Durch Dankbarkeit neue Freunde gewinnen
Eltern erinnern ihre Kinder oftmals, Bitte und Danke zu sagen. Eine neue Studie der University of New South Wales zeigt, warum dies wichtig ist.
Die Studie konnte zum ersten Mal zeigen, dass, wenn man sich bei neuen Bekannten für deren Hilfe bedankt, diese eher an einer weitergehenden Freundschaft mit einem interessiert sind.
„Sie signalisieren mit einem Dankeschön, dass Sie jemand sind, mit dem man eine qualitativ hohe Beziehung eingehen kann“, sagt Psychologin Lisa Williams von der australischen UNSW.
Die Studie mit 70 Universitätsstudenten wurde in der Zeitschrift Emotion veröffentlicht. Die Studenten sollten ihren jüngeren Kommilitonen Ratschläge geben. Einigen der Ratgebern wurde für ihren Rat gedankt.
Find-remind-and-bind-Theorie
Die Studie wurde dafür entworfen, eine vor zwei Jahren vorgeschlagene Theorie zu testen, um den Nutzen der Emotion Dankbarkeit für Individuuen und die Gesellschaft zu erklären. Diese find-remind-and-bind-Theorie legt nahe, dass das Zeigen von Dankbarkeit hilft,
- neue Beziehungen zu entwickeln (find – finden),
- aufzubauen auf bestehende Beziehungen (remind – erinnern) und
- beides aufrecht zu erhalten (bind – binden).
Die Studie testete den ersten Aspekt der Theorie – das Finden/Eingehen von Beziehungen.
Den Studenten wurden Essays vorgelegt, die angeblich von den von ihnen betreuten Mitstudenten geschrieben worden waren. Sie sollten diese Arbeiten kommentieren.
Als Antwort erhielten alle Teilnehmer (also die Mentoren) eine handgeschriebene, fingierte Notiz ihrer angeblichen Protegés. In etwa der Hälfte der Fälle enthielt die Notiz einen Ausdruck der Dankbarkeit.
Die Studenten, denen gedankt wurde, waren eher bereit ihre Kontaktinformationen wie Telefonnummer oder E-Mail-Adresse ihrem Protegé zu geben, als jene, denen nicht gedankt worden war.
Die dankbaren Protegés wurden auch eher mit einer warmherzigen Persönlichkeit in Verbindung gebracht. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Grund, warum Menschen andere dankbar ‚finden‘, wegen dieser wahrgenommenen Wärme ist.
Überraschenderweise wurde solch ein Experiment zuvor noch nicht ausgeführt.
„Unsere Befunde stellen die ersten bekannten Belege dar, dass der Ausdruck von Dankbarkeit die Aufnahme neuer Beziehungen zwischen zuvor nicht vertrauten Personen erleichtern kann“, sagt Williams.
„In unserer heutigen Zeit – in der immer mehr Menschen über die sozialen Medien wie Facebook und Twitter kommunizieren – wäre es interessant herauszufinden, ob auch hier das Zeigen von Dankbarkeit den Wunsch bei anderen weckt, eine Beziehung aufbauen zu wollen.“
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Emotion (American Psychological Association) / University of New South Wales, August 2014
Freunde sind besser als Schmerzmittel
Größere soziale Netzwerke setzen mehr schmerzstillendes Endorphin frei
29.04.2016 Menschen mit mehr Freunden haben eine höhere Schmerztoleranz bzw. eine geringere Schmerzempfindlichkeit, schreiben Forscher der Universität Oxford in der Zeitschrift Scientific Reports.
Katerina Johnson vom Fachbereich für experimentelle Psychologie und Kollegen untersuchten, ob die Unterschiede in unserer Neurobiologie erklären helfen, warum einige von uns größere soziale Netze haben als andere.
Gehirn-Opioid-Theorie der sozialen Bindung
Dafür konzentrierte sie sich auf das natürlich in unserem Gehirn vorkommende Endorphin, das unser Körper gegen Schmerzen und bei Gefühlen wie Freude einsetzt.
Frühere Studien zeigten bereits, dass Endorphin die soziale Bindung fördern kann. Nach einer Theorie – der „Gehirn-Opioid-Theorie der sozialen Bindung“ – werden bei sozialen Interaktionen positive Emotionen ausgelöst, wenn Endorphin an den Opioid-Rezeptoren im Gehirn andockt, was uns das gute Gefühl bereitet, wenn wir uns mit unseren Freunden treffen, sagte sie.
Höhere Schmerztoleranz
„Um diese Theorie zu prüfen, nahmen wir an, dass Endorphin einen starken schmerzstillenden Effekt hat – sogar noch stärker als Morphium.“
Die Forscher benutzten deshalb die Schmerztoleranz, um die Endorphin-Tätigkeit des Gehirns zu bewerten.
Wenn die Theorie richtig wäre, würden Leute mit größeren sozialen Netzwerken eine höhere Schmerztoleranz haben: Und tatsächlich konnten die Befunde dies bestätigen. Freundschaften können wirklich helfen, Schmerzen zu lindern!
Depressivität
Johnson kommentierte: Diese Ergebnisse sind deswegen auch interessant, weil neue Forschungsbefunde zeigen, dass das Endorphin-System bei psychische Krankheiten wie Depression gestört werden kann. Das könnte zum Teil erklären, warum depressive Menschen häufig unter einem Mangel an Freude leiden und sozial zurückgezogen leben.
Fitness und Stress
Es gab auch zwei andere bemerkenswerte Ergebnisse. Sowohl fittere als auch gestresstere Teilnehmer hatten eher kleinere soziale Netze.
Johnson könnte sich vorstellen, dass es nicht nur an der fehlenden Zeit liegt, sondern weil körperliche und soziale Aktivitäten verstärkt Endorphine freisetzen und manche Sportler eher ihr Training nutzen, um einen Endorphin-Rausch zu bekommen, als sich einen größeren Freundeskreis aufzubauen.
Die Verbindung mit Stress sieht sie darin, dass Freunde helfen können Stress abzubauen, oder es liegt möglicherweise daran, dass Stress oder seine Ursachen weniger Zeit für soziale Aktivitäten bedeutet, wodurch natürlich die Netzwerke schrumpfen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Oxford, Scientific Reports DOI: 10.1038/srep25267; April 2016
Das Freundschaftsparadox
Oder warum Deine Freunde mehr Freunde haben als Du
(und dies gilt auch in den sozialen Online-Netzwerken von Twitter, Facebook etc.)
20.05.2016 Eine in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichte Studie der McGill University offenbart die innewohnende hierarchische Natur der sozialen Medien, in denen die Menschen meist entweder populäreren oder gleich-populären Personen folgen aber selten weniger beliebten.
Bild: Gerd Altmann
Studienautorin Naghmeh Momeni Taramsari sagt, dass die meisten Menschen glauben, sie seien intelligenter, beliebter, ehrlicher etc. als ihre Freunde, aber eine kürzlich erschienene Studie zeigte, dass diese Annahme falsch ist – zumindest in Bezug auf die sozialen Medien.
Das Freundschafts-Paradoxon
In Wirklichkeit haben unsere Freunde tatsächlich mehr Freunde als wir – im Durchschnitt. Außerdem sind unsere Freunde aktiver (posten mehr Material) und sind einflussreicher (ihre Beiträge werden öfter angesehen und weiterverteilt), sagte Taramsari. Dies ist bekannt als das Freundschaftparadoxon.
Das Freundschaftsparadox wurde 1991 vom Soziologen Scott Lauren Feld erforscht. Mit dem Begriff wird das Phänomen beschrieben, dass die Freunde fast jeder Person durchschnittlich mehr Freunde haben als sie selbst. Diese wissenschaftliche Erkenntnis kann auch konkret und sinnvoll genutzt werden: So kann auf diesem Weg der Verlauf von Epidemien vorhergesagt werden.
Übertragbar auf soziale Medien?
In der neuen Studie untersuchten die Wissenschaftler, inwieweit das Freundschaftparadox auch in den sozialen Medien existiert, und wie genau es in der Netzstruktur widergespiegelt wird (wer wem folgt).
Durch eine Analyse der Messergebnisse des Nutzereinflusses und des Ausmaßes, in dem das Freundschaftsparadox im sozialen Netz besteht, schlossen die Forscher, dass dieses Paradox für fast alle Benutzer (bis zu 90 Prozent) gilt – selbst für diejenigen mit einem relativ hohen Niveau der Aktivität und des Einflusses.
Die Erklärung ist, dass die Menschen auf jedem Aktivitäts- und Einflussniveau eher anderen folgen, die aktiver und einflussreicher sind als sie selbst laut Studienautor Prof. Michael Rabbat.
Soziale Netzwerke bestehen nicht nur aus einigen ultrapopulären Menschen mit mehreren zehn Millionen Followern, denen die Massen folgen, und die ihrerseits nur wenigen anderen folgen, sagte Rabbat.
Eher sind Twitter und Facebook im folgenden Sinn hierarchisch:
- Diejenigen mit Millionen Verbindungen folgen größtenteils anderen mit Millionen von Verbindungen.
- Diejenigen mit Tausenden Verbindungen folgen größtenteils anderen mit Tausenden oder Millionen von Verbindungen.
- Diejenigen mit wenigen Verbindungen folgen anderen mit wenigen, Tausenden oder Millionen von Verbindungen.
Anscheinend ist dies einfach die Art und Weise, wie wir verbunden sind, sagte Rabbat.
Deshalb bedeutet die Verbindung mit „populären“ Freunden, dass wir in der Minderheit sein werden. Oder anders ausgedrückt: Am Ende wollen wir (auch online) Freunde der populären (angesagten) Leute sein.
Aber kein Grund sich darüber zu grämen: Es geht so gut wie allen so.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: McGill University, PLOS ONE – http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0143633; Mai 2016
Die Rolle von Geschlecht und Einfühlungsvermögen in engen Freundschaften
11.06.2016 Eine in der Zeitschrift Journal of Personality veröffentlichte Studie des Instituts für Positive Psychologie und Ausbildung der Australian Catholic University untersuchten Forscher, welchen Stellenwert Empathie auf die Auswahl von Freundschaften bei den Geschlechtern hat.
Die Studie ist die erste, die das Ausmaß untersuchte, mit dem männliche und weibliche Teenager empathische Klassenkameraden/innen als Freunde auswählen. Die Forscher interviewten 1.970 Schüler/innen (durchschnittliches Alter 15,7 Jahren) in Queensland und New South Wales.
Bild: Gerd Altmann
Sie baten die Schüler bis zu fünf ihrer engsten männlichen Freunde und fünf engsten weiblichen Freundinnen desselben Jahrgangs zu benennen. Sie wurden auch zu Aussagen befragt, wie: ‚Wenn sich jemand schlecht fühlt, kann ich normalerweise verstehen wie er/sie sich fühlt‘; ‚Ich verstehe häufig wie sich Leute fühlen, bevor sie es mir erzählen‘.
Außerdem kamen die Tests Friendship Subscale (Freundschaft-Subskala) und Student Social Support Scale zum Einsatz.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Männliche Teilnehmer
Jungen mit starken empathischen Fähigkeiten hatten im Durchschnitt knapp doppelt (1,8) soviele Freundschaften mit Mädchen als Jungen mit geringen einfühlenden Fähigkeiten.
Die Forscher definierten kognitive Empathie als die Fähigkeit, die Gefühle einer anderen Person zu verstehen.
Weibliche Teilnehmerinnen
Im Gegensatz dazu hatten Mädchen mit großen Empathie-Werten nicht mehr männliche Freunde, weil Jungen diesem Charakterzug keine hohe Priorität in ihren Freundschaften zuwiesen. Das schien empathische Mädchen aber nicht zu stören, die trotzdem über eine starke freundschaftliche Unterstützung berichteten.
Gefühl der Unterstützung
Je mehr Freundschafts-Nominierungen ein Junge entweder von Jungen oder von Mädchen erhielt, desto mehr fühlte er sich von seinen Freunden unterstützt; die Anzahl der Freundesbekundungen, die Mädchen erhielten, hatten jedoch keine Wirkung auf ihre gefühlte Unterstützung durch Freunde, sagte Studienleiter Dr. Joseph Ciarrochi.
Unabhängig von der Quantität der Freundschafts-Nominierungen war Empathie mit unterstützenderen Freundschaften sowohl bei männlichen als auch weiblichen Teilnehmern verbunden, sagte er.
Freunde sind für die positive jugendliche Entwicklung notwendig. Enge Freundschaften fördern die Entwicklung von zwischenmenschlichen Fähigkeiten, Lernen und Wachstum. Freunde zu haben, ist auch mit weniger Depression und höherem Wohlbefinden, Selbstwertgefühl verbunden, sagte Ciarrochi.
Die Studie betont deshalb die Notwendigkeit, jungen Menschen die Fähigkeit zu vermitteln, unterstützende Freundschaften zu entwickeln, sagte er. Dahingehend vertieft diese Studie das Verständnis für die kontextuelle Rolle, die Empathie bei der Auswahl und Aufrechterhaltung von Freundschaften hat, schloss er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Australian Catholic University, Journal of Personality – DOI: 10.1111/jopy.12255; Juni 2016
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