Ungewissheit, Unsicherheit (Psychologie)

Ungewissheit ist ein – für viele beängstigender – mentaler Zustand, der sich aufgrund dessen einstellt, wenn man nicht weiß, wie sich etwas entwickeln wird.

Ungewissheit kann mehr Stress verursachen als gewisser Schmerz

29.03.2016 Eine in der Zeitschrift Nature Communications herausgegebene Studie des University College London hat herausgefunden, dass Ungewissheit deutlich mehr Stress verursachen kann als die Gewissheit, schmerzhafte Elektroschocks zu bekommen.

In dem Experiment spielten 45 Freiwillige ein Computerspiel, bei dem sie Felsen umsetzen sollten, um mögliche sich darunter verbergende Schlangen zu finden. Sie sollten raten, ob sich eine Schlange unter dem Felsen verbirgt. Befand sich eine darunter, bekamen sie einen leichten aber schmerzhaften Elektroschock über die Hand.

Mit der Zeit lernten sie, welche Felsen wahrscheinlicher Schlangen verdeckten, aber diese Wahrscheinlichkeit wurde während des Experiments verändert, so dass es zu Schwankungen bei der Ungewissheit der Teilnehmer kam.


Bild: IIIBlackhartIII

Stress informiert über Gefahreneinschätzung

Es zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit von 50% für einen Elektroschock am stressendsten war, während 0% und 100% Wahrscheinlichkeit den geringsten Stress erzeugten.

Personen, deren Stressausprägung enger mit der Ungewissheit korrespondierte, konnten besser vorhersagen, ob sie einen Schock bekommen würden oder nicht. Dies legt nahe, dass Stress über die Einschätzung der Gefahr informiert.

Studienautor Archy de Berker und Kollegen konnten anhand der physiologisch ermittelten Werte – Schweiss und Weite der Augenpupille – sagen, dass es schlimmer ist, nicht zu wissen, ob man einen Schock bekommen wird als die Gewissheit, einen Elektroschock zu bekommen:
Je unsicherer die Teilnehmer waren, desto mehr schwitzten sie, und desto mehr weiteten sich ihre Pupillen.

„Wenn man sich für einen Job bewirbt, ist es ähnlich: Nimmt man an, man bekommt den Job sowieso nicht, oder man hat ihn sicher, geht man viel entspannter an sie Sache“, sagt Koautor Dr. Robb Rutledge. „Das stressendste Szenario ist, wenn man es wirklich nicht weiß. Es ist die Ungewissheit, die uns ängstlich macht.“ Ähnlich ist es z.B. beim Warten auf Klausurergebnisse oder die Resultate medizinischer Tests.

Stress immer negativ?

Der Stress in der modernen Welt wird häufig als eine negative und kontraproduktive Reaktion gewertet. Aber die Studie hat auch eine positive Nachricht: Personen, deren Stress-Reaktionen am stärksten bei der größten Unsicherheit ausschlugen, konnten auch am besten beurteilen, ob bestimmte Felsen Schlangen verbargen.

Von der Perspektive der Evolution bedeutet unsere Entdeckung, dass auf Unsicherheit erzeugende Umweltsituationen abgestimmte Stressreaktionen einen Überlebenvorteil boten, erklärte Koautor Dr. Sven Bestmann. Passende Stress-Reaktionen können also nützlich sein, um über unsichere, gefährliche Dinge in der Umgebung zu erfahren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University College London, Nature Communications; März 2016

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