durch kognitive Verhaltenstherapien wieder gut schlafen können.

Die Psychologen überprüften 72 Studien mit 1.066 Patienten im Alter von 45 bis 61, die unter Schlaflosigkeit und chronischen Schmerzen aufgrund verschiedener Krankheiten und Gebrechen wie etwa Krebs, Kopfschmerzen und Arthritis litten.

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Bild: Daumier, Honoré

Die Behandlungen deckten eine Reihe von Ansätzen ab. Die häufigsten Interventionsmaßnahmen waren

  • Psychoedukation zur Schlafhygiene (z.B. Gewohnheiten wie ein regelmäßiges Schlafmuster),
  • Stimuluskontrolle,
  • Schlafentzug und
  • kognitive Psychotherapie.

Medikamentenstudien wurden nicht berücksichtigt, da Schlafmittel langfristig abhängig machen, sagte Studienautorin Dr. Nicole Tang.

Kognitive Verhaltenstherapie zeigte sich bei der Behandlung der Schlaflosigkeit bei chronischen Schmerzpatienten moderat oder stark wirksam. Auch profitierten diese Patienten von einer Verbesserung bei Schmerz, Erschöpfung und Depression.

Die Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie funktionierte aber nur persönlich. Wurden die Patienten über Telefon oder das Internet behandelt, sank die Wirksamkeit rapide bis zur Unwirksamkeit.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Warwick, Sleep; Nov. 2015

Statistik

Fast 70 Prozent der US-Amerikaner (in Europa ist es ähnlich) sagen, dass sie oder jemand, um den sie sich kümmern, in den letzten 30 Tagen Schmerzen erfuhr, wie eine neue Studie zeigt.

Teil des Lebens für viele

Die Veröffentlichung der American Osteopathic Association (AOA) Umfrage ist Teil ihrer Öffentlichkeits-Kampagne, um Menschen mit chronischen Schmerzen zu ermutigen, Hilfe und Ressourcen zu suchen.

Chronischer Schmerz ist ein sehr ernstes und wenig aufgegriffenes Thema in der Öffentlichkeit und viele Menschen zögern, mit ihrem Arzt zu sprechen, aus Angst sich ausgeliefert zu fühlen, oder weil sie einfach nicht wissen, wie das Gespräch zu beginnen ist, sagte Dr. Robert I. Danoff vom Aria Health System in Philadelphia in einer AOA Pressemitteilung.

Es ist für Ärzte und ihre Patienten wichtig zusammenzuarbeiten, um den Schmerz anzugehen.

Statistik: Ergebnisse der Umfrage

  • 48 Prozent der Befragten glauben nicht, dass richtige Behandlung chronische Schmerzen lindern kann.
  • 41 Prozent glauben, dass Schmerz ein normaler Teil des Alterns ist, und 10 Prozent ignorieren den Schmerz einfach.
  • 36 Prozent würden vom Arzt empfohlene oder verschriebene Schmerzmittel aus Angst davor ablehnen, abhängig zu werden.
  • 34 Prozent glauben, dass Schmerzmedikamente, die Nebenwirkungen verursachen, schlechter als Schmerz selbst sind.
  • 31 Prozent würden nicht mit einem Doktor über ihren Schmerz sprechen, aus Angst, weil sie sich keine Behandlung leisten könnten (dürfte in Europa anders sein).
  • Nur 18 Prozent würden mit einem Spezialisten sprechen, wenn sie unter chronischen Schmerzen litten.

Mehr als 76 Millionen US-Amerikaner leben jeden Tag mit Schmerzen, und chronischer Schmerz betrifft mehr US-Amerikaner, als Krebs, Diabetes und Herzkrankheit zusammen laut der Umfragestatistik.

Quelle: American Osteopathic Association, Okt. 2010

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Beiträge zu “Chronische Schmerzen, Schmerzsyndrom und die Psyche”

  1. Wegen Polyarthrose leiden ich mein halbes Leben lang schon an mehr oder weniger starken chronischen Schmerzen. Schmerzmittel helfen, aber mit vielen Nebenwirkungen. Darum nehme ich diese eher selten. Schmerzfrei fühle ich mich im Wasser. Daher gehe ich 2 mal in der Woche ins Schwimmbad. Natürlich bin ich durch die Schmerzen im Alltag oft eingeschränkt. Vieles mache ich erst gar nicht mehr, z. B. bestimmte Reisen, Gartenarbeit, Sport. Medizinische Hilfe erwarte ich eher nicht mehr. Meine Schmerzen sind austherapiert und zudem beschäftigt sich mein Hausarzt, aber auch der Orthopäde damit nicht mehr. Physiotherapie habe ich nie rezeptiert bekommen.

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


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