Armut und das Gehirn

Forschungsartikel und News, die sich mit den Auswirkungen der Armut auf das Gehirn beschäftigen.

Armut schädigt Gehirn des Kindes

22.07.2015 In den USA leben beunruhigende 22% der Kinder in Armut, was langanhaltende negative Folgen für die Gehirnentwicklung, emotionale Gesundheit und schulische Leistung haben kann laut einer in der Zeitschrift JAMA Pediatrics veröffentlichten Studie.

Anm.: Tatsächlich können wir in Deutschland mittlerweile laut Deutschem Kinderschutzbund mit ähnlichen Zahlen aufwarten. Daten aus dem Jahr 2012 gehen davon aus, dass in Deutschland „über 2,5 Millionen Kinder in Einkommensarmut“ leben. „Dies entspricht etwa 19,4 Prozent aller Personen unter 18 Jahren“.

Veränderungen der Gehirnstruktur

Joan L. Luby und ihre Kollegen von der Washington University haben in ihrer Forschungsarbeit bei in Armut lebenden kleinen Kindern Veränderungen in der Architektur des Gehirns identifiziert, die zu einer lebenslangen verstärkten Anfälligkeit für Depression, Lernproblemen und einer reduzierten Fähigkeit mit Stress klarzukommen führen kann.

Förderung durch Eltern kann ausgleichen

Ihre Arbeit zeigt aber auch, dass fürsorgliche, fördernde Eltern einige der negativen Auswirkungen auf die Gehirnanatomie bei den Kindern ausgleichen können. Die Befunde legen nahe, dass, wenn man den Eltern diese Fähigkeiten beibringt (besonders denjenigen, die unterhalb der Armutsgrenze leben) die Kinder einen lebenslangen Nutzen dadurch erhalten.

Die aktuelle Studie konnte zeigen, dass die Auswirkungen der Armut auf die Gehirnentwicklung – insbesondere auf den Hippocampus – stark durch Erziehung und Stress im Leben der Kinder beeinflusst wird, sagte Luby.

Verzögerungen in der Gehirnentwicklung

Forscher der Universität von Wisconsin-Madison fanden heraus, dass Kinder aus einkommensschwachen Elternhäusern ‚irreguläre‘ Gehirnentwicklungen hatten und schlechtere Testergebnisse erreichten, wobei sie die Lücke von geschätzten 20% in der Leistung mit Entwicklungsverzögerungen im Frontal- und Temporallappen des Gehirns erklärten.

In Entwicklungspsychologie und Medizin kommt es nicht oft vor, dass Ursache und Lösung eines Problems im Gesundheitswesen so eindeutig aufgeklärt werden, schreibt Luby. „Es kommt sogar noch seltener vor, dass mögliche und kosteneffektive Lösungen für solche Probleme entdeckt und in Reichweite sind.“

Unterstützung eines fördernden Umfeldes

Auf der Grundlage dieser aktuellen Forschungsarbeit und was bereits über die schädlichen Auswirkungen der Armut auf die Gehirnentwicklung sowie über den Nutzen fördernder Maßnahmen während der frühen Kindheit bekannt ist, haben wir die Aufgabe, das wichtigste Erbe unserer Gesellschaft zu wahren und zu unterstützen: das sich entwickelnde Gehirn, schreibt Luby.

„Frühkindliche Interventionen zur Unterstützung eines fördernden Umfeldes für diese Kinder müssen nun unsere Top-Priorität im öffentlichen Gesundheitswesen zum Wohl aller werden.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Washington University, Universität von Wisconsin-Madison, JAMA Pediatrics; Juli 2015

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